
Noah führt begeistert Kartentricks vor, Amelie werkelt in ihrer Kinderküche und die zwei Monate alte Ella wird gerade von ihrer Mama gewickelt - ein ganz normaler Familienalltag bei den Vierheiligs in Waldbüttelbrunn. Zumindest fast. Denn auch Papa Frank sitzt am Dienstagmittag mit am Küchentisch.
Der 30-Jährige hat sich nach der Geburt seines dritten Kindes im Mai zu einem Schritt entschieden, der vielen noch ungewöhnlich erscheint: Er hat seine Arbeitszeit für ein Jahr von 40 auf 20 Stunden reduziert. Während er nach der Geburt seines acht Jahre alten Sohnes nur einen Monat zu Hause war und bei der vierjährigen Amelie gar nicht, wollte Frank Vierheilig nach Ellas Geburt die Chance nutzen und mehr Zeit bei seiner Familie verbringen.
Auch Väter haben das Recht auf Elternzeit
"Meine Kollegen haben die Entscheidung gleich begeistert aufgenommen. Klar musste sich die Geschäftsleitung erst auf die neue Situation einstellen", erzählt der Betriebswirt, der im Vertrieb eines Großhandelsunternehmens arbeitet. In Deutschland haben beide Elternteile Anspruch auf Elternzeit und seit dem 1. Juli 2015 auch auf das sogenannte ElterngeldPlus, wodurch es dem Waldbüttelbrunner möglich ist, zwölf Monate in Teilzeit zu arbeiten und zusätzlich Elterngeld zu beziehen.

Die 20 Stunden in der Woche sind auf verschiedene Tage verteilt. Während er am Montag den ganzen Tag im Büro ist, arbeitet er mittwochs und freitags sechs Stunden, dienstags und donnerstags hat er frei. „Nach unterschiedlichen Vorschlägen bin ich mit der gefundenen Lösung sehr zufrieden, da ich unglaublich nah an der Familie bin“, sagt er. Was den jungen Familienvater vor allem überrascht hat, waren die Reaktionen seiner älteren Kollegen. „’Das hätte ich auch gerne gemacht’ war die übliche Antwort“, sagt er.
Beim dritten Kind die Chance nutzen
Im Jahr 2017 haben im Landkreis Würzburg 2603 Mütter und 1081 Väter Elterngeld beziehungsweise Elterngeld Plus bezogen, informiert Pressesprecher Michael Neuner vom Zentrum Bayern Familie und Soziales. Während Mütter durchschnittlich 13,2 Monate die Leistungen erhielten, waren es bei den Männern hingegen 2,9 Monate. Insgesamt haben 82,7 Prozent der Männer nur zwei Monate Elterngeld beantragt - den gesetzlichen Mindestzeitraum.
Eigentlich hatte auch er nur mit zwei Monaten Elternzeit geplant, aber je mehr er sich mit dem Thema beschäftigte, desto mehr Möglichkeiten zog er in Betracht. "Ich würde mich beim ersten Kind nicht zu so einer Elternzeit entscheiden", sagt er. Doch gerade jetzt kann er seine Frau, die normalerweise als Mediengestalterin arbeitet, entlasten. Wenn sie sich um das Baby kümmert, verbringt er Zeit mit den beiden älteren Kindern. "Das finde ich sehr cool, dass Papa mehr daheim ist. Mit ihm kann ich viele Sachen machen", erklärt der achtjährige Noah.
Während er früher um 18.30 Uhr nach Hause kam und sich alles ums Abendessen und Schlafengehen gedreht habe, haben ihn seine Kinder nun erst so richtig kennengelernt. „Ich bin im Familienleben angekommen und gestalte es mit“, sagt Vierheilig. Gerade bei seiner vierjährigen Tochter hat er nach den ersten Wochen schnell einen Unterschied gemerkt. "Ich war erstaunt, wie stark unsere Verbindung gewachsen ist. Das hätte ich nicht gedacht", erzählt er. Seine Frau fügt hinzu, dass "es jetzt entspannter ist, weil die Zeit zusammen nicht mehr nur auf den Abend beschränkt ist." Auch in Erziehungsfragen ist die 29-Jährige froh, dass sich ihr Mann mehr mit einbringt: "Es ist gut, wenn er mitredet und Themen noch einmal von einer anderen Seite beleuchtet."

Doch die Perspektive zu wechseln, fiel dem Familienvater schwer. "Man versucht ja immer fleißig zu sein und das Geld zu verdienen. Mit der Teilzeit entscheidest du dich in dem Moment gegen die Karriere", so der Betriebswirt. Anfangs hat der dreifache Familienvater den Lohnausfall als Kosten der Elternzeit betrachtet – doch er hat schnell gemerkt, dass der Vergleich hinkt. „Es lässt sich nicht monetär bewerten, was das für ein Gewinn für jeden einzelnen ist“, sagt er.
Ausgaben werden durchdacht
Durch das ElterngeldPlus fehlen ihm nur etwa 20 Prozent von seinem ursprünglichen Netto-Gehalt, obwohl er 50 Prozent weniger arbeite, erklärt er. Doch auch dieser Lohnausfall kann eine fünfköpfige Familie schmerzen. "Man nimmt sich bei den Ausgaben ein Stück zurück und überdenkt manches, ob es wirklich nötig ist", sagt der 30-Jährige.

Die Vierheiligs wissen, dass es vor allem eine finanzielle Entscheidung ist, ob Vater oder Mutter in Elternzeit gehen. "Wenn wir ein Haus gebaut hätten, das es zu finanzieren gelte, wäre das nicht möglich gewesen", erklärt Frank Vierheilig. Stattdessen sind sie in seinem Elternhaus geblieben und bauen dieses nun aus.
Mit der Babytrage unterwegs
Dem dreifachen Vater ist bewusst, dass er mit seiner Entscheidung noch ein Exot ist. "In der Familie und im Freundeskreis waren alle begeistert", sagt er. Nur wenn er mit der Babytrage am Bauch mit Ella unterwegs ist, trifft er doch noch auf staunende Senioren. "Dann werde ich gefragt, was ich denn mache, wenn das Baby schreit", erzählt er.
Auch wenn Frank Vierheilig nur noch halbtags in der Firma ist - die Arbeit ist deshalb für ihn nicht weniger geworden. "Ich muss nun einfach stärker priorisieren." Und er kommt seinem Arbeitgeber weiter entgegen und unterbricht im Winter seine Elternzeit für zwei Monate, um sich um die Jahresabschlussarbeiten zu kümmern. Nichtsdestotrotz freut er sich, nach dem Jahr wieder voll in seinen Job zurückzukehren: "Mir macht meine Arbeit großen Spaß, doch dieses Jahr möchte ich die Zeit mit meiner Familie genießen."
Was ihren Familienalltag wertvoll macht, sind die Kleinigkeiten. "Wir gehen viel in den Garten, ins Schwimmbad oder setzen die Kinder aufs Pferd und gehen zusammen im Wald spazieren", erzählt Lara Vierheilig. "Es müssen gar nicht die großen Ausflüge sein, der gemeinsame Alltag zählt."
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