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Würzburg
Gedenken zum 16. März: Ungerechtigkeit gefährdet den Frieden
Die St.-Johannis-Kirche wurde zum Mahnmal für den Frieden erhoben. Doch um ihn zu sichern, brauche es einen Dialog statt einfacher Antworten, mahnten die Redner.
Feierstunde vor der St.-Johannis-Kirche, die zum Mahnmal für den Frieden erhoben wurde.
Foto: Fabian Gebert | Feierstunde vor der St.-Johannis-Kirche, die zum Mahnmal für den Frieden erhoben wurde.
Wolfgang Jung
Wolfgang Jung
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:28 Uhr

"Das Wichtigste ist", sagte Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt im Gespräch mit der Würzburger Friedenspreisträgerin Pat Christ am vergangenen Samstag, "dass das Erinnern an den 16. Märznicht in formales Erinnern abrutscht". Und doch war auch dieser 74. Jahrestag der Zerstörung Würzburgs von Ritualen eingerahmt, vom morgendlichen Kranzniederlegen am Mahnmal für die Opfer des Angriffs am Hauptfriedhof bis zum Läuten der Domglocken von 21:20 Uhr bis 21:37 Uhr, der Zeit, während der die Bomber Group Nr. 5 der Royal Air Force die Bomben ausklinkte.

Trotz der Rituale ist das Erinnern nicht statisch. 1995, zum 50. Jahrestag der Zerstörung, brachte der damalige Oberbürgermeister Jürgen Weber mit einem Halbsatz einen neuen Ton ins offizielle Erinnern: In seiner Rede zum 16. März 1945 mahnte er, beim Gedenken an die etwa 4000 Opfer "nicht den vielfältigen Ursachenzusammenhang aus den Augen" zu verlieren.

Erinnerung an Verbrechen an der Zivilbevölkerung

2009 präzisierte der Sozialdemokrat Georg Rosenthal als Oberbürgermeister: Der zerstörerische Bombenangriff sei keine schicksalhafte Fügung gewesen, sondern die "Folge einer verbrecherischen Politik". Er beschrieb die Toten als Opfer des Nationalsozialismus, sagte, sie seien "nicht die einzigen Opfer der Nazis in unserer Stadt" und erinnerte unter anderem an die ermordeten Juden, Homosexuellen und Wehrkraftzersetzer. "Wir können uns nicht an den 16. März erinnern, ohne auch an sie zu denken."

Auch Schuchardt erinnerte am Samstag am Hauptfriedhof an die "millionenfachen Verbrechen des NS-Regimes an der Zivilbevölkerung fern aller Frontverläufe". Die Zerstörung Würzburgs verknüpfte er mit aktuellem Geschehen, mit einem Aufruf zur Europawahl im Mai: "Lassen Sie uns Europa stärken und das erfolgreichste Friedensprojekt in der Geschichte der Menschheit entschlossen fortsetzen!"

Christian Schuchardt sorgt sich um die Demokratie

Am Nachmittag, während einer Feier zur Erhebung der evangelischen St.-Johannis-Kirche zum Mahnmal für den Frieden, sagte er, er sorge sich um die Demokratie. Populisten und Nationalisten gefährdeten die Europäische Gemeinschaft. Es gelte, "die politische Integrationswirkung der Mehreren zu entfalten". Seine Meinung, dass das in Würzburg "bislang gelungen" sei, begründete er mit dem vergleichsweise schlechten Abschneiden der Würzburger AfD in den vergangenen Wahlen.

Die evangelische Regionalbischöfin Gisela Bornowski hielt die Rede zur Feier. Es gebe keinen Frieden ohne Gerechtigkeit, sagte sie. "In einer ungerechten Gesellschaft steht der innere Frieden in Gefahr." Ungerechte Verhältnisse zwischen Staaten gefährdeten den äußeren Frieden.

Suchen, was dem Frieden dient

Bornowski sieht die Welt ins Wanken geraten. "Kluft und Ungleichheit" zwischen Armen und Reichen wüchsen, fast 70 Millionen Menschen seien auf der Flucht und die Folgen der Klimaveränderung "nur schwer zu durchschauen". Alles hänge "irgendwie mit allem zusammen" und sei doch unüberschaubar. Nationalisten und Populisten und "möglichst einfache Antworten" hätten Hochkonjunktur. Das Bedürfnis nach Sicherheit sei groß, doch Frieden und Sicherheit seien keine Gegensätze.

Die Bischöfin forderte "zu suchen, was dem Frieden dient" - neue Massenvernichtungswaffen dienten ihm nicht. Unverzichtbar sei der Dialog. Fluchtursachen und Armut müssten bekämpft und Gesundheitssysteme gestärkt werden. "Die Praxis des gerechten Friedens ist die Einheit von Vollzug und Resultat. Die Mittel müssen durch den Zweck qualifiziert sein."

Regionalbischöfin Gisela Bornowski enthüllte die Tafel, auf der erklärt steht, warum die Kirche St. Johannis ein Mahnmal für den Frieden sei: Aus den Trümmern des Krieges sei sie wiederaufgebaut worden. 'Durch den alten Turm führt der Weg in die neu aufgebaute Kirche hinein. So wird uns die Kirche zum Mahnmal für den Frieden.' Nur der alte Turm hatte den Angriff vom 16. März 1945 überstanden. Er wurde in den Neubau integriert.
Foto: Fabian Gebert | Regionalbischöfin Gisela Bornowski enthüllte die Tafel, auf der erklärt steht, warum die Kirche St. Johannis ein Mahnmal für den Frieden sei: Aus den Trümmern des Krieges sei sie wiederaufgebaut worden.
 
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