
Feldhamster waren in Baden-Württemberg bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein noch weit verbreitet. Seither sind die Bestände aber derart eingebrochen, dass aktuell nur noch zwei vom Aussterben bedrohte Restvorkommen im Bundesland Baden-Württemberg existieren. Eines davon, die Hamsterpopulation im Rhein-Neckar-Gebiet, wird bereits durch Nachzuchten gestützt. Somit beherbergt der Main-Tauber-Kreis die landesweit letzten natürlichen Vorkommen des ackerbewohnenden Nagetiers. Er steht laut Mitteilung des Landratsamtes deshalb in besonderer Verantwortung, Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
In den vergangenen Wochen haben Experten im Auftrag des Regierungspräsidiums Stuttgart und der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) gemeinsam mit dem Landratsamt als unterer Naturschutzbehörde Ackerfluren im östlichen Main-Tauber-Kreis auf der Suche nach dem Feldhamster „durchkämmt“, um die charakteristischen Fall- und Schlupfröhren ausfindig zu machen, die zu den Hamsterbauen in die Tiefe führen. Die Flächen werden nicht allein auf Initiative der im Land tätigen Naturschutzbehörden kontrolliert, sondern auch im Rahmen des europaweiten Feldhamster-Monitorings.
„Die Fortführung der Feldhamstererfassung in diesem Jahr zeigte erneut auf, dass wir uns um den hochgradig gefährdeten Feldhamster kümmern müssen, denn die Bestände bewegen sich auf äußerst niedrigem Niveau. Selbst Äcker, in denen sich in den vergangenen Jahren noch einige Baue des Körnersammlers befanden, sind inzwischen verwaist. So ist die Zahl der Bau-Nachweise bei Gerlachsheim und bei Marbach auf Null geschrumpft“, fasst Landrat Reinhard Frank zusammen.
Verträge mit Landwirten
Doch es gibt auch Hoffnungsschimmer. Auf den ausgedehnten Ackerflächen des Kehlenbergs zwischen Distelhausen und Grünsfeld und in Distelhäuser Getreidefeldern wurden wieder einzelne Hamsterbaue gefunden. In diesen Bereichen hat das Landratsamt auf mehreren großen Ackerflächen Verträge mit Landwirten abgeschlossen, die eine feldhamsterfördernde Bewirtschaftung gewähren. Die Kosten trägt das Land Baden-Württemberg unter Kofinanzierung durch die EU.
Zentrale Vertragsinhalte sind zum einen die Bewirtschaftung, bei der eine Marktfrucht und Luzerne (oder Klee) in Streifen nebeneinander angebaut werden. Diese bieten den Feldhamstern über den Sommer Grünfutter und auch den nötigen Sichtschutz vor Fressfeinden wie Greifvögeln oder dem Fuchs. Zudem verbleiben die Stoppeln nach der Ernte länger auf dem Feld. Dadurch ist der Hamster für Angreifer weniger leicht zu entdecken. Zudem hat er genügend Zeit, Vorräte für den Winter in seinen Bau zu tragen.
Die bedrohliche Lage der heimischen Hamster hat viele Ursachen. Lange Zeit wurden sie als Ackerschädlinge verfolgt. Es gab regelrechte Ausrottungskampagnen. Weitere Ursachen liegen in den immer größer werdenden Ackerschlägen, so dass die Vielfalt des Nahrungsangebots nachgelassen hat. Gründe für den Rückgang liegen auch in der immer effektiveren Ernte. Heutzutage bleiben nur noch wenige Körner auf dem Feld zurück.
Die Maßnahmen für den Feldhamster sind im Artenschutzprogramm Baden-Württemberg landesweit abgestimmt. Bei jährlichen Treffen tauschen Säugetier-Experten, landwirtschaftliche Berater und Behördenvertreter ihre Erfahrungen im „Artenschutzkonzept Feldhamster“ aus. Nachzuchten, wie sie für das Rhein-Neckar-Gebiet zur Populationsstützung stattfinden, sind im Main-Tauber-Kreis nicht geplant. Im Heidelberger Zoo werden bereits seit Jahren Feldhamster nachgezüchtet, die dann in die Freiheit entlassen werden, um den freilebenden Bestand östlich von Mannheim vor dem Aussterben zu bewahren.
„Wir haben im Landkreis noch einige Flächen mit natürlichen Populationen, die wir gerne unter Vertrag nehmen würden, um den Feldhamster vor dem Aussterben zu bewahren“, sagt Landrat Reinhard Frank und fordert: „Um den Feldhamster vor dem Aus in Baden-Württemberg zu bewahren, muss das Land Geld in die Hand nehmen“, fordert Frank.
Mögliche Verbreitungsgebiete sind insbesondere im Raum Tauberbischofsheim (Distelhausen), Lauda-Königshofen, Grünsfeld, Großrinderfeld, Wittighausen, Bad Mergentheim, Igersheim und Weikersheim vorhanden. Hier besteht teilweise auch die Möglichkeit zu einer Vernetzung mit den aktuellen mainfränkischen Vorkommen.
Beobachtungen und Fundorte des Feldhamsters sollen an das Umweltschutzamt des Landratsamtes, Stephan Hielscher, unter Tel. (0 93 41) 82-57 92 oder per E-Mail an umweltschutzamt@main-tauber-kreis.de gemeldet werden. Dort kann auch das von der Staatlichen Naturschutzverwaltung Baden-Württemberg aufgelegte Faltblatt „Ausgehamstert? Feldhamster brauchen Hilfe“ angefordert werden.
Besonders geschützte Tierart
Die Rote Liste der Säugetiere des Landes Baden-Württemberg bewertet schon im Jahr 2003 den Feldhamster (Cricetus cricetus) als „vom Aussterben bedroht“. Seine Lage im Land hat sich seither keineswegs gebessert. Ähnlich bedrohlich ist die Situation in den anderen Bundesländern, und der Bestandstrend in Deutschland ist insgesamt negativ. Der Feldhamster ist auch europaweit gefährdet und deshalb geschützt. Nach den den europäischen FFH-Richtlinien ist er eine Art, die nach dem Bundesnaturschutzgesetz sowohl „besonders“ als auch „streng“ geschützt ist.
Er darf nicht gefangen, verletzt oder getötet werden, und seine Fortpflanzungs- und Ruhestätten dürfen nicht beschädigt oder zerstört werden. Ein Verstoß gegen diese Verbote ist strafrechtlich relevant. LRA