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Würzburg/Frankfurt
Facebook-Prozess: Gericht macht Künast Hoffnung im Kampf gegen Lügen im Netz
Noch kann jedermann ein gefälschtes Zitat von Renate Künast bei Facebook finden. Die Grünen-Politikerin ist optimistisch, dass sich das bald ändert. Das Urteil könnte Signalwirkung haben.
Von Würzburg aus, per Übertragung aus der Kanzlei Jun, führte Renate Künast (im Bild rechts) am Mittwoch einen Prozess vor dem Landgericht Frankfurt gegen den Internet-Konzern Meta/Facebook. Das Bild zeigt die Grünen-Politikerin  vor Verhandlungsbeginn gemeinsam mit ihren Anwälten (von links) Mathias Truschel, Matthias Pilz und Chan-jo Jun.
Foto: Johannes Kiefer | Von Würzburg aus, per Übertragung aus der Kanzlei Jun, führte Renate Künast (im Bild rechts) am Mittwoch einen Prozess vor dem Landgericht Frankfurt gegen den Internet-Konzern Meta/Facebook.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:46 Uhr

Sie sei "guter Hoffnung", mit ihrer Unterlassungsklage Erfolg zu haben, sagte Renate Künast am Donnerstag nach der Verhandlung vor dem Landgericht Frankfurt gegen den Internet-Riesen Facebook, der sich mittlerweile Meta nennt. Die Grünen-Politikerin aus Berlin will erreichen, dass Facebook sogenannte Memes, die ihr Konterfei in Verbindung mit einem gefälschten Zitat zeigen, konsequent aufspüren und unwiederbringlich löschen muss, ohne dass sie jeden Post einzeln melden muss.

Eine Entscheidung hat die Kammer am Landgericht für Donnerstag, 24. März, angekündigt. Der Verlauf des Prozesses, zu dem Künast von Würzburg aus gemeinsam mit ihren Anwälten Chan-jo Jun, Matthias Pilz und Mathias Truschel zugeschaltet war, stimme sie positiv, betonten die Politikerin und Anwalt Jun unisono. Ausdrücklich habe das Gericht festgestellt, dass richtige und stimmige Zitate das "Kapital" seien, von dem die Glaubwürdigkeit von Politikerinnen und Politikern oder auch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern lebe, so Künast im Gespräch mit dieser Redaktion. Daraus ergebe sich ein Anspruch, dass solche Fakes gelöscht werden.

Entscheidend aber bleibt die Frage, wie viel technischer und wirtschaftlicher Aufwand Facebook zumutbar ist, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Auf Nachfrage sagte eine Meta-Sprecherin am Donnerstag, das Unternehmen toleriere keine unzulässigen Inhalte auf seinen Plattformen und habe deshalb "umfangreich" in Technologie und menschliche Expertise investiert. Das von Künast gemeldete falsche Zitat habe man aus Facebook entfernt und "weitere Maßnahmen" ergriffen, um außerdem identische Inhalte zu identifizieren und zu entfernen.

Zweifel an der Qualität der Facebook-Anstrengungen 

An der Qualität dieser Anstrengungen bestehen indes Zweifel. Jeder Nutzer und jede Nutzerin von Facebook konnte auch am Donnerstagnachmittag noch mehrere Dutzend der teilweise über fünf Jahre alten Memes mit dem falschen Zitat der Politikerin finden, das da lautet: "Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal Türkisch lernen!" Für Künast stellt es eine "üble Nachrede" dar.

Wenn es Facebook nicht mal gelinge, im Fall der bundesweit bekannten Politikerin solche Lügen von der Plattform zu eliminieren, wie ergeht es dann erst anderen, nicht-prominenten Betroffenen von Hass und Hetze im Netz, fragt derweil Josephine Ballon, Sprecherin der Berliner Beratungsstelle "Hate-Aid", die deutschlandweit Opfer von digitaler Gewalt unterstützt – und deshalb die Klage von Künast finanziert. 

Grünen-Politikerin Renate Künast klagt gegen die seit Jahren anhaltende Verbreitung von Memes mit einem erfundenen Zitat.
Foto: Screenshot: Michael Czygan,  Montage: Daniel Biscan | Grünen-Politikerin Renate Künast klagt gegen die seit Jahren anhaltende Verbreitung von Memes mit einem erfundenen Zitat.

Für sie sei nachvollziehbar, sagt Ballon, dass eine Bilderkennungssoftware, wie sie Facebook beispielsweise zum Erkennen und Löschen pornografischer Inhalte einsetze, nicht reiche, um die Verbreitung gefälschter Zitate dauerhaft zu stoppen. Vermutlich werde, um die Fakes zu identifizieren, Zusammenhänge zu klären und schließlich eine Lösch-Entscheidung zu treffen,  Fachpersonal benötigt, das sich der Konzern gerne sparen wolle. 

Urteil von grundsätzlicher Bedeutung

Von einem Internet-Riesen wie Meta/Facebook, der jedes Jahr weltweit Umsätze in Milliardenhöhe mache, könne man aber verlangen, größere Anstrengungen zu unternehmen und dabei auch zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzusetzen, um einmal gemeldete, unstrittig rechtswidrige Inhalte konsequent und dauerhaft aus den Sozialen Medien zu verbannen. Insofern komme dem Urteil des Frankfurter Gerichts eine grundsätzliche Bedeutung zu, so Ballon. "Hat Renate Künast Erfolg, werden davon viele andere Betroffene, die Hass und Hetze im Netz ausgesetzt sind, profitieren."

 
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  • K. E.
    Nur bei den Inhalten anzusetzen greift zu kurz! Die Verbreiter solcher Lügen (nicht nur in diesem konkreten Fall) müssen im Wiederholungsfall wirksam daran gehindert werden, derartiges Verhalten fortzusetzen. Zum Beispiel durch den Ausschluss aus den Plattformen.
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  • H. S.
    Ich befürchte, dass Frau Künast hier einen Streisand-Effekt auslöst...
    Facebook hätte mit seiner Bilderkennungs-Software dieses Bild beliebig leicht entfernen können, ohne dass darum großes Gewese gemacht werden muss. Denn es handelt sich da ja, so gut wie immer, um dasselbe Bild.
    Ich befürchte jedoch dass manche Typen, aufgrund der medialen Aufmerksamkeit, jetzt gleich mehrere neue Versionen dieses beanstandeten Bilds erstellen und posten werden, und der Schaden hinterher noch größer ist als bisher...
    (Streisand-Effekt: Irgend ein Fotograf hatte mal Bilder von der Küste Floridas gepostet.
    Barbra Streisand hat darauf Ihr eigenes Haus entdeckt, und wollte dieses Bild zwangsweise löschen lassen. Das ging so medial, dass heute weltweit fast jeder weiß, wo Ihr Haus steht, und wie es aussieht. Sogar dieses soziologische Phänomen ist nach Ihr benannt!)
    Und so geht es mir auch mit diesem gefälschten Meme von Frau Künast: Ich kenne das nur wegen der Berichterstattung zu Ihrer Klage...
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  • H. E.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln (unbelegte Behauptungen) auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • M. D.
    ....."Ausdrücklich habe das Gericht festgestellt, dass richtige und stimmige Zitate das "Kapital" seien, von dem die Glaubwürdigkeit von Politikerinnen und Politikern oder auch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern lebe"....

    Wenn das die "Begründung" ist, inwieweit wäre das dann auf Normalbürger übertragbar?

    Es ist doch bislang auch so, dass der "Ruf" von Amtsträgern gerne als überaus "schützenswert" angesehen wird. Dann hätten die also fortan auch Anspruch auf wahrheitsgemäße Zitate - sei´s drum.

    Der normale Nutzer, der aus welchen Gründen auch immer, Ziel von Übergriffen oder - wie es neuerdings heißt - "digitaler Gewalt" wird, bleibt weiter auf der Strecke. Zwei-Klassen-Recht lässt sich nicht mit solchen "Grundsatzurteilen" aus der Welt schaffen.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Verteidigt unsere Demokratie. Dies ist einer der vielen Versuche. "Hass und hetze" ja, ja. Das wird überall gesehen, was nicht linksliberal ist.
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  • M. D.
    Jaja. Wer kennt nicht die alte Weisheit, dass die Justiz/Strafverfolgung auf dem "linken Auge blind" ist? Gilt ganz besonders in Bayern....
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  • D. E.
    "... dass die Justiz/Strafverfolgung auf dem "linken Auge blind" ist? Gilt ganz besonders in Bayern...."

    Können Sie da mal ein paar Beispiele in Bayern nennen?

    PS: man kann das natürlich auch umdrehen auf dem "rechten Auge blind"
    https://www.sueddeutsche.de/politik/polizei-und-justiz-halbherzig-gegen-extremisten-1.4152548
    Expertin: Staat auf rechtem Auge blind
    https://www.mdr.de/geschichte/ns-zeit/terror-von-rechts-deutschland-100.html
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