Von der Corona-Krise ist die Gastronomie besonders hart betroffen. Aber nicht nur die Wirte leiden unter den von der Politik verfügten Einschränkungen. Betroffen sind auch die Koch-Lehrlinge, die nicht in Kurzarbeit geschickt werden dürfen, auch wenn in der Berufsschule der praktische Unterricht seit fünf Wochen nicht stattfinden kann.
Derzeit werden am Würzburger Stein zwölf Kochlehrlinge ausgebildet
"Kochen kann man nicht am Schreibtisch lernen", sagt Bernhard Reiser. Der Sternekoch betreibt das Restaurant "Reisers" im Weingut am Stein und seine Kochschule "Eventmanufaktur" im Mainfranken-Park in Dettelbach. Derzeit bildet er zwölf Kochlehrlinge aus. "Es war mir sehr wichtig, dass sie alle wieder regelmäßig in der Küche arbeiten und praktische Erfahrung sammeln können, sagt der Chef. Deshalb hat er seine Lehrlinge im November und Dezember in der Küche verschiedener Edeka-Märkte, an der Frischetheke im "Pavillon" im Gewerbegebiet Ost und im Matthias Grünewald-Gymnasium arbeiten lassen.
Dann kam dem Sterne-Koch die glorreiche Idee: "Jeder zahlt, was er mag und kann: Gutes Essen für gute Laune!". Dafür hat der Koch seine Lehrlinge in zwei Gruppen aufgeteilt, jeweils gemischt vom 1. bis zum 3. Lehrjahr. Eine Gruppe arbeitet in der Kochschule im Mainfranken-Park und bereitet vor. "Jeden Tag bereiten sie dort Gerichte zu und lernen dabei, was im Lehrplan steht." So müssen sie zum Beispiel ein eigenes Baguette backen, ein ganzes Wildschwein zerlegen, Nudeln selbst machen oder Steinbutt filetieren. Die andere Gruppe ist im Restaurant "Reisers" am Stein dafür zuständig, das Gericht zu Ende zu kochen und für die Gäste zum Abholen zuzubereiten. Das ganze wechselt wöchentlich.
Der Chef schaut den Azubis persönlich über die Schulter
"Die Lehrlinge brauchen Praxis, Übung, Routine und Austausch, und sie brauchen echte Herausforderungen, um gute Köchinnen und Köche zu werden", sagt Reiser. Da der Koch seine ausgelernten Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken musste, hat er selbst die Aufgabe übernommen, den Lehrlingen regelmäßig bei der Arbeit über die Schultern zu schauen und ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Rund 8000 Euro für die Wärmestube kamen so bislang zusammen
Inzwischen hat Reiser rund 3000 Essen am Stein "to go" verkauft. "Die Leute müssen dabei nur zahlen, was sie wollen, mindestens aber einen Euro. In der Regel legten die Kunden zwischen drei und 15 Euro für das gleiche Gericht hin. "Die Lehrlinge machen sich dadurch selbst bezahlt, und ich muss nicht drauflegen", sagt der Koch, der auch umweltbewusst denkt, denn die Leute müssen ihre eigenen Schüsseln mitbringen. Die Gäste müssen sich spätestens bis 12 Uhr am gleichen Tag dafür anmelden und können ihr Essen dann von 16 bis 19 Uhr abholen.
Das Projekt hat aber noch eine andere gute Seite: Zum einen konnte Reiser durch das Projekt bereits 8000 Euro an die Wärmestube hinter dem Theater spenden, zum anderen wurden noch 400 Essen an hilfsbedürftige Menschen ausgeliefert.
Wie geht es nun weiter? "Diese Woche werden wir auf jeden Fall noch weitermachen. Dann schauen wir auf die Entscheidung der Regierung", sagt Reiser.
Im Hotel Rebstock in der Neubaustraße gibt es ein "Azubi-Menü"
Einer, der sich von Reisers guter Idee hat infizieren lassen, ist Christoph Unckell. Er betreibt das Hotel Rebstock mit dem Restaurant „Kuno 1408“ in der Neubaustraße, das am Freitag seinen Michelin-Stern wieder bekommen hat. "Wir möchten unseren Azubis auch während dieser schweren Krise die Möglichkeit geben, sich weiter zu entwickeln, zu lernen und Erfahrungen zu sammeln“, sagt er.
So hat Unckell seinen „Magic Mittwoch“ wiederbelebt, diesmal mit dem Zusatz „to go“. Seine Lehrlinge bereiten dafür ein Drei-Gänge-Menü frisch zu. Das Menü "to go" kostet 29 Euro, wobei ein Teil des Erlöses an die Wärmestube Würzburg gespendet wird. Auch der Rebstock verzichtet auf Einwegverpackungen und appelliert an die Gäste eigene Behältnisse mitzubringen.