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EUERBACH
Feldhamster verzögert Bauprojekt
Feldhamster       -  Feldhamster
Foto: Uwe Anspach (dpa) | Feldhamster
dpa
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:30 Uhr

In der kleinen Gemeinde Euerbach (Lkr. Schweinfurt) wird im Moment viel über Feldhamster geschimpft. Das kleine Tier ist der Grund dafür, dass ein Kreisverkehr und eine Umgehungsstraße nicht wie geplant jetzt gebaut werden können. Stattdessen dürfen die ersten Bagger erst im Frühjahr anrücken – wenn der Nager seine Winterruhe beendet hat.

Aber warum hat das bis zu 500 Gramm schwere Tierchen so eine Macht? Ganz einfach: Der Feldhamster ist vom Aussterben bedroht und steht europaweit unter strengem Schutz. In Bayern gibt es ihn dem Bund Naturschutz zufolge eigentlich nur noch in Unter- und Mittelfranken – und zwar zwischen Ochsenfurt südlich von Würzburg und Schweinfurt sowie bei Uffenheim (Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim).

Neuen Lebensraum schaffen

Und weil das Tier auf der Roten Liste steht, darf es nicht getötet und sein Bau nicht zerstört werden. Das hätte strafrechtliche Konsequenzen. Zudem muss Lebensraumverlust durch Überbauung ausgeglichen werden. Mit einer Ausnahmegenehmigung ist allerdings eine Umsiedelung möglich. Und das wiederum geht nur, wenn das Tier auch wach und aktiv ist.

„Wegen dem Feldhamster ist noch kein Projekt ganz aufgegeben worden. Verzögerungen sind aber durchaus normal“, sagt Carola Rein vom Würzburger Umweltbüro Fabion. Das siedelt jährlich mehrere Hamsterbestände in Unterfranken um. Eine größere Aktion war vor zehn Jahren der Umzug von rund 180 Hamstern, die einem großen Möbelhaus bei Würzburg weichen mussten.

In Euerbach hat Diplom-Ingenieurin Rein es dagegen vermutlich mit einem Tierchen zu tun. Und das darf nun erst mal in Ruhe ausschlafen. „Wir versuchen, die Zeit bis dahin zu nutzen und Baurecht für die Flächen zu schaffen“, sagt Euerbachs Erster Bürgermeister Arthur Arnold.

Früher: Belohnung für gefangenen Hamster

Er führt seit 21 Jahren die Geschicke des 3000-Einwohner-Ortes im Landkreis Schweinfurt. Früher hätten Kinder noch 50 Pfennig für jeden eingefangenen Hamster bekommen. „Die galten damals noch als Schädlinge“, erinnert sich Arnold. Heute ist das anders.

Die Region zwischen Ochsenfurt und Schweinfurt zeichnet sich durch gute Böden aus. Die mag der Feldhamster, deshalb ist er hier besonders häufig zu finden. Allerdings nehmen auch in Franken, der letzten Feldhamster-Bastion in Bayern, die Bestände ab. Vor 30 Jahren lebten dem Bund Naturschutz zufolge noch bis zu zehn Hamster auf einem Hektar, heute höchstens einer.

Zwei Kilo Futter für den Winter

Ein Grund für den rapiden Rückgang ist die intensive Landwirtschaft. „Immer größere Maschinen, die immer schneller und flächendeckender arbeiten. Gülle, Pestizide, keine Zwischenfrucht. Und bereits kurz nach der Ernte wird schon wieder umgegraben. Da findet er kein Futter mehr, das er eintragen kann“, sagt Feldhamster-Experte Steffen Jodl vom Bund Naturschutz Würzburg. Das Tier aber braucht das Futter für die Winterruhe. Etwa zwei Kilogramm muss er dafür in seinem Bau bunkern, sonst verhungert es.

Problematisch sei zudem, dass der Lebensraum der Feldhamster insgesamt kleiner werde. „Durch immer mehr Baugebiete und Straßen werden die Populationen zerschnitten“, so Jodl. Der Nager bräuchte eigentlich zusammenhängend 600 Hektar, damit eine Population überleben kann. Und die sollten hamstergerecht bewirtschaftet werden. Damit das gewährleistet werden kann, gibt es seit 2006 das Artenhilfsprogramm Feldhamster. Über die Naturschutzbehörden erhalten die Landwirte Geld, wenn sie beispielsweise einen Blühstreifen anlegen oder Getreide für die Tiere stehen lassen.

Umsiedlung nach der Winterruhe 

In Euerbach übt man sich indes in Geduld. Im Mai sollen Würzburger Experten den Hamster fachgerecht umsiedeln in eine etwa ein Kilometer entfernte Ausgleichsfläche. Dort leben bereits andere Hamster. Und die sollen sich der Gemeinde zufolge „pudelwohl“ fühlen.

 
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  • C. H.
    Hachnaja.... in einer anderen Gemeinde hat man die seit Jahrzehnten ausgeübte Holzlagerung am Waldrand quasi über Nacht verboten. Weil dort seltene Tiere und Insekten leben, und man die natürlich nicht stören darf.
    Und nun? Keine Holzstapel mehr. Und auch keine seltenen Tiere und Insekten mehr.
    Schon blöd, wenn die ausgerechnet wegen der Holzstapel dort ansässig waren.
    Aber das will ja keiner wahrhaben...
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  • J. S.
    Und wer kümmert sich um die Bienen
    und Insekten? Vom Hamster können wir nicht leben oder überleben. A propos "Bauen". Aber wir könnten mehr Bienenstöcke bauen, usw. Statt immer nur mit dem Finger auf "etwas" zeigen, was "nichtig" und "klein" ist. Oder sollte ich "niedlich" schreiben. Hamster und Meerschweinchen, waren das nicht mal "beliebte" Haus-Käfig-tiere?
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  • U. S.
    Ja, auch diese kleinen Lebewesen haben eine Existenzberechtigung. Auch wenn der Mensch dazu neigt alles aus dem Weg zu räumen was ihm im Wege ist....
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Es spricht für sich, Kinderarmut, Altersarmut u. ä. nehmen ständig zu. Wegen einem
    Feldhamster wird jedoch ein Bauobjekt aufgeschoben, damit die Kosten steigen. Böse
    Menschen könnten auf die Idee kommen, daß da System dahintersteckt. Früher galt
    immer Mensch vor Tier, das hat sich grundlegend geändert.
    O armes Deutschland.
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  • D. K.
    Hallo liebe Natur- und Tierschützer, bei uns in der EU, und überspitzt in Deutschland, wird ja für den Hamster mehr Geld ausgegeben als für arme Kinder und arme Rentnerfrauen. Die Hamsterpopulation regelt sich von selbst und das seit mehr Jahren als sie alle leben. In Gegenden mit sehr steinigen und harten Böden hält sich kein Hamster, auch nicht, wenn ein Hamster für zig-tausend Euro umgesiedelt wird. Für eine solche Geldverschwendung sollte man sich schämen.
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