Es gibt keinen Paracetamol-Saft für Kinder mehr, nirgends mehr in Deutschland. Schon im vergangenen Jahr habe es Probleme gegeben, das häufig verschriebene Standardmedikament für fiebernde Kinder zu ordern, berichten Apothekersprecher aus Unterfranken. In diesem Jahr sei der Lieferengpass so groß geworden wie noch nie zuvor.
Apotheker aus der Region: "Die Situation ist wirklich dramatisch"
"Die Situation ist wirklich dramatisch", sagt Christian Machon, der in Mellrichstadt und Bad Neustadt in der Rhön zwei Apotheken führt und seit kurzem wieder dem Vorstand der Bayerischen Landesapothekerkammer angehört. "Es ist nicht so, dass der Markt eng wäre. Der Markt ist komplett leergefegt." Der Paracetamol-Saft sei auf die Altersgruppe der Fünf- bis Zwölfjährigen zugeschnitten, sagt der Apotheker. Babys und Kleinkinder bekämen normalerweise Paracetamol-Zäpfchen verschrieben, diese seien weiter erhältlich. Ab dem Teenager-Alter könnten Kinder normalerweise Tabletten gut schlucken und im Krankheitsfall in niedrigerer Dosierung auch Paracetamol-Tabletten nehmen, die Erwachsene verschrieben bekommen.
Kinder im Alter zwischen fünf und zwölf Jahren aber tolerierten oft Zäpfchen nicht, könnten andererseits aber oft größere Tabletten nicht schlucken, sagt Machon. Was tun? "Wir haben uns überlegt, den Saft selbst herzustellen, in der Lage dazu wären wir. Aber auch der Wirkstoff, den man dazu braucht, ist gerade nicht mehr bestellbar."
Als Alternative eigne sich ein weiteres sehr bekanntes Fieber- und Schmerzmedikament: Ibuprofen. "Aber auch nach Ibuprofen-Saft muss man im Moment lange suchen. Er ist sehr knapp geworden, eben weil er seit Monaten als Ersatz für den Paracetamol-Saft herangezogen wird", sagt Wolfgang Schiedermair, Sprecher des Bayerischen Apothekerverbands im Raum Würzburg und Inhaber der Würzburger Glockenapotheke. Am vergangenen Wochenende hatte seine Apotheke Notdienst: "Nach zwei Stunden waren sämtliche Schmerzsäfte für Kinder weg." Zahlreichen verärgerten Eltern, die gerade mit einem Paracetamol- oder Ibuprofen-Rezept für ihre fiebernden, kranken Kindern von den Bereitschaftsärzten gekommen waren, habe er die gewünschten Säfte nicht geben können. "Man kann natürlich beraten, zur Not eben auf Zäpfchen zurückgreifen; aber eine Dauerlösung kann das nicht sein", sagt der Würzburger Apothekersprecher.
Paracetamol auf der WHO-Liste der unentbehrlichen Arzneimittel
Das schmerzstillende und fiebersenkende Arzneimittel Paracetamol wird seit 1956 in den USA in Tablettenform hergestellt, seit 1958 als Saft. Der Wirkstoff Paracetamol ist nicht unumstritten. Bei Leber- oder Nierenproblemen der Patienten kann er schädigen und in seltenen Fällen die Leberfunktion von Erkrankten beeinträchtigen. Dennoch aber steht Paracetamol seit 1977 auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der WHO und wird in der Praxis gerade Kindern so oft verschrieben, dass es kaum Eltern geben dürfte, die ihren Kindern das Medikament nicht irgendwann einmal eingeflößt hätten.
Wie kann es also sein, dass ausgerechnet der Millionen-Seller Paracetamol-Saft vom Markt verschwindet?
Weltweit nur noch ein großer Hersteller von Paracetamol-Säften am Markt
Laut dem Arzneimittelverzeichnis Gelbe Liste Pharmindex ist der Lieferengpass darauf zurückzuführen, dass die Zahl der Hersteller für flüssige Paracetamol-Zubereitungen stark abgenommen hat. Vor zwölf Jahren hätten weltweit noch elf Anbieter Paracetamol-Säfte produziert, mittlerweile ist nur noch ein großer Hersteller am Markt: Ratiopharm. Dieser hat laut der "Pharmazeutischen Zeitung" im Mai bei "extrem gestiegener Nachfrage einen vorübergehenden Lieferausfall" gemeldet. In der Branche wird gemutmaßt, dass sich zahlreiche Pharmaunternehmen auch deshalb zurückgezogen hätten, weil die Produktion des Saftes aktuell als Verlustgeschäft gesehen werden müsse. Die Preise für Wirkstoff und Produktion seien massiv gestiegen, der Betrag, den die Hersteller in Deutschland von den Krankenkassen erhalten, jedoch eingefroren.
Kinderarzt empfiehlt Zäpfchen auch für größere Kinder - und zur Not Alternativen
Den Kinderärzten in Unterfranken ist das Problem des fehlenden Paracetamol-Safts und der knappen Ibuprofen-Saft-Vorräte natürlich bekannt. Wie reagieren sie, was raten sie Eltern erkrankter Kinder? "In der Not tut es auch bei älteren Kindern ein Paracetamol- oder Ibuprofen-Zäpfchen, auch wenn sie das nicht mögen", sagt der Würzburger Kinderarzt Dr. Gerhard Hofmann, ehemaliger Dozent an der Würzburger Universität und Mitglied in der Deutschen Gesellschaft Pädiatrische Infektiologie. Hofmann lässt erkennen, dass er ohnehin kein Fan von Paracetamol ist, denn: "Paracetamol verursacht bei Überdosierung Leberschäden, während bei Ibuprofen-Überdosierung nichts passiert."
Sind beide Wirkstoffe nicht greifbar, empfiehlt der Facharzt den Entzündungshemmer Naproxen und gegebenenfalls das starke Schmerzmittel Metamizol. Eltern sollten sich in jedem Fall von Ärzten oder Apothekern beraten lassen.
ach so...dann kann ja das Kind nicht sofort wieder in die Kita oder in die Schule..
Das ist natürlich schon ein Problem...
Wie haben es unsere Eltern nur geschafft, uns damals als Kinder groß zu bekommen, als es das alles noch nicht gab???
Ansonsten ist Fieber eine natürliche Reaktion des Körpers auf einen vorhandenen Krankheitserreger - und der wird so bekämpft - und normalerweise auch besiegt! Nur, das dauert ein paar Tage!
Wenn ich das Fieber einfach runter drücke, wird die natürliche Immunreaktion des Körpers unterdrückt.
Ich weiß nicht, ob das immer so gut ist???
Eine richtige, ernsthafte Erkrankung braucht auch mehr als drei Tropfen Fiebersaft!
Ich rede nicht von ernsthaften Erkrankungen - aber davon, dass es für den Körper oft sogar förderlich ist, wenn der auch mal nen Infekt gründlich auskurieren kann - und nix einfach die Symptome mit Saft unterdrückt werden!
Wenn nicht, sollte das ein Arzt abklären - aber nicht (und davon rede ich ja die ganze Zeit) bei den ersten Symptomen Fiebersaft rein - die Temperatur runterdrücken - und das Kind vermeintlich gesund in den Kindergarten oder die Schule schicken!
Das erleb ich leider oft genug!
Da wird sich auch nichts ändern was das angeht.
Aber gleichzeitig muss ich anmerken, dass es Situation gibt, in denen man Saft braucht. Es gibt Kinder, da kommt das beste Zäpfchen wieder raus. Oder Durchfallerkrankungen....oder, oder.....
Auch vor 30 Jahren gab es schon Fiebersaft. Unglaublich, aber wahr.
Da ich zurzeit 3 Kleinkinder habe und jeder anders ist, ist Saft auch ein Segen. Meine Kinder hatten auch schon 40 Grad Fieber. 39 mit Saft, das ist alles relativ.
Die Kinder müssen ja nicht mit Saft vollgepumpt werden. Zeitabstände nur als Stichwort.
Und, ich gebe kein krankes Kind in den Kiga, im Gegenteil lasse lieber zu lange zu Hause. ( Habe vor den Kindern im Krankenhaus gearbeitet)
Gerade junge Kinder stecken solche Temperaturen leicht weg und spielen oft noch als wäre nichts..... Zudem schreibe ich - bis zu einer Temperatur von 39,5 Grad spricht nichts dagegen. Bei höheren Temperaturen, oder falls Kinder zu einem Fieberkrampf neigen deutlich früher, sollte reagiert werden. Aber auch das kann gerne erst mal der Wadenwickel sein soweit das Kind kreislaufstabil ist. Eine vorzeitige und konsequente medikamentöse Senkung der Temperatur ist bei Kindern, die bereits einmal einen Fieberkrampf hatten sehr wichtig.
Aber....in der heutigen Zeit ist es in Mode Kindern schon bei einem "hohen Fieber mit 38 Grad" (Häufige Aussage der Eltern am Telefon bei Terminvergabe) Medikamente zu geben. Und noch toller ist es sein fieberndes Kind mal eben auf Normaltemperatur zu bekommen um es in Kita oder Schule zu stecken.
Ich möchte Ihnen wirklich nicht zu nahe treten, aber das liegt vermutlich daran, dass Sie die Zeiten hoher Kindersterblichkeit nicht mitbekommen haben. Die WHO hat nicht aus Spaß in den 1970er Paracetamol zur Liste der unentbehrlichen Medikamenten hinzugefügt. Ohne diese Medikamente wären Infektionskrankheiten nicht so harmlos, wie sie heute meistens sind. Und ohne diese Medikamente wäre die Kindersterblichkeit in den letzten 100 Jahren nicht so stark zurückgegangen. Daraus zu schließen, dass keine Medikamente, Hausmittel und „fiebern lassen“ schon OK ist, ist halt ein Trugschluss.
Wir sind hier in Deutschland und zeigen Sie mir die unzähligen Kinder, die hier wegen Fieber schwere Schäden erleiden oder sogar sterben....Sie werden sie nicht finden.
Wir leben im hier und jetzt - was vor 100 Jahren war ist deshalb nicht mehr relevant. Oder wollen Sie ernsthaft die damalige Zeit mit der von heute vergleichen? Gerade in der Medizin geht es jedes Jahr vorwärts. Warum ich nun also in einem Land wie Deutschland Fieber schon bei 38 Grad mit Medikamenten behandeln muss statt mal die körpereigene Abwehr arbeiten zu lassen ist mir schleierhaft. Aber vielleicht gibt es deshalb immer mehr Kinder und Jugendliche mit chronischen Erkrankungen oder Autoimmunerkrankungen.
Erkundigen Sie sich doch mal bei einem Kinderarzt wie es in der heutigen Zeit gehandhabt wird. Ihr Wissen scheint da doch etwas veraltet.