Frage: Was bringt sie eigentlich dazu, als Intendant eines großen Stadttheaters die Leitung der Festspiele im kleinen Röttingen zu übernehmen?
Knut Weber: Weil das Spaß macht. Ich hab' mir bei den Festspielen im vergangenen Sommer Einiges in Röttingen angeschaut. An diesem Ort und dieser Burg kann man schon einen Narren fressen. Außerdem beeinträchtigt der Sommer-Spielbetrieb meine Arbeit in Ingolstadt nicht.
Wollen Sie mehr Theater in Röttingen machen als bisher?
Weber: Ja, im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten. Aber ich würde gerne zwei Dinge intensivieren. Zum einen die Zusammenarbeit mit den Schulen. Das find' ich sehr wichtig, und zwar, dass alle Schultypen in der Region mit ins Boot genommen und auf den Spielplan hingeführt werden. Und dass man die Präsenz der Festspiele in der spielfreien Zeit intensiviert. Das gibt es zum Beispiel diesen schönen Gewölbekeller, den man gelegentlich bespielen kann.
Die Schulen und die Region stärker einzubeziehen war ja schon ein Ansatz, mit dem Walter Lochmann und Sascha Oliver Bauer an ihre Aufgabe herangegangen sind. Wenn ich Sie richtig verstehe, wollen Sie diesen Weg weitergehen.
Weber: Den würde ich gerne weitergehen, wobei ich ein bisschen das Glück habe, dass ich in nicht allzu weiter Entfernung zu Röttingen ein Theater leite. Und hier gibt es natürlich auch die eine oder andere Produktion, bei der man zumindest überlegen könnte, sie auch in Röttingen zu zeigen. Es gibt also Möglichkeiten von Synergien, auch in theaterpädagogischer Hinsicht. Das ist eine reizvolle Geschichte. Auf der einen Seite muss man Festspiele auch als Festspiele behandeln, das heißt, sie müssen etwas Besonderes sein. Auf der anderen Seite muss man die Präsenz in der Region stärken. Ohne die Identifikation mit der Bevölkerung vor Ort geht es nicht. Damit meine ich die weitere Region, also Würzburg und darüber hinaus. Das wird man beides nicht aus den Augen verlieren dürfen.
Was wollen sie denn anders machen? Wir haben bisher einen Dreiklang aus Musical, Operette, Schauspiel. Ist das der Kanon, den sie beibehalten wollen?
Weber: Klar, dieser Dreiklang bietet sich an: Schauspiel, Musical, Operette. Wobei ich sagen würde Musical Querstrich Operette. Und dann müssen wir überlegen, was wir mit der dritten Produktion machen. Wir haben ja noch keinen Spielplan für die Spielzeit 2017, der ist ja noch in der Überlegung. Es gibt ja in Nürnberg ein sehr schönes Vorbild, die Pocket-Opera. Das ist der Versuch eines Opern-Ensembles, eine große Oper auch auf besondere Formate runter zu brechen. Das finde ich sehr reizvoll für Röttingen, eben auch dem besonderen Charakter angemessen. Röttingen soll ja auch nicht verwechselbar sein mit anderen Freilicht-Festspielen. Es soll eine eigene Note bekommen. Und da wäre eine Idee, mit der Oper, diesem klassischen Genre, anders umzugehen, indem man versucht, den klassischen Stoff umzuwandeln in eine heutige musikalische Form.
Dieser Alleinstellungscharakter ist ihnen wichtig.
Weber: Wir dürfen nicht verwechselbar werden mit anderen Festspielen. Das fände ich fatal. Es gibt natürlich immer so einen Kanon von Stücken, aber so wie das Theater in Ingolstadt ein ganz anderes Profil hat wie das Theater in Augsburg muss das auch für Freilichttheater gelten. Ich finde, dass man ein Alleinstärkungsmerkmal finden und prägen muss. Dazu zählt natürlich auch die Zusammenarbeit mit den Schule, etwa durch ein theaterpädagogisches Projekt.
In diesem Jahr bestreitet die Röttinger Grundschule erstmals eine Produktion im Rahmen der Kinderfestspiele, die ja von einem eingekauften Ensemble bespielt werden. Ist abzusehen, dass die Kinderfestspiele künftig auch aus Eigenproduktionen heraus entstehen.
Weber: Ich fände das super. Ich finde großartig, was da passiert. Auch die Produktionen mit Kindern zu bestücken. Ich würde mir wünschen, dass man die eine oder andere Produktion aus Ingolstadt in Röttingen zeigt. Wir haben hier in Ingolstadt als ich gekommen bin die Sparte Kinder- und Jugendtheater neu gegründet. Und die läuft ungeheuer erfolgreich. Ich weiß schon, dass man im Burghof auf Unterhaltung gehen muss. Die Frage ist, wie man das macht. Ich würde da schon auf Themen gehen, die ich gerne mir den Schulen vorbereiten würde, nicht auf ein reines Kinder-Bespaßungsprogramm.
Das ist nicht meine Art. Und ich bin da ganz zuversichtlich, dass man auch mit Themen etwas machen kann, die nicht nur auf der Entertainment-Ebene liegen.
Wenn Sie es als mögliches Alleinstellungsmerkmal ansehen, Opern in ein zeitgemäßes Kleid zu kleiden, brauchen sie jemanden der etwas von Musik versteht. Walter Lochmann hat als Musikdirektor in Röttingen schon Spuren hinterlassen, was die Neuinterpretation von Stücken angeht. Haben sie ihn mit im Boot?
Weber: Das weiß ich noch nicht. Er hat das Angebot. Und wir reden miteinander. Wir werden sehen, was dabei rauskommt. Ich würde mich darüber freuen, ganz klar, Ich finde, er ist ein wunderbarer Musiker und Mensch.
Die Röttinger Festspiele sind ja seit den Gründertagen sehr Wien-lastig. Jetzt sind Sie der erste Nicht-Österreicher an der Spitze. Geht das mit einer Neuausrichtung einher?
Weber: Ja, aber nicht mit einer Bayern-Ausrichtung. Es gibt für mich keinen Grund, besonders Wien-lastig zu sein. Das Projekt heißt Frankenfestspiele und darauf würde ich gern aufbauen. Das, was fränkische Kultur ausmacht, soll sich dort durchaus wiederfinden. Also nein, eine Wien-Lastigkeit wird es nicht geben, aber auch keine andere regionale Lastigkeit. Außer sozusagen einer gewissen Rückbesinnung auf des Fränkische. Das ist mir schon wichtig.
Im Frühsommer wollen Sie ihr Programm für die Spielzeit 2017 vorstellen.
Weber: Ja, im Frühsommer oder im Sommer. Ich möchte jetzt auch nicht allzu sehr vorpreschen. Das Programm der Kollegen soll jetzt erst einmal in Ruhe ablaufen können. Das möchte ich auch nicht stören. Das soll seinen Ort haben, der ihm gebührt, und danach kommt das Neue.