Der Mann heißt nicht nur Gold, sondern war drei Jahrzehnte lang auch so etwas wie ein Edelmetall der „Fastnacht in Franken“: Eine Wertanlage, die im Kurs nur manchmal schwächelte, meist aber für glänzenden Gewinn stand – so wie an diesem gefühlsintensiven Abschiedsabend. Der zitronengelbe Anzug verlieh Parodis-Sänger Bruno Gold, dem Exil-Veitshöchheimer aus Karlburg, eine jugendliche Frische, doch mit dem ersten Lied über die aktuelle Politik hielt er sich auch gleich selbst den Spiegel vor: „Mit Siebzig, fängt die Rente schon an . . .“
- Rekordquote für „Fastnacht in Franken“ - So viele Zuschauer waren dabei!
- Einen Blick hinter die Kulissen der Kultsendung mit vielen Fotos und Videos gibt es hier im Liveblog zum Nachlesen!
Jubiläumsschau der Narren
In bislang sämtlichen 30 Ausgaben der beliebten Narrenschau war Bruno Gold in verschiedenen Formationen auf der Bühne gestanden, jetzt ist Schluss für den Rentner, der in diesem Jahr 70 Jahre alt wird. Ein letzter gesungener Feierabend, eine gelungene Pointe mit dem Kurzcomeback der 80-jährigen Winfried Hain und Oskar Amersbach („Gebrüder Narr“) und die Übergabe des blauen Klääds an Barbara Stamm, der „Fastnachtsqueen“ – dann gingen die Parodis und auch Gold, und eine Träne hatte er nicht nur im Knopfloch.
Peter Kuhn zum 25. Mal in Veitshöchheim Die 30. Auflage der Liveprunksitzung des Fastnacht-Verbandes Franken in Veitshöchheim geriet indes nicht zu einer gefühlsduseligen Geburtstagsparty mit endlosen Reminiszenzen. Das hat der Klassiker nicht nötig, weil ihn die Stärke der aktuellen Akteure ausmacht. Fantastische Tänze, urige Komik, wunderbare Lieder, geschliffenes Wort und, ja, auch mal ein Kalauer mit Bart – das sind die Zutaten dieser Fastnachtsbowle, die so vielen Menschen schmeckt.
Genug Jubiläen zu feiern hätte es schon gegeben: Peter Kuhn etwa stand heuer bei seiner „Schwarzen Elf“ in Schweinfurt zum 300. Mal in der Bütt, insgesamt feierte er seinen 900. Faschingsauftritt und gab zum 25. Mal in Folge bei „Fastnacht in Franken“ den Richter der Zeit, der von seiner Scharfzüngigkeit nichts verloren hat. Als Visagist knöpfte sich der 54-jährige Erzieher vor allem die wirren Köpfe vor und dichtete über den AfD-Hetzer: „Vor allem Höcke hab' ich satt. Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht, das man zum Schluss, nur schminken und schön finden muss.“
Ein weiterer Meister der verbalen Treffer ist der Nürnberger Wortjongleur Oliver Tissot. Als Martin Luther schoss er mit seinen verbalen Verdrehungen („Zäh-S-U“) schneller als Biathletin Laura Dahlmeier.
Was auffällt: Die Fastnacht ist musikalischer geworden. Viele Beiträge werden durch Lieder abgerundet, und ein Könner dieser Kategorie ist der Karlstadter Matthias Walz, der an seinem Klavier einen Einblick ins Irrenhaus gewährt. Ganz stark seine Nummer „Es ist der Senegalese“ über die verbale Entgleisung des CSU-Generalsekretärs Andreas Scheuer aus dem vergangenen Jahr. Die Würzburger Kickers als Champions-League-Sieger? Bei Walz nicht unmöglich in seiner Abwandlung eines Rio-Reiser-Hits: „Das alles und noch viel mehr, würd' ich machen, wenn ich König von Franken wär.“
Fränkischer Indianer
Noch sind es Könige der Narren.
Die Kunst dieser Sitzung ist es ja, die Akteure sich jedes Mal ein bisschen neu erfinden zu lassen: Bei Oti Schmelzer, dieser kauzigen Gstanzlkanone, als fränkischem Indianer („Schaggalagga“) gelingt das, auch bei Bauchredner Sebastian Reich, der diesmal mit seinem Nilpferd Amanda einen Rollentausch vornimmt und selbst als Puppe agiert.
Aber auch bei Michl Müller: Der Garitzer als Schäfer ist auf der Fastnachtsbühne einfach besser aufgehoben als im Abendprogramm der ARD. Er sinniert über die „Herbst-Deggo“ der Frau, Gebiss-Verkauf bei Aldi und singt sich als fetziger „Rock 'n' Rhöner“ selbst von der Bühne. Als amerikanischer Wahlkampfhelfer Lucky Lump lässt Bernd Händel („Söder ist der Prinz Charles von Bayern“) dank seiner Stimmenimitation Altkanzler Helmut Kohl singen: „Wir sind die Trumps von der Pfalz.“
Heißmann als Gunther Bunter
Die Fürther Spaßmacher Volker Heißmann und Martin Rassau bringen mit ihren Störfeuern als Postboten und Politiker-Derblecker oder Schlagersänger „Gunther Bunter“ erfrischende Spontanität in die Sitzung. Längst haben sich die Witwen „Waltraud & Mariechen“ in ihren 20 Veitshöchheimer Jahren zu Allround-Komödianten erster Güte entwickelt. Eine Entwicklung, die Marco Breitenbach vielleicht noch vor sich hat: Der 16-jährige Schweinfurter debütierte mit einer Bütt als Sänger, und wenn er Lampenfieber hatte, so hat er es sehr gut verborgen.
„Fastnacht in Franken“ bleibt mit seiner Vielfalt, der Qualität und dem Sinn fürs Detail auch im 30. Jahr ein Maßstab der deutschen Narrenzunft, daran kann auch der Schmähgesang der Altneihauser Feierwehrkapell'n nichts ändern, jenem Blechbläserhaufen, der dem Frankenland in allertiefster Hassliebe verbunden ist.
Franconia first heißt also die Losung der Narren, oder wie Jonas Paul, dieser smarte Schweinfurter mit Gitarre, singt: „Wenn's läfft, dann läfft's.“
Splitter aus Veitshöchheim
Die Mitwirkenden: Sitzungspräsident und Lucky Lump: Bernd Händel (Nürnberg), Rebeca Schelhorn (Burghaslach), Oliver Tissot (Nürnberg), Volker Heißmann & Martin Rassau (Fürth), Jonas Paul (Schweinfurt), Tanz- paar Christian Müller und Sarah Philips (Nürnberg) und Tanzmariechen Katharina Theil (Oberasbach), Marco Breitenbach (Schweinfurt), Die Spessarträuber, Peter Kuhn (Schweinfurt), Die Parodis mit Marion Mahlo und Bruno Gold (Karlstadt), Gemischte Garde der Buchnesia Nürnberg, Oti Schmelzer (Oberschwappach), Matthias Walz (Karlstadt), Sebastian Reich (Würzburg), Michl Müller (Garitz), Tanzgruppe der Allersberger Flecklashexen, Altneihauser Feierwehrkapell'n, Pavel Sandorf Band.
Landtagspräsidentin Barbara Stamm und ihre Tochter Sissi erschienen zur Frankenfastnacht natürlich in Blau. Der Frack war eine „Hommage an die Gebrüder Narr“.
Ein echter Hingucker war Natascha Kohnen, die Generalsekretärin der Bayern-SPD. Sie erschien im kleinen Schwarzen als Audrey Hepburn aus dem Film „Frühstück bei Tiffany“, „mein absoluter Lieblingsfilm an Regentagen“, so Kohnen.
Christian Schuchardt, Würzburgs Oberbürger- meister, erinnerte mit seiner Lenin-Verkleidung an die russische Revolution vor 100 Jahren. Er fühlte sich wohl in der fremden Haut und verteilte fleißig Autogrammkarten.
Markus Söder, Finanz- und Heimatminister, hatte erneute eine pfiffige Idee: Er erschien mit seiner Frau Karin als Marge und Homer Simpson. „Das ist eine Hommage an die normalen Leute.“ Auf die Frage, was die Politik von den Simpsons lernen könne, antwortete Söder: „Vor allem Gelassenheit.“
Katharina Schulze, die neue Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, freute sich sichtlich auf ihre Premiere in Veitshöchheim: „Ich bin ein großer Fan von Amanda“, sagte sie, die als Miss Europa erschienen war: „Wir müssen für ein starkes Europa einstehen.“
Ministerpräsident Horst Seehofer kam natürlich wieder als er selbst.