Die Röttinger Frankenfestspiele sind am Wochenende zu Ende gegangen, und der neue Intendant Lars Wernecke erfährt von vielen Seiten Lob für seine Arbeit. Auch Stadtrat Hartmut Eichinger (UBR) spricht von einer gelungenen Festspielsaison und viel positiver Resonanz, die an ihn herangetragen worden sei. Trotzdem entfachte Eichinger in der jüngsten Stadtratssitzung eine Grundsatzdiskussion über den Fortbestand des bereits seit 35 Jahren existierenden Sommertheaters. Man müsse überlegen, ob sich die Stadt die Festspiele weiterhin leisten kann.
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Anlass der emotional geführten Debatte war der Kauf einer neuen Lautsprecheranlage und neuer Scheinwerfer. Nach zehn Jahren im Freiluft-Einsatz seien die Lautsprecher in die Jahre gekommen. Störungen und zunehmend teure Reparaturen häufen sich, führte Bauhofleiter Udo Beil aus. Es komme hinzu, dass verschiedene Ersatzteile nicht mehr hergestellt werden. Ähnliches trifft für die ferngesteuerten, beweglichen Scheinwerfer, sogenannte Movings, zu, die immer häufiger nicht das tun, was der Lichttechniker ihnen befiehlt.
Intendant fürchtet um Qualität der Aufführungen
Intendant Wernecke fürchtet eine erhebliche Minderung der Aufführungsqualität, die den hohen künstlerischen Ansprüchen der Festspiele nicht gerecht wird. Beil hat deshalb verschiedene Angebote von Herstellern eingeholt. Das aus seiner Sicht technisch sinnvollste Paket würde knapp 110 000 Euro kosten. Rund die Hälfte davon sei als Zuschuss des bayerischen Kulturfonds und der Kulturstiftung des Bezirks Unterfranken zu erwarten, sagt Bürgermeister Martin Umscheid. Die Entscheidung pressiert aber, weil der Förderantrag spätestens am 1. September gestellt werden muss, wenn die nächste Saison wieder in rechtem Licht und Ton erscheinen soll.
Außerdem werde die Tonanlage dann auch den Ansprüchen externer Künstler gerecht, die während der Spielzeit in Röttingen auftreten, so Beil. So müsse häufig, wie beim Auftritt von Jan Josef Liefers und seiner Band Radio Doria vor wenigen Tagen, extra eine Lautsprecheranlage gemietet werden, weil die vorhandene den vertraglich fixierten Anforderungen der Künstler nicht entspricht. Bei Liefers Auftritt waren dafür 6500 Euro Leihgebühr fällig geworden.
Eichinger fordert Grundsatzdiskussion
Für Hartmut Eichinger fällt die Entscheidung vorschnell, vor allem, nachdem Bürgermeister Umscheid im kommenden Jahr nicht mehr zur Wahl antreten will und die sich eintrübenden Konjunkturaussichten auch für das Steueraufkommen der Kleinstadt negative Folgen haben könnten. "Können wir uns die Festspiele dann überhaupt noch leisten?", fragt Eichinger deshalb. Die Entscheidung darüber möchte er dem nächsten Bürgermeister und seinem Stadtrat überlassen, der am 1. Mai 2020 sein Amt antritt, und die "Mammut-Investition" in neue Technik bis dahin verschieben.
Bei Bürgermeister Martin Umscheid (CSU) und der Fraktion von CSU/Bürgerliste erntete Eichinger mit seiner Intervention wenig Beifall. "Wir haben eine Entscheidung für die Festspiele getroffen und Lars Wernecke einen Vier-Jahres-Vertrag gegeben", erinnerte Albrecht Haag. Und Burkhard Ort wandte ein, dass der Wiederaufbau des Ostflügels der Burg für rund 2,4 Millionen Euro und der damit einhergehende Einbau einer Tribüne im vergangenen Jahr unter der Voraussetzung geschehen sei, dass es die Frankenfestspiele weiterhin gibt. "Wenn man eine Grundsatzentscheidung will, wäre sie damals fällig gewesen und nicht jetzt, wo es um die Ergänzung der technischen Ausstattung geht", so Ort.
Fehlbetrag zu Lasten der Stadt
In der Tat blieb im Durchschnitt der letzten Jahre aus den Frankenfestspielen regelmäßig ein Fehlbetrag von rund 130 000 Euro an der Stadt hängen, trotz der Zuschüsse öffentlicher Fördergeber von rund 220 000 Euro. Von einem Defizit will Martin Umscheid trotzdem nicht sprechen. Schließlich müsse man auch die Wertschöpfung, die die Festspiele in Röttinger Gaststätten, Pensionen und Winzerbetrieben hinterlassen, einkalkulieren. Um zu demonstrieren, welchen Imagegewinn die Festspiele für die Stadt bedeuten, verteilte Umscheid einen dicken Packen mit Presseartikeln über die abgelaufene Spielzeit unter den Stadträten.
Dass der Fehlbetrag höher erscheint als vor seiner Amtszeit, hänge auch damit zusammen, dass damals eine privatrechtliche GmbH die Festspiele veranstaltete und den Städträten deshalb Einblick in kaufmännische Details verwehrt blieb. Erst seit 2007 und der Übertragung der Festspiele auf die Stadt werde jede Leistung, die Bauhof oder Verwaltung erbringen, über den städtischen Haushalt spritz abgerechnet und nach Erstellung der Jahresrechnung dem Stadtrat präsentiert, so Umscheid - "Wir haben die Personalkosten voll durchgebucht; was vorher war, weiß ich nicht."
Arbeitsplätze müssten abgebaut werden
So schlugen etwa die Gehaltsanteile für tariflich Beschäftigte der Stadt in der Festspielabrechnung 2018 mit knapp 130 000 Euro zu Buche - ungefähr so hoch wie der gesamte Fehlbetrag. "Wenn wir die Festspiele abschaffen, müssten wir drei Arbeitsplätze abbauen, nur so könnten wir Kosten sparen", stellte der Bürgermeister deshalb in der Sitzung fest. Auch das müsse man bei der Diskussion über die Zukunft der Festspiele berücksichtigen. Dass ihr Fortbestand mit der Person des künftigen Bürgermeisters zusammenhängt, wollte Umscheid nicht gelten lassen. Er habe sich schließlich bei seinem Amtsantritt ebenfalls erst in die bis dahin fremde Aufgabe einarbeiten müssen. Hartmut Eichingers Einwurf bezeichnete er als "Schaufensterrede".
Der indes ließ sich davon nicht beirren und hielt fest, dass er die Festspiele nicht abschaffen wolle, sondern nur eine offene Diskussion über ihren Fortbestand fordere. "Ich bin kein pessimistischer Mensch, aber ich hab mir die Bedenken immer gründlich überlegt", so Eichinger. Für den Kauf der neuen Lautsprecher- und Scheinwerferanlage, um die es eigentlich ging, stimmten am Ende alle Stadträte von CSU/BL und UBR, mit Ausnahme von Hartmut Eichinger.
Zuschauerzahlen wollte Bürgermeister Martin Umscheid übrigens am Tag nach der letzten Vorstellung nicht präsentieren. Nach einem Beschluss des Stadtrats sollen sie heuer detailliert nach bezahlten Tickets und Karten für Ehrengäste, karitative Zwecke und ehrenamtliche Helfer ausgewiesen werden. Das werde noch Zeit in Anspruch nehmen, so Umscheid. Im September sollen sie dem Stadtrat vorgelegt werden.