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WÜRZBURG
Ermordete verurteilter US-Soldat auch zwei junge Frauen in Unterfranken?
Ist ein verurteilter US-Soldat auch für den Mord an zwei Frauen aus Unterfranken verantwortlich?
Foto: Armin Weigel (dpa) | Ist ein verurteilter US-Soldat auch für den Mord an zwei Frauen aus Unterfranken verantwortlich?
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:07 Uhr

Die Polizei nimmt die Fährte wieder auf in einem fast 30 Jahre alten Mordfall: Am 25. Oktober 1990 verschwand Ramona Böttcher aus Neu-Ulm. Die 16-Jährige verschwand auf dem Weg von einer Diskothek nach Hause. Zwei Monate später wurde ihr Leichnam in einem Waldstück bei Miltenberg in Unterfranken entdeckt.

Neue Suche in altem Fall

Die Kriminalpolizei geht davon aus, dass Ramona Böttcher in ein fremdes Auto eingestiegen und so ihrem Mörder begegnet war. Laut Kriminaloberrat Markus Schlemmer wurde die alte Papier-Akte des Falls digitalisiert. Der Fall wurde in das Cold-Case-Verfahren für Altfälle aufgenommen.

Die Aschaffenburger Ermittler sind motiviert durch den Erfolg von 2017: Sie hatten nach 30 Jahren einen Mann überführt, der eine Frau vergewaltigt und versucht hatte, sie zu töten. Im Mai 2018 wurde der heute 55-Jährige zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.

Täter sollen keine Ruhe finden

Bisher müssen sich Mordermittler um ungeklärte Altfälle (so genannte „Cold Cases“) so nebenbei kümmern, wenn Zeit dafür ist. Nun ist aber zur Bearbeitung in Aschaffenburg eine komplett neue Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich ausschließlich um Cold-Case-Fälle kümmert. „Wir möchten, dass die Angehörigen endlich Ruhe finden und die Täter diese Ruhe nie finden“, sagt Kriminaloberrat Markus Schlemmer.

Kontakt zu US-Soldaten

Ramona Böttcher war vor 28 Jahren in der Neu-Ulmer Diskothek „Cheers“, die seinerzeit stark von amerikanischen Soldaten besucht war. Eine Freundin hatte sich kurz vor Mitternacht auf den Heimweg begeben, Ramona war alleine zurückgeblieben. Wahrscheinlich war die 16-Jährige auf dem kurzen Heimweg in ein fremdes Auto gestiegen – bis heute ist nicht klar, was sich zwischen dem 25. Oktober und dem 16. Dezember zugetragen hat, als ihr Leichnam gefunden wurde.

Alte Spuren werden neu überprüft

Zur Todesursache macht die Polizei keine Angaben, das ist Täterwissen. Laut Kripo wird jetzt vielen alten Spuren nachgegangen – auch solchen, die damals als wenig Erfolg versprechend nicht weiterverfolgt worden waren.

Fälle mit Parallelen

Der Fall weist Parallelen zum ebenfalls ungeklärten Mord an der jungen Irin Sharon Harper in Würzburg auf – ebenfalls 1990: Auch die 19-Jährige war viel mit US-Soldaten unterwegs, zum Beispiel in der Würzburger Disko „Green Goose“. Auch sie soll zu einem bis heute Unbekannten ins Auto gestiegen sein. Am nächsten Morgen wurde ihre unbekleidete Leiche weit weg davon, in der Nähe des Tierheimes, in den Büschen gefunden.

In der Nacht zum 17. Juli  1990 wurde die Irin Sharon Harper in Würzburg erstochen.
Foto: Archiv, Fotograf unbekannt | In der Nacht zum 17. Juli 1990 wurde die Irin Sharon Harper in Würzburg erstochen.

Wegen Mordversuch und Mord verurteilt

Wie diese Redaktion aus Ermittlerkreisen erfuhr, geriet ein in Giebelstadt stationierter US-Soldat namens Bryan Tilford Jahre später ins Visier der Ermittler – aus gutem Grund. Erzwungener Sex, auch mit einem drohend gezückten Messer, war ihm vertraut: In Ansbach wurde Tilford 1992 dabei erwischt, wie er nachts eine junge Deutsche bedrohte, die aus der Disko kam. Er hätte sie fast getötet. Wegen versuchten Mordes und Vergewaltigung wurde er verurteilt und kam ins Gefängnis nach Fort Leavenworth. Während er dort in der Zelle saß, konnte ihm ein weiterer Mord mit Vergewaltigung aus dem Jahr 1989 in El Paso nachgewiesen werden.

Drei weitere Verdachtsfälle

Die ähnliche Vorgehensweise machte ihn dann auch in drei Fällen aus dieser Zeit verdächtig, in der Tilford in Unterfranken stationiert war: Beihilfe zum Mord an der US-Soldatin Tammy Ivon in Giebelstadt 1990, der Mord an Sharon Harper in Würzburg und der Mord an Ramona Böttcher.

Verdächtiger im Fall Böttcher

Im Fall Ivon nahm ein Freund von ihm (ebenfalls US-Soldat in Giebelstadt) alle Schuld auf sich. Im Würzburger Fall der ermordeten Sharon Harper laufen Ermittlungen, wie Polizei und Staatsanwaltschaft bestätigten. Und Tilford „stand bereits vor Jahren auf der Liste der Verdächtigen im Fall Böttcher, die unter die Lupe genommen wurden,“ bestätigt ein Ermittler. Damals führte eine grobe Überprüfung zu keinem Ergebnis.

Ob sich bei einer Suche mit verfeinerten Methoden ein Tatverdacht erhärten lässt? „Wir gehen allen lohnenden Spuren nach,“ sagt ein Ermittler.

Wenig Unterstützung

Weglaufen kann Ihnen der Verdächtige nicht: Er sitzt wegen Mordes lebenslänglich hinter Gittern. Allerdings lassen sich die US-Behörden bei der Unterstützung ihrer deutschen Kollegen viel Zeit. 2009 bat die Würzburger Kripo um Amtshilfe, beim Abgleich von DNA-Spuren mit Tilford. Sie würde den verurteilten Mörder auch gerne vernehmen. Aber bis heute haben sie keine Antwort. Die Ermittler haben im vorigen Jahr eine zweite Anfrage nachgeschoben.

Geständnis: Nicht sein erster Fall

Ehemals in Würzburg stationierte US-Soldaten wiesen unsere Redaktion auf eine vielsagende Aussage der Ex-Frau des verurteilten Mörders hin. Sie hatte beim Mordprozess in El Paso 1994 der dortigen Zeitung einen Leserbrief geschrieben. Darin steht: Tilfords Mordversuch samt Vergewaltigung an der jungen Deutschen in Ansbach 1992 sei nicht sein erstes derartiges Verbrechen gewesen. Das habe er ihr selbst gestanden. Ob damit der Mord an Sharon Harper 1990 gemeint ist? Oder der an Ramona Böttcher im gleichen Jahr?

 
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