Zieht die Bezeichnung Musical? Oder Schwank mit Musik? Oder allein schon die Erinnerung an erfolgreiche Filme, die ihrerseits auf das Lustspiel "Der Widerspenstigen Zähmung" von William Shakespeare zurückgreifen?
Die Fragen dürfen unbeantwortet bleiben, Fakt ist: "Kohlhiesels Töchter – Das Musical" nach Elementen aus dem Lustspiel von Hans Kräly und dem Stummfilm von Ernst Lubitsch, nun ergänzt mit Musik von Shay Cohan, ist zwar kein Remake der legendären Lilo-Pulver-Verfilmung, bescherte den Frankenfestspielen in Röttingen (Lkr. Würzburg) am Premierenabend dennoch ein "volles Haus", respektive einen vollen Hof.
Die Akteure kommen in grauer Alltagskleidung auf die Bühne
Unter freiem Himmel und vor der Kulisse der Burg Brattenstein kredenzten das siebenköpfige Schauspielerteam, die 17 Mitglieder des Extra-Ensembles – eine Besonderheit der Frankenfestspiele - dem Publikum leichtes Sommertheater. Zudem ließen neun Musiker, für die der Musikalische Leiter der Festspiele Rudolf Hild die Cohen'sche Orchester-Partitur in eine Band-Version transferiert hat, ihre Instrumente erklingen.
Klar, dass es bei dieser schrägen Mischung aus Klamotte, Gesang und Tanz in der Inszenierung von Dietmar Horcicka nicht auf sorgfältige psychologische Motivierung ankam, sondern auf wirkungsvolle Situationskomik, teils drastischen Wortwitz, auf Zotiges, schnelle Wechsel, turbulente Szenen – was manch einer der Zuschauer wohl als (etwas) überbordend empfunden haben mag.
Nichtsdestotrotz: Die Leistungen der Akteure auf der Bühne schmälerte das nicht. In grauer Alltagskleidung, die erst in späteren Szenen etwas Farbe erhält, agieren sie, teils in einem Gemisch aus bayerischem und unterfränkischem Dialekt sprechend, in dem auf der (Dreh-)Bühne dargestellten Umfeld eines Wirtshauses, das irgendwo auf dem Land liegt.
Wie in den Vorgänger-Fassungen geht es auch im Musical im Kern um die zwei ungleichen Töchter Liesl und Gretel des raubeinigen Gastwirts Kohlhiesel (Ingo Brosch), um Heiratswünsche, verfahrene Situationen, Umwege zum Ziel Heirat. Das Problem ist, dass die jüngere, liebenswürdige Gretel (dargestellt von Friederike Kury) Xaver, den Mann ihres Herzens (gespielt von Piero Ochsenbein), erst heiraten darf, wenn die ältere Liesl (Nadine König) unter der Haube ist.
Das, so gibt der Vater vor, sei der Wille seiner verstorbenen Frau und Mutter der Mädels gewesen. Xaver und sein Freund Seppl (Sebastian A. Ciminski-Knille) ersinnen eine Lösung, die zu einem unerwarteten Happy End führt.
Das Stück lebt von diesen Hauptdarstellern. Friederike Kury verleiht ihrer gefallsüchtigen Figur viel Schwung. Nadine König als Liesl überzeugt als temperamentvoller Bauerntrampel, bringt Ecken und Kanten zum Vorschein.
Sie mausert sich im Laufe des Abends vom wütenden Mädchen, das an einen Mann "verhökert" werden soll, zum verheirateten Kätzchen (mit Krallen), das den Ehemann beschwört: "Nimm mich an die Leine, ich bin die Deine."
Als der Pfaffe davon spricht, dass "jede Ehe ein Wunder ist"
Sehr zupass kommt ihr Seppls Beratung in puncto Aussehen und Benehmen. Der ist nicht nur der Freund ihres Ehemanns, sondern hat, ebenso wie der Hausierer Seidenstock (Daniel Ebert) ein Auge auf Gretel geworfen.
Applaus verdienen sich sowohl die jungen Paare als auch die innerfamiliären Auseinandersetzungen zwischen Töchtern und Vater Kohlhiesel, aber auch zwischen ihm und Pfarrer Moosbrunner (Wolfram B. Meyer). Wissendes Lachen ertönt aus dem Publikum, als der Pfaffe davon spricht, dass "jede Ehe ein Wunder ist".
Auf dem Spielplan bis Freitag, 16. August. Infos/Karten unter Tel. (0 93 38) 9728-55, https://frankenfestspiele.reservix.de