Zwischen Weihnachten und Silvester ist die Zeit, in der man zurück blickt und nach vorne schaut. Der CSU-Politiker Oliver Jörg, der bislang Würzburg im Landtag vertrat, erlebte heuer eine herbe Niederlage und muss sein Leben neu planen. Wie geht es ihm zwischen den Jahren?
"Richtig gut geht es mir", sagt Jörg mit einem Lächeln. Automatisch fragt man sich: Wie oft er das wohl in den letzten Monaten so bekundet hat? Sagt er das, weil er sich damit vor weiteren Nachfragen schützen will? Oder stimmt das tatsächlich?
Am 14. Oktober hat CSU-Landtagsabgeordneter Jörg sein Mandat verloren. Nach zehn Jahren im Bayerischen Parlament haben ihn "nur" noch 19 238 Wähler in Würzburg, Gerbrunn und Rottendorf ihre Stimme gegeben. 500 Stimmen zu wenig für die nahtlose Fortsetzung seiner politischen Karriere. Diese begann der gebürtige Schwabe 1996, da wurde er in Passau Vorsitzender des Rings christlich-sozialer Studenten.
Das Handy bleibt ziemlich ruhig
Dass der Grüne Patrick Friedl das Direktmandat eroberte, machte überregional Schlagzeilen. Es war unglaublich knapp und erschien irgendwie ungerecht, da Jörg Würzburger Großprojekte wie den Ausbau der Universität, Umbau der Festung Marienberg zum Landesmuseum oder die Sanierung des Bahnhofs vorangetrieben hatte und auch bei CSU-Kritikern als liberaler, weltoffener "Schwarzer" galt. Kann man da drei Monate später "Mir geht es gut" sagen?
"Ich habe jetzt ein Privatleben", zählt Jörg als erste Veränderung durch seine Abwahl auf. Es gebe mal einen freien Samstagnachmittag, Abende ohne Termine, "an denen ich ein vor vielen Jahren begonnenes Bild fertig malen oder etwas Sport machen könnte".
Noch steht vor der Freizeit ein Konjunktiv. Denn momentan wickelt der Ex-Abgeordnete noch seinen bisherigen Job ab. Aber während des knapp zweistündigen Gesprächs mit der Redakteurin bleibt sein Handy ruhiger als bei früheren Terminen. Es brummt vier Mal und Jörg geht nur bei Barbara Stamm ran. Und bei seinem Sohn.
Ex-Abgeordnete bekommen Übergangsgeld
Wovon lebt Jörg jetzt? Ausgeschiedene Abgeordnete bekommen eine gewisse Zeit lang ein Übergangsgeld vom Staat. Seine Münchner Wohnung hat Jörg schon aufgelöst, im Büro arbeitet er noch einiges ab, versucht den beiden Mitarbeitern bei der Jobsuche zu helfen und räumt aus. Das meiste, was sich in den Jahren angesammelt hat, fliegt weg. Sechs Ordner mit Presseartikeln und eine kleine Kiste mit persönlichen Erinnerungsstücken will er mitnehmen.
Mitnehmen kann Jörg aus zehn Jahren im Landtag auch ein großes Netzwerk an Kontakten und viel Lebenserfahrung. "Ich durfte die Gesellschaft in ihrer Breite und Tiefe kennen lernen." Dafür ist er dankbar. Aber auch Geduld und Kompromissfähigkeit habe er dazu gewonnen - außerdem ist er ein Meister darin, einem Poststapel auf den ersten Blick anzusehen, ob ein wichtiger Brief darin steckt.
Wird Jörg weiter in der Politik bleiben? Der 46-Jährige ist Würzburger CSU-Kreisvorsitzender und leitet den Arbeitskreis Hochschule und Kultur der CSU. Seine Kontakte nach München sind nach wie vor gut, auch in die neue Regierung. Der Bayerische Wissenschaftsminister Bernd Sibler nannte Jörg jüngst, "einen exzellenten Hochschulpolitiker".
Jörg sieht seine politische und berufliche Zukunft entspannt. "Ich habe ja einen Beruf als Jurist und die Kollegen in meiner Würzburger Kanzlei freuen sich, wenn ich wieder mehr da bin." Zu konkreten beruflichen Plänen will er momentan nichts sagen. Genauso wenig wie zu persönlichen Fragen.
Nach der Wahl hieß es, die entscheidenden 500 Stimmen hätten Jörg gefehlt, weil in Würzburgs Kirchenkreisen angeblich viele die Politik der CSU ablehnen, weil Angehörige der Hochschulen gegen die Verlagerung des Staatsarchivs nach Kitzingen seien, weil Jörgs Ehefrau Judith im Januar mit Hilfe der CSU-Stadtratsfraktion versucht hatte, Kulturreferentin zu werden . . . "Ich werde den Teufel tun und mir jetzt noch wegen solcher Dinge den Kopf zerbrechen", sagt Jörg dazu.
Prinzipiell sei er ein Mensch, der immer nach vorne schaue. Weil der Blick zurück manchmal weh tut? "Nein, weil es nichts bringt, mit Sachen zu hadern, die man sowieso nicht ändern kann." Natürlich sei "man am Wahlabend traurig gewesen, weil so viele Menschen so viel Kraft in den Wahlkampf investiert hatten." Und natürlich sei "man enttäuscht, weil man zehn Jahre für Würzburg gekämpft hat und das jetzt verloren zu gehen droht."
Jörg wechselt beim Berichten dieser negativen Erlebnisse vom "ich" zum "man". Damit schafft er ein Stück Distanz. Diese hat er auch zu seinem Bild in der Öffentlichkeit aufgebaut. Er drückt das so aus: "Ich habe gerne direkte Kontakte zu Menschen, in Gesprächen oder bei Veranstaltungen, aber mein Gesicht auf einem Plakat in der Stadt zu sehen, das fand ich schon immer schrecklich." Diese Distanz hatte Jörg bereits am Wahlabend, an dem er ruhig mit seinem Debakel umging. "Der Herrgott hat es offensichtlich so gewollt," sagt er heute dazu.
Als CSU-Direktkandidat von Würzburg war man bislang eigentlich bis zur Rente versorgt. Doch das hatte Jörg, der als 36-Jähriger in den Landtag gewählt wurde, ohnehin nie vor. Auch deshalb hat die Zäsur des vergangenen Jahres für ihn etwas Positives. "Ich mache mir jetzt in Ruhe Gedanken darüber, was ich in den nächsten Jahren so tun will", sagt er. "Mit dieser Freiheit geht es mir richtig gut." Man kann es ihm glauben.
mit Ihrem Kommentar geben sie mir recht, daß mit einer grünen Regierungsbeteiligung, wir in einem Jahr bankrott wären. Schauen sie nur mal das Plappermaul (ohne Sinn, vorsichtig ausgedrückt) ihrer Bundesvorsitzenden an. Schrecklich, schrecklich. Und noch etwas, ich bin grüner als diese "sog. Grünen"!!
Am wohlsten fühle ich mich mittlerweile im Grünen Umfeld. Dort wird am ehesten vorurteilsfrei und pragmatisch an Lösungen gearbeitet. Das war mal anders.
Meine Prognose ist, dass es in Bayern über kurz oder lang eine Schwarz-Grüne oder sogar wie in BW eine Grün-Schwarze Koalition gibt. Das wir nur ohne Gestalten wie Söder gehen. Da brauchen wir Persönlichkeiten wie Herrn Jörg und Friedl.
Was ich an den Grünen sympathisch finde? Die können auch mal eingestehen, dass der politische Gegner etwas besser gemacht hat. Erleb ich offen gesagt bei anderen Parteien viel, viel seltener bis gar nicht.
steht da unter den Aufmacher-Foto.
" Die Lengfelder Gerüchteküche " brodelt …. gottseidank nicht aus den Artikel.
Why not. Er könnte auch mit erstarkten Grünen im Kreistag gute Politik für den LK machen.