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Würzburg
Gastbeitrag von Würzburgs Bischof Franz Jung: "Weihnachten ist ein notwendiges Fest"
Gedanken zum Fest von Würzburgs Bischof Jung: Warum Weihnachten ein Licht der Hoffnung ist gerade in dunklen und krisenhaften Zeiten. Ein Gastbeitrag.
'Das Kind möge Ihnen in der Krippe Ihres Herzens leuchten': Der Würzburger Bischof Franz Jung.
Foto: Thomas Obermeier | "Das Kind möge Ihnen in der Krippe Ihres Herzens leuchten": Der Würzburger Bischof Franz Jung.
Von Bischof Franz Jung
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:13 Uhr

"O dass doch so ein lieber Stern soll in der Krippen liegen! Für edle Kinder großer Herrn gehören güldne Wiegen. Ach Heu und Stroh ist viel zu schlecht, Samt, Seide, Purpur wären recht, dies Kindlein drauf zu legen!“

So dichtet Paul Gerhardt in seinem bekannten Weihnachtslied "Ich steh an deiner Krippe hier" im Jahr 1653. Ihn empört die notdürftige Unterbringung des göttlichen Kindes in einer Krippe. Um der Not abzuhelfen und das göttliche Kind standesgemäß zu betten, trägt er sich mit dem Gedanken, eine wahrhaft königliche Wiege herzurichten.

Durch alle Jahrhunderte hat die Volksfrömmigkeit den Impuls verspürt, die Not der Heiligen Familie zu lindern. Was in Bethlehem passiert war, sollte sich in den heimischen Krippen nicht wiederholen. So herzlos wollte keiner sein. Man wollte es diesmal besser machen. Vielleicht rührt es daher, in Weihnachten ein Fest der Heimeligkeit zu sehen. Die Sehnsucht nach Geborgenheit in einer rauen Welt, sie spiegelte sich auch in der wohligen Gemütlichkeit des eigenen Heims, in dem eine schöne Krippe nicht fehlen durfte.

Das Kind kommt bewusst in eine unwirtliche Welt

Das Unerträgliche erträglich zu gestalten, war das Ziel. Aber war dieses Ziel nicht nur um den Preis zu erreichen, sich abzuschotten von der Welt und ihren Härten? Wem wäre das im Übrigen zu verargen? In der Tat scheint es schwer, Weihnachten feiern zu wollen angesichts von Kriegen, Klimawandel, Fluchtbewegungen, Teuerung und einer diffusen Angst, die uns alle im Griff hat.

Nicht umsonst hat Gerhard Schöne das Lied Paul Gerhardts vor Jahren umgedichtet:

„Ich lieg in tiefer Todesnacht, kein Traum will mehr gelingen. Hab Tür und Fenster zugemacht, der Mund mag nicht mehr singen. O Gott des Lebens hol mich raus! Brich ein in dieses tote Haus und mach es hell darinnen.“

Der Mensch verbarrikadiert sich in seinem Heim. Weihnachtliche Stimmung will aber nicht recht aufkommen. Trotz eines abgeschlossenen Hauses lässt sich die eigene Trostlosigkeit nicht bannen. Er fleht darum, Gott möge in sein Haus einbrechen und ihn herausholen. Dem Mann kann geholfen werden, möchte man sagen. Denn Weihnachten ist alles andere als romantisch. Das "edle Kind" des "großen Herren" kommt bewusst in diese unwirtliche Welt.

Ungerechtigkeit und Herzlosigkeit sind Begleiter von Beginn an

Es will gerade nicht in einem Königspalast geboren werden, gebettet auf "Samt, Seide und Purpur", abgehoben von den Sorgen der vielen Menschen, die ringen müssen um ein würdiges Leben, ja die ums Überleben kämpfen. Das Kind und seine Familie erfahren, wie es ist, wenn einem die feinen Leute die Tür vor der Nase zuschlagen. Ungerechtigkeit und Herzlosigkeit werden ihr Begleiter von Beginn an.

Genau in diese Welt ist der Sohn Gottes eingetreten als wahrer Mensch. Er hat damit unseren Traum von einer heilen Welt als Illusion entlarvt. Aber weil Gott mit uns sein will auf dieser Erde, deshalb müssen wir nicht in der Depression versinken. Wir müssen uns auch nicht abschirmen, um das Elend rings um uns nicht mitansehen zu müssen. Wer das göttliche Kind an seiner Seite weiß, der traut sich ganz im Gegenteil, genau hinzuschauen und die Not seiner Mitmenschen bewusst wahrzunehmen.

Es geht darum, die Lebensbedingungen der Hilfsbedürftigen zu verbessern

Anstatt seine heimatliche Krippe zu verschönern, geht es ihm darum, die Lebensbedingungen der Hilfsbedürftigen zu verbessern und ihre Not zu lindern, der Geflüchteten genauso wie der Obdachlosen, der einsamen Alten genauso wie der Menschen, die mit ihrer Krankheit hadern, oder die über den Verlust eines lieben Angehörigen trauern.

Von daher ist Weihnachten ein notwendiges Fest. Wir feiern es nicht trotz der widrigen Umstände. Wir feiern es vielmehr gerade wegen der widrigen Umstände. Denn wir feiern nicht, was wir Menschen gemacht haben, sondern wir feiern, was Gott gemacht hat. Das Licht, das er uns in der dunkelsten Nacht des Jahres angezündet hat in seinem Sohn, kann nichts und niemand mehr auslöschen. Es leuchtet in der Finsternis dieser Welt und die Finsternis hat es nicht erfasst, wie es im Johannesevangelium so trostreich heißt.

Das Kind wird nicht in einem Königspalast geboren, sondern in einem Stall. Bischof Jung sagt über Weihnachten: 'Wir feiern es nicht trotz der widrigen Umstände. Wir feiern es vielmehr gerade wegen der widrigen Umstände.'
Foto: Friso Gentsch, dpa (Archivbild) | Das Kind wird nicht in einem Königspalast geboren, sondern in einem Stall. Bischof Jung sagt über Weihnachten: "Wir feiern es nicht trotz der widrigen Umstände. Wir feiern es vielmehr gerade wegen der widrigen Umstände."

Dieses Licht gibt uns Hoffnung und Zuversicht auf unserem Weg durch die Dunkelheiten und Krisen unserer Zeit. Es scheint uns auf im Gesicht des Kindes in der Krippe. Es lacht uns an und schenkt uns die Freude Gottes, die so sehr Not tut, um nicht in Zynismus und Bitterkeit unterzugehen.

„Eins aber, hoff ich, wirst du mir, mein Heiland, nicht versagen: dass ich dich möge für und für in, bei und an mir tragen. So lass mich doch dein Kripplein sein; komm, komm und lege bei mir ein dich und all deine Freuden.“

Am Ende seiner weihnachtlichen Meditation an der Krippe hat der Dichter Paul Gerhardt Abstand genommen vom Plan, die Krippe zu verschönern. Viel wichtiger, als diese hübsch herzurichten, ist ihm der Wunsch, selbst zur Krippe zu werden. Christus will er in sich, bei sich und an sich tragen. In seinem Herzen soll der Gottessohn wohnen. Er will ihn als Wegbegleiter an seiner Seite wissen.

Schließlich will er ihn an sich haben, ja Christus will er anziehen wie der Apostel Paulus sagt, um so zu einem neuen Menschen aus dem Glauben zu werden. So hofft er sein ganz persönliches Weihnachten zu erleben, nicht nur in der einen Nacht des nun scheidenden Jahres, sondern Tag für Tag neu.

Genau das wünsche ich Ihnen auch, liebe Leserinnen und Leser. Möge Weihnachten für Sie fortdauern im neuen Jahr. Das Kind möge Ihnen in der Krippe Ihres Herzens leuchten in den dunklen Stunden Ihres Lebens. Es möge Sie trösten in Zeiten der Trauer. Es möge Sie aufrichten, falls Schwermut Sie überkommt angesichts des Elends dieser Welt. Denn genau dazu ist es gekommen.

Frohe und gesegnete Weihnachtstage 2023!

 
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