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Würzburg
Ende einer Schmuck-Ära: "Hofjuwelier Guttenhöfer" schließt
Nach 255 Jahren in der Würzburger Domstraße schließt das Schmuckgeschäft. Der Betrieb blickt auf eine bewegte Geschichte zurück.
Nach 255 Jahren schließt die Inahberin den 'Hofjuwelier Guttenhöfer' – weil sie keinen passenden Nachfolger fand.
Foto: Thomas Obermeier | Nach 255 Jahren schließt die Inahberin den "Hofjuwelier Guttenhöfer" – weil sie keinen passenden Nachfolger fand.
Herbert Kriener
Herbert Kriener
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:05 Uhr

Im Würzburger Einzelhandel geht ein große Ära zu Ende: Das Schmuckgeschäfte "Hofjuwelier Guttenhöfer" in der Domstraße schließt. 255 Jahre lang ist seine Tradition. Kein weiteres Geschäft in der Stadt ist auch nur annähernd so alt geworden, und auch in ganz Deutschland gibt es wohl nur ganz wenige Geschäfte, die auf eine längere Tradition zurückblicken. Die Inhaberin Ingeborg Breitenberger schließt Ende Januar das Fachgeschäft.

"Es war keine leichte Entscheidung", sagt die Geschäftsfrau mit spürbarem Wehmut. Nach 40 Berufsjahren, 30 Jahren davon als Inhaberin des "Hofjuwelier Guttenhöfer", hat sie sich zu diesen Schritt entschieden. Aber letztlich sei ihr keine andere Wahl geblieben.

Inhaberin freut sich auf mehr Zeit für die Familie

Sehr lange Zeit hat sie, wie sie sagt, nach einem Nachfolger gesucht. Doch die Suche scheiterte an den fachlichen und persönlichen Kompetenzen der Bewerber, sagt die Unternehmerin.

Inhaberin Ingeborg Breitenberger (Zweite von rechts) mit ihren Mitarbeiterinnen (von links) Corinna Henneberger, Jutta Schuster, Petra Kießling und Tanja Gerlinger.
Foto: Herbert Kriener | Inhaberin Ingeborg Breitenberger (Zweite von rechts) mit ihren Mitarbeiterinnen (von links) Corinna Henneberger, Jutta Schuster, Petra Kießling und Tanja Gerlinger.

Zu ihrer Entscheidung beigetragen hat auch, dass zwei ihrer besten Mitarbeiterinnen nun in den Ruhestand eintreten. So ist für Ingeborg Breitenberger die Zeit gekommen, sich zu verabschieden und Dinge zu machen, auf die sie sich schon lange sehr freut: mehr Zeit mit ihrem Mann Albert und ihrer Familie verbringen und gemeinsame Interessen pflegen.

Gründer Johann Michael Guttenhöfer kam aus Wien nach Würzburg

Die Geschichte des Hauses begann 1764. Nach seiner Wanderschaft als Geselle war der Junge Wiener Johann Michael Guttenhöfer nach Würzburg gekommen und wurde als Bürger aufgenommen. Er trat in die Werkstatt seines Landsmannes und Schmiedemeisters Christian Wießbauer ein. Noch im gleichen Jahr erhielt er die Meistergerechtigkeit der Würzburger Goldschmiedezunft. 13 Jahre später erwarb er in der Domstraße das Haus "Zum großen braunen Löwen", das bis heute Sitz der Firma Guttenhöfer geblieben ist.

Guttenhöfer avancierte schon bald zu einem der bekanntesten Juweliere und Schmiede seiner Zeit. Reiche Bürger, der Adel und die Domherren, allen voran Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim, gehörten zu seinen Kunden. Nach dem Tod von Johann Michael Guttenhöfer im Jahre 1801 übernahmen erst seine Witwe, 1804 dann sein Sohn Josef das Geschäft.

"Königlich-bayerischer Hofjuwelier" ab 1889

Er und auch die folgenden Guttenhöfer-Generationen mussten zunächst geschäftlich schwierige Zeiten überstehen. Erst mit Stephan Guttenhöfer, der 1871 im Alter von 22 Jahren das Geschäft übernahm, begann wieder ein Aufschwung. Dieser kaufte das Nachbarhaus hinzu und baute sein Sortiment aus. 1889 wurde ihm der Titel eines "königlich-bayerischen Hofjuweliers" verliehen, den auch sein Nachfolger Hans Guttenhöfer führen durfte.

Die Domstraße vor 1945: In der Mitte das Haus des 'Hofjuwelier Guttenhöfer'.
Foto: Würzburger Chronik 1945 | Die Domstraße vor 1945: In der Mitte das Haus des "Hofjuwelier Guttenhöfer".

Beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 brannte das Haus völlig nieder. Ein Jahr später starb Hans Guttenhöfer, und so musste den Wiederaufbau seine Witwe Magdalena alleine tragen. Sie nahm 1959 die Eheleute Werner und Margarete Pschichholz als Teilhaber mit auf. Beide waren qualifizierte Juweliere, die 1945 ihre Heimat und ihr Geschäft in Oberschlesien verloren hatten

Seit 1990 unter der Leitung der "Perlenkönigin"

Ingeborg und Albert Breitenberger im Jahr 2006 mit Herbert Mohr-Mayer von Fabergé (links).
Foto: Obermeier | Ingeborg und Albert Breitenberger im Jahr 2006 mit Herbert Mohr-Mayer von Fabergé (links).

Im September 1990 übernahm schließlich Ingeborg Breitenberger, die davor ein Schmuckgeschäft in Grombühl betrieben hatte, das Traditionshaus. Ihre Leidenschaft für Perlen hat Breitenberger den Ruf "Perlenkönigin von Würzburg" eingebracht.

Die Schmuckexpertin pflegte aber nicht nur die Tradition des Hauses, sondern hatte immer auch die aktuellen Trends im Blick. Nun findet diese Leidenschaft ihren Ausklang. Ende Januar soll das Geschäfts geräumt sein. Es gibt einen Nachmieter, der aber nicht aus der gleichen Branche kommt. 

 
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  • giacomo
    Hurra! Endlich wieder platz für einen Smartphone-Laden traurig So ist das mit dem alten Handwerk. Keiner lernt so etwas. Und wenn doch, dann fehlt der Mut dazu so ein Geschäft zu übernehmen. ...und die Banken tragen wahrscheinlich ihr Scherflein dazu bei, weil sie Jungunternehmern keine Kredite gewähren.
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