
Die Selbstständigkeit in der eigenen Werbeagentur getauscht hat Andrea Rothenbucher gegen den Bürgermeistersessel in Hettstadt Rathaus mit ihrer erfolgreichen Kandidatur bei der Kommunalwahl. Begeistert von einem, wie sie sagt, „coolen Job der viel Spaß macht“, bedauert sie nur eins: Nicht früher das Wagnis eingegangen zu sein.
„Überzeugt davon, dass Hettstadt mehr kann“, hatte Andrea Rothenbucher sich im Vorfeld der Kommunalwahl auf das politische Parkett gewagt. Elf Jahre war sie bis dahin selbstständig in der Werbebranche tätig. Ihre persönlichen Überlegungen galten zunächst einer Bewerbung für den Gemeinderat. „Mal reinschnuppern und nach sechs Jahren eventuell den großen Schritt wagen, sich für das Amt des Bürgermeisters zu bewerben“, so die Gedankengänge der Mutter von zwei Kindern im Alter von drei und acht Jahren.
Treibende Kraft, sich dem Votum der Bevölkerung ohne Warteschleife zu stellen war Rothenbuchers Ehemann. Das Angebot ihres Gatten zum Rollentausch innerhalb der Familie hatte ihr die Entscheidung erleichtert, sagt sie heute.
Nicht Worte sondern Taten sprechen zu lassen sei eines ihrer Prinzipien. Und das Wörtchen „vielleicht“ habe schon während der Selbstständigkeit nicht in ihrem Vokabular existiert. „Es gibt nur ein ja oder nein. Nur ,geht‘, oder ,geht nicht‘. So habe ich meine kleine Firma geführt.“ Nach diesen Prinzipien ist Andrea Rothebucher nach eigenen Worten auch die neue Herausforderung angegangen. Einen Lernprozess zu den Verwaltungsabläufen durchlief das Ortsoberhaupt bei mehreren Fortbildungslehrgängen.
Authentisch und zielorientiert zu bleiben, dazu zu gehören, ohne in ihrer neuen Aufgabe auf einem Podest zu stehen, waren ihre selbst auferlegten Ziele. Schließlich sei sie des Amtes wegen ja kein anderer Mensch geworden, betont sie, die gerne selbst mit anpackt statt zu delegieren. Deshalb wurde von der neuen Bürgermeisterin die Bearbeitung des täglichen Posteingangs auch zur „Chefsache“ erkoren. Stets über alle Abläufe und Eingänge informiert zu sein, ist nach Rothenbuchers Überzeugung Grundvoraussetzung richtiger Entscheidungen.
Den beruflichen Wechsel habe ihr eine hervorragende Verwaltung ungemein erleichtert, zeigt sich die 38-Jährige zehn Monate nach Beginn ihres Bürgermeisterinnen-Daseins begeistert von der Aufnahme.
Als Quereinsteigerin habe sie jedoch zunächst versucht, den Bedarf von einer anderen Seite zu beleuchten, berichtet Rothenbucher. Maßnahmen wie die Gestaltung des Backhaus-Areals seien vom vorhergehenden Gemeinderat und ihrem Vorgänger Eberhard Götz bereits vorbereitet gewesen, räumt sie ein. Allerdings versuche sie neue Wege zu gehen bei der Umsetzung. In vielen Abläufen habe sie ein „Trägheitssyndrom“ registriert, das unnötige Zeit verstreichen lasse.
Zuviel Zeit sei auch bezüglich der beiden Grundstücke in der Ortsmitte verstrichen. „Seit zwölf Jahren wird hier auf der Stelle getreten“, ist die Rathauschefin überzeugt. Gegenüber dem vertraglich an die Gemeinde gebundenen Projektentwickler wurde inzwischen von Andrea Rothenbucher Druck aufgebaut.
„Konkrete Aussagen und Ziele sind innerhalb eines möglichst engen zeitlichen Rahmens abzuarbeiten!“ Das ist der Maßstab, den die Bürgermeisterin für sich und die Verwaltung vorgibt. „Nur so bleibt man auch gegenüber der Bevölkerung glaubwürdig.“ Das sei hier nicht anders als in der eigenen Werbeagentur, die seit ihrem Amtsantritt von ihrem Vater als Geschäftsführer geleitet wird. Rothenbuchers persönliches Ziel: Sie möchte den Beweis antreten, dass die Bevölkerung die richtige Wahl getroffen hat.
Bürgermeister-Serie
Am 16. März 2014 wurden im Landkreis Würzburg 51 Bürgermeister gewählt. 18 Frauen und Männer zogen erstmals in ein Rathaus ein und leiten seit 1. Mai die Geschicke ihrer Gemeinden. In loser Folge stellen wir diese Frauen und Männer in der Serie "Die Neuen im Rathaus" vor.
Sechs Fragen an die Hettstadter Bürgermeisterin
1. Welches Lied passt als „Filmmusik“ zu Ihren Erfahrungen als Bürgermeisterin? Andrea Rothenbucher: Hakuna Matata (König der Löwen). Sinngemäß: Ich mach mir keine Sorgen, ich krieg das hin.
2. Welcher Teil der Bürgermeisteramtes ist für Sie der Schönste?
Rothenbucher: Die Rückmeldung aus der Bevölkerung, dass ich in kurzer Zeit geschafft habe, Dinge zu bewegen.
3. Welcher Teil der Bürgermeisteramtes ist für Sie der Anstrengendste?
Rothenbucher: Baurecht im Detail zu verstehen. Ich habe gelernt: Wichtig ist es zu wissen, wen man fragen muss.
4. Welche Lektion haben sie als Bürgermeister bereits lernen müssen?
Rothenbucher: Lektion musste ich noch keine lernen, aber ich habe Erkenntnisse gewonnen: 1. Bürokratie ist manchmal zäh wie Kaugummi; 2. Immer gut vorbereitet sein, damit möglichst keine Fragen offen bleiben.
5. Was würden Sie einem Freund raten, der zu Ihnen kommt und sagt: Ich will Bürgermeister werden?
Rothenbucher: Bürgermeisterin zu sein ist mit sehr viel Arbeit verbunden, macht aber total viel Spaß – also lass' dich aufstellen. Suche dir aber eine andere Gemeinde, denn in Hettstadt möchte ich 2020 gerne wieder die Nase vorn haben.
6. Welche Kompetenz aus Ihrem erlernten Beruf können Sie im Bürgermeisteramt am besten brauchen?
Rothenbucher: Meine Kreativität. Als Grafikerin konnte ich gestalten und jetzt kann ich es immer noch. Vorher habe ich das mit meinen Kunden in Einklang gebracht, heute mit dem Gemeinderat und den Bürgern. Ich habe jeden Tag Ideen die Hettstadt noch schöner machen können.