Die Badesaison hat begonnen, die ersten Ferienprogramme sind angelaufen und das Einzige, das den Spaß jetzt noch trüben kann, ist die Unsicherheit all jener, die die Aufsichtspflicht innehaben. Nachdem das Amtsgericht Kulmbach vor wenigen Wochen eine Vereinsgruppenleiterin nach einem tödlichen Badeunfall eines achtjährigen Schützlings der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen hat, sind Gruppen- und Jugendleiter verunsichert.
Wie hoch ist das Haftungsrisiko? Und: Sollte man überhaupt noch mit ganzen Gruppen zum Badeausflüge machen?
Auch beim Bezirksjugendring Unterfranken hat man sich in den vergangenen Wochen Gedanken gemacht. Das Thema soll in den nächsten Jugendleiterschulungen aufgegriffen werden, Fragen der Sicherheit von Kindern und Jugendlichen sowie Fragen der rechtlichen Sicherheit der Teamleiter vertieft werden. Das erklärte der stellvertretende Geschäftsführer Lambert Zumbrägel in einem früheren Gespräch mit dieser Redaktion.
Rettungsschwimmabzeichen nicht nötig
Darin war es auch darum gegangen, ob ein Jugendleiter, der mit seiner Gruppe schwimmen geht, grundsätzlich das Rettungsschwimmabzeichen in Silber haben muss. Das muss er, anders als von dieser Redaktion damals berichtet, aktuell offenbar nicht. „Für Lehrer gilt diese Regel. Für Jugendleiter nicht. Es ist gut, wenn sie es haben, es ist aber nicht zwingend“, stellt Zumbrägel nun klar.
Zwar sei immer schon mal diskutiert worden, ob diese Qualifikation Teil der Ausbildung werden soll, bisher habe es dazu aber keine Beschlüsse gegeben.
Dass Aufsichtspersonen das Deutsche Rettungsschwimmabzeichen abgelegt und damit ihre Rettungsfähigkeit nachgewiesen haben, ist laut Alexander Fendt von der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) indes durchaus üblich. In Bayern würden Jugendleiter laufend von der DLRG im Rettungsschwimmen fortgebildet, erklärte er auf Anfrage.
Voraussetzungen für Jugendleiterarbeit
Grundsätzlich sind die Voraussetzungen für die Ausübung des Jugendleiteramtes klar definiert, können von Bundesland zu Bundesland aber leicht variieren. Jugendleiter brauchen eine Jugendleitercard (Juleica), die erst nach erfolgreicher Teilnahme an einer Schulung ausgehändigt wird. Die Ausbildung wird nach festgeschriebenen Standards absolviert, eine Qualifikation als Rettungsschwimmer ist dabei nicht vorgesehen. Im Zweifelsfall sollten sich Verantwortliche beim Bayerischen Jugendring informieren, ob gerade bei erlebnispädagogischen oder sportlichen Aktivitäten die Standardausbildung „Lebensrettende Sofortmaßnahmen“ ausreichend ist oder ob eine sogenannte „besondere Gefährdungslage“ gegeben ist.
Besuch von Bädern wichtiger Bestandteil der Jugendarbeit
Laut Justiziar des Bayerischen Jugendrings, Hansjakob Faust, müssen sich die Jugendleiter und Jugendleiterinnen von dem Urteil aus Kulmbach aber nicht verunsichern lassen. Der Besuch von Schwimmbädern und Spaßbädern sei wichtiger Bestandteil der Jugendarbeit in Bayern und erfreue sich dort größter Beliebtheit.
„Bei Einhaltung entsprechender Anforderungen an die übernommene Aufsichtspflicht vor und während des Schwimmbadbesuchs sowie stetiger Wachsamkeit vor Ort, ist und bleibt der Besuch im Schwimmbad weniger ein juristisches Wagnis, als vielmehr ein Freizeitspaß für groß und klein“, so Faust in einem Schreiben an die bayerischen Jugendleiter und Jugendleiterinnen.
Einverständnis der Eltern einholen
Das Maß der jeweiligen Aufsichtspflicht vor Ort sei zwar grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls, der Besuch eines Schwimmbades sollte jedoch zwingend im Vorfeld mit den Eltern abgesprochen werden. „Hierzu müssen die Eltern ihre ausdrückliche Einverständnis erteilen“, so Faust.
Im Rahmen der Einverständniserklärung seien auch Informationen über die Schwimmfähigkeit des Kindes einzuholen. „Fehlt eine solche Aussage, ist dringend dazu zu raten, eine Art Schwimmtest durchzuführen und sich davon zu überzeugen, wie es um die Schwimmkenntnisse des Kindes bestellt ist. Es ist jedenfalls nicht ausreichend, sich auf die Aussage beziehungsweise Selbsteinschätzung eines Kindes zu verlassen.“
Genau das hatte die Richterin in Kulmbach in ihrer Urteilsbegründung geschrieben: Die verantwortliche Betreuerin hätte das Kind vorschwimmen lassen müssen, um sich von dessen Schwimmfähigkeit zu überzeugen.