Sind in Röttingen die Füße dreckiger als anderswo? Oder wie ist es sonst zu erklären, dass das Wasser derstädtischen Kneipp-Anlage nicht mehr in die Tauber geleitet werden durfte? Da hat der Amtsschimmel wieder mal kräftig gewiehert, aber am Ende doch ein Einsehen gezeigt.
Das Ganze beginnt im Herbst 2018. Damals, nach dem Hitzesommer, hat die Stadt beim Landratsamt beantragt, künftig aus einem Brunnen nahe dem Tauberufer 10 000 statt bisher 6000 Kubikmeter Wasser im Jahr entnehmen zu dürfen. Das Wasser dient zur Bewässerung der Sportanlagen, speist aber auch die Kneipp-Anlage bei den Kleingärten zwischen Tauber und Mühlbach.
Ausdrückliches Verbot
Die Wasserrechtsbehörde am Landratsamt hat den Antrag unter bestimmten zusätzlichen Auflagen genehmigt. Unter anderem heißt es im Bescheid: "Es ist ausdrücklich untersagt, Wasser aus den Kneippbecken in ein Oberflächengewässer (z. B. Tauber) einzuleiten oder in den Untergrund bzw. das Grundwasser versickern zu lassen."
Nur weil ein paar müde Wanderer ihr wehen Füße im kühlen Nass erfrischen, darf das Wasser nicht mehr in die Tauber, sondern muss in die Kläranlage? "So ein Blödsinn", schimpft Ingrid Karl. Die Kneippanlage sei ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt, sagt die Röttingerin. Dass man die beiden Becken jetzt trockenlegt, sei ein "Schildbürgerstreich".
Bürgermeister Martin Umscheid kann den Ärger verstehen. Um den geforderten Kanalanschluss zu bauen, müsste eigens für die Kneippanlage ein teurer Düker unter dem Mühlbach verlegt werden. Schon im März hat die Stadt deshalb beantragt, das Wasser aus den Kneippbecken wenigstens über ein Regenüberlaufbecken in die Tauber einleiten zu dürfen. Letzte Woche teilte die Wasserrechtsbehörde am Landratsamt auf Anfrage der Redaktion mit, dass derzeit dazu eine fachliche Stellungnahme vom Wasserwirtschaftsamt eingeholt werde, und vorher könne nicht über den Antrag entschieden werden.
Anfrage beschleunigt die Entscheidung
Die Presseanfrage brachte augenscheinlich Bewegung in die Sache, denn noch am gleichen Tag erhielt Bürgermeister Martin Umscheid einen Anruf aus dem Wasserwirtschaftsamt. Wie Umscheid berichtet, teilte der zuständige Beamte mit, dass er die Auflage des Landratsamts nicht nachvollziehen könne, und versprach, sich umgehend zu kümmern.
Gesagt, getan: Am Montag ließ das Landratsamt wissen, dass man inzwischen Rücksprache mit dem Wasserwirtschaftsamt gehalten habe und zu dem Schluss gekommen sei, dass das Wasser in der Kneippanlage für den "Gemeingebrauch" bestimmt sei und deshalb für die Einleitung in die Tauber überhaupt keine wasserrechtliche Erlaubnis nötig ist. Alles ist also wieder gut und der Sturm im Wasserglas beigelegt. Rechtzeitig vor dem angekündigten Hitzetagen darf wieder nach Herzenslust gekneippt werden.