Die Polizei bestätigte am Mittwoch, dass auch der jüngste Brand in Estenfeld und vorsätzlich gelegt wurde. Am Dienstag wurde eine Gartenhütte angezündet und brannte vollständig aus. Nach fünf Brandstiftungen verstärkt die Polizei jetzt ihren Einsatz. Was bedeutet diese Situation für die Feuerwehr und für die Bürger in Estenfeld?
Frage: Sie und Ihre Kameraden arbeiten alle ehrenamtlich. Wie stark ist die Truppe durch die Serie von Brandstiftungen belastet, die ja vielleicht noch weiter geht?
Konrad Hasch: Im Moment kommen wir noch gut klar. Wir sind mit 57 Männern und sechs Frauen in der Truppe gut aufgestellt.
Sie haben also keine Probleme, die 15 bis 35 Leute für die Einsätze zu finden?
Hasch: Nein, wer bei der Feuerwehr aktiv ist, ist ja prinzipiell dazu bereit, sich einzusetzen und bringt auch viel Zeit mit. Im Jahr haben wir durchschnittlich rein 120 feuerwehrspezifische Einsätze, also ohne Ersthelfereinsätze. Das heißt ja jeden dritten Tag einen. Dazu kommen noch 14-tägige Ausbildungsabende sowie spezielle Fachübungen. Allerdings verlangt die aktuelle Situation schon sehr viel ab. So waren wir am Dienstag zum Beispiel erst auf der A 7 bei einem Lkw–Unfall und sind drei Stunden später gleich wieder zum Brand der Gartenhütte ausgerückt.
Haben ehrenamtliche Feuerwehrmänner und -frauen Probleme mit ihren Arbeitgebern?
Hasch: Die Chefs haben zum Glück Verständnis. Aber viele Einsätze, gerade bei Unfällen, sind sehr langwierig und gehen für uns oft bis spät in die Nacht. Bei Arbeitsausfall zahlt die Gemeinde Estenfeld den Arbeitgebern eine Entschädigung. Die Unterhaltung einer freiwilligen Feuerwehr ist ja eine Pflichtaufgabe der Gemeinde.
Eine wichtige Pflicht, wie man in der aktuellen Situation sieht. Wächst in Estenfeld gerade das Vertrauen in die eigene Feuerwehr?
Hasch: Ich glaube schon, dass einige Bürger erst jetzt merken, für was wir da sind. Denn bislang sind wir ja vor allem für technische Hilfseinsätze zum Beispiel bei Unfällen auf Bundesstraßen und der Autobahn ausgerückt. So viele Brände wie jetzt haben wir sonst im ganzen Jahr nicht zu löschen. Und vor allem nicht in Estenfeld selbst.
Haben die Estenfelder jetzt Angst?
Hasch: Angst ist ein sehr starkes Wort und meiner Meinung nach zuviel gesagt. Aber wachsam und sensibilisiert sind die Menschen hier im Ort schon. In der Osternacht wurden wir zum Beispiel gerufen, weil jemand Brandgeruch bemerkt hat. Das war dann aber nur ein kleines, beaufsichtigtes Osterfeuer in einem privaten Grundstück. Aber man merkt deutlich, dass die Mitbürger auf der Hut sind.
Was die Bürger natürlich genauso beschäftigt, ist die Frage, wer der Brandstifter sein könnte. Was ja leider immer wieder vorkommt, wäre ein Täter aus Ihren Reihen. Wurden Sie damit schon konfrontiert?
Hasch: Klar, die Leute spekulieren ja wie wild in alle möglichen Richtungen. Aber ich kann dazu nur sagen, dass ich keinerlei Verdacht habe aber gleichzeitig nichts ausschließen kann. Wer bei uns mitmacht, wird auf seine Eignung getestet und muss ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Außerdem kenne ich meine Leute natürlich gut. Ich muss ja wissen, wen ich wie belasten kann. Zum Beispiel im Einsatz bei einem tödlichen Unfall. Aber hineinschauen kann man in niemanden.
Nach fünf Brandstiftungen schickt die Polizei jetzt mehr Streifen in den Ort und richtet eine Einsatzkommission ein, um den Täter zu fangen. Was denken Sie über den „Feuerteufel“?
Hasch: Alle Pyromanen verspüren offensichtlich den Drang, unbedingt Feuer zu legen. Ob diese Brandstiftungen alle diesen Hintergrund haben, weiß man einfach nicht. Aber was mir Sorgen macht, ist, dass der Täter inzwischen immer dreister vorgeht. Die letzten zwei Brände, wurden am helllichten Tag gelegt. Wer so hohes Risiko eingeht, muss schon einen extrem hohen Drang dazu haben. Das finde ich gefährlich.
Sie sind 32 und seit 20 Jahren bei der Feuerwehr. Was motiviert Sie dazu?
Hasch: Der Zusammenhalt in der Jugendfeuerwehr hat mir super gefallen und mich wohl geprägt. Denn dieser führt meiner Meinung nach zu tieferen Freundschaften, als sie sonst entstehen. Auch der Umgang mit Technik hat mir immer Spaß gemacht. Dann bin ich da reingewachsen, habe Lehrgänge und Ausbildungen absolviert und gelernt, in gefährlichen Situationen richtig zu entscheiden. Letztlich habe ich das Vertrauen der Mannschaft gewonnen und ich wurde von ihnen zum Kommandanten gewählt. Anscheinend übernehme ich solche Verantwortung ganz gerne. Jedenfalls habe ich es nie bereut Leiter der Feuerwehr zu werden, denn ich haben eine klasse Mannschaft. Auch wenn es manchmal schon hart sein kann, beispielsweise mitten in der Nacht aus dem Bett zu springen, um schwer verletzte Menschen aus ihren Autos zu befreien und rasch die entscheidenden Einsatzbefehle zu erteilen. Doch auch hier kann ich mich auf meine Gruppenführer und das eingespielte, gesamte Team verlassen. Und auch der Bürger kann sich auf uns verlassen. Wir sind da, wenn's brennt.
Feuerwehrkommandant Konrad Hasch
Der gebürtige Estenfelder ist mit 12 Jahren in die Jugendfeuerwehr eingetreten. Der 32-Jährige hat Rettungswesen und Medizinpädagogik in Berlin studiert und bei der Berliner Berufsfeuerwehr hospitiert. Er arbeitet hauptberuflich auf einer Rettungswache im Würzburger Rettungsdienst.
Zum stellvertretenden Kommandanten wurde er mit 22 Jahren gewählt. 2016 wurde er Leiter der Feuerwehr. Dieser leitet Einsätze, erstellt Übungs- und Ausbildungspläne, kümmert sich um den Haushalt und berichtet der Gemeindeverwaltung über die Tätigkeiten der Feuerwehr.
Die aktive Wehr in Estenfeld umfasst derzeit 57 Männer und sechs Frauen, die an Einsätzen teilnehmen. Sie sind zwischen 18 und 65 Jahre alte. Zusätzlich gibt es eine aktive Jugendfeuerwehr. Eine Besonderheit ist der Feuerwehrarzt, der bei Einsätzen die Funktion eines Notarztes übernimmt. Die Wehr hat sechs Einsatzfahrzeuge. Eine neue Feuerwache in der Würzburger Straße wurde im Oktober 2017 bezogen