
Manchmal geht es in einer Schicht auch einfach nur 20 Mal zum neu eröffneten Norma-Einkaufsmarkt und zurück: Seit 2015 gibt es in Hettstadt im Landkreis Würzburg das Bürgertaxi mit 15 bis 20 ehrenamtlich engagierten Fahrerinnen und Fahrern. Immer montags und donnerstags zwischen 8.30 Uhr und 12:30 Uhr und am Donnerstagnachmittag von 15 bis 18 Uhr kann der Kleinbus telefonisch angefordert werden und ist dann im ganzen Ort unterwegs.
Ältere oder in der Mobilität eingeschränkte Menschen nutzen das Angebot gerne, zum symbolischen Preis von einem Euro pro Fahrt zum Arzt, zum Bäcker, zur Apotheke, zum Friedhof zum Gießen oder irgendwohin zum Kaffeeklatsch gebracht zu werden. Mehr als 5500 ehrenamtliche Stunden und über 7400 Fahrten sind inzwischen zusammengekommen. Vier Fahrerinnen und ein Fahrer des Bürgertaxis erzählen, warum sie sich ehrenamtlich für ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger engagieren.
1. Sonja Rothenbucher, Rentnerin: "Wir fahren nicht nur Taxi, sondern helfen auch gerne"

"Ich fahre das Bürgertaxi seit 2017, es macht mir Spaß. Ich setze mich gerne für andere Menschen ein und hatte mir vorgenommen, mich ehrenamtlich zu engagieren, sobald ich im Ruhestand bin. Es hilft mir, wenn meine Tage eine Struktur haben und ich nicht nur faul auf der Couch sitze.
Man erlebt dabei auch schöne und lustige Dinge. Einmal bin ich dreimal an derselben Stelle mit 38 km/h geblitzt worden und habe es nicht bemerkt. Die Knöllchen habe ich natürlich selbst bezahlt. Es gibt auch immer wieder Fahrgäste, die mir persönliche Dinge erzählen, die selbstverständlich im Taxi bleiben.
Wir fahren auch nicht nur Taxi, sondern helfen auch gerne, indem wir Einkäufe bis zur Haustür tragen. Wir haben ältere Menschen auch schon mit dem neuen E-Rezept unterstützt oder beim Geldabheben am Bankautomaten. Es ist sehr viel Vertrauen der Leute in uns da."
2. Marion Gabel, Bürokauffrau: "Manchmal nimmt man die Leute dann auch privat mit"

"Ich bin von Anfang an als Fahrerin des Bürgertaxis dabei. 2015 hat ein Autohaus ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt, später hat die Gemeinde dann einen Kleinbus gekauft. Ich fand das eine gute Möglichkeit, ältere Leute in unserer Gemeinde zu unterstützen und habe mich bereit erklärt, mich einmal im Monat zur Verfügung zu stellen.
Inzwischen arbeite ich etwas mehr als damals, mache es aber immer noch gerne, weil es einfach eine gute Sache ist. Manchmal sind es in einer Schicht nur drei Fahrten, oft aber auch fünfzehn oder mehr.
Ich hoffe auch, dass es das Bürgertaxi noch gibt und ich es nutzen kann, wenn ich selbst einmal betroffen bin. Die meisten der Fahrgäste freuen sich und sind dankbar dafür, dass es uns gibt. Manchmal nimmt man die Leute, die man aus dem Bürgertaxi kennt, dann an anderen Tagen auch privat mit."
3. Beate Krambeck, Rentnerin: "Wir haben fast nur mit lieben Menschen zu tun"

"Ich bin ein Gründungsmitglied des Bürgertaxis. Die Initiative kam damals von Bürgermeisterin Andrea Rothenbucher, ich fand die Idee unheimlich gut. Wir haben in Hettstadt viele ältere Leute , die kein Auto mehr haben. Früher haben wir sie oft zum Einkaufen bis nach Waldbüttelbrunn gefahren, weil es bei uns keinen Einkaufsmarkt gab. Gerade am Anfang und auch nach Corona haben sich viele gefreut, weil sie dadurch von ihren Kindern unabhängig waren und selbstständig einkaufen gehen konnten.
Wir haben fast nur mit lieben Menschen zu tun, die alle sehr froh sind, dass wir das machen. Ich erinnere mich besonders gerne an einen älteren Herren, der uns bei jeder Fahrt eine Tafel Schokolade geschenkt hat. Ich wohne sehr gerne in Hettstadt und möchte etwas zurückgeben, weil hier sehr viel für die Menschen gemacht wird."
4. Walter Ehmann, Polizeibeamter i.R.: "Es sind immer nette und freundliche Gespräche"

"Ich bin im fünften Jahr als Fahrer des Bürgertaxis dabei. Als ich mit meiner Familie nach Hettstadt gezogen bin, sind wir hier sehr gut aufgenommen worden. Wir fühlen uns hier sehr wohl, daher wollte ich der Gemeinde etwas zurückgeben, als meine berufliche Tätigkeit beendet war.
Das Bürgertaxi wird sehr rege genutzt, manchmal hat man während einer Schicht nicht einmal Zeit, kurz einen Kaffee zu trinken. Die meisten unserer Fahrgäste sind im Alter 60 plus und haben kein Auto mehr oder fühlen sich im Straßenverkehr nicht mehr sicher. Wir fahren sie zum Einkaufen, zum Arzt, zum Friseur oder zur Krankengymnastik.
Es macht Spaß, weil man viele Menschen kennenlernt und auch einiges von ihnen erfährt. Es sind immer nette und freundliche Gespräche im Taxi. Es kommt auch immer wieder vor, dass dabei private Dinge im Vertrauen mitgeteilt werden."
5. Karina Poelman, Altenpflegerin: "Kann nicht schaden, einen Teil seiner Freizeit für seine Mitmenschen einzusetzen"

"Ich weiß durch meinen Beruf genau, wie es alten Menschen geht, die nicht mehr so können, wie sie gerne wollen. Ich habe aber auch schon jüngere Menschen gefahren, die nicht so gut zu Fuß waren. Es macht Spaß, und man erfährt immer Dankbarkeit von den Fahrgästen. Für unseren Fahrpreis kommt man ja auch mit dem Bus nirgendwo hin.
'Wenn sie nicht wären ...' hört man oft, auch wenn ältere Menschen noch Angehörige haben. Wenn die Leute einsteigen, geht es im Gespräch meistens erst einmal über das Wetter. Sie erzählen mir auch ihre Krankengeschichten oder was sie mittags kochen.
Ich bin gerne sozial engagiert und beim Bürgertaxi vom ersten Tag an als Fahrerin dabei. Es kann nicht schaden, einen Teil seiner Freizeit für seine Mitmenschen einzusetzen."