
An diesem Samstag findet in Würzburg der erste "Autofreie Tag" statt. Dieser erstreckt sich zwischen 13 und 18 Uhr "nur" auf ein paar hundert Metern auf dem Oberen Mainkai - zwischen dem Abzweig Wirsbergstaße und der Einfahrt zum "Wöhrl"-Parkhaus. Doch die Aktion, die von einem bunten Rahmenprogramm zum Thema begleitet wird, hat Symbolcharakter und soll eine möglichst große Wirkung zeigen: "Uns geht es vor allem um ein Nachdenken über die Mobilität und wie man in der Stadt mit weniger Autos mehr Lebensqualität erreichen kann", sagt Grace Leidnecker. Andere Großstädte verfolgen bereits ähnliche Ziele. So will Frankfurt ab 2019 ein autofreies Mainufertesten. In Paris wurde das Seine-Uferbereits von Blechlawinen befreit.
Leidnecker gehört zur zehn- bis fünfzehnköpfigen Veranstaltergruppe, die keinen speziellen Namen hat. "Wir sind einfach eine parteilose Gruppe von Würzburgern, die die Stadt mitgestalten wollen." Im Internet gibt's dazu die Webseite"würzburg-autofrei.de". Und wie soll die Mitgestaltung für eine noch lebenswertere Stadt aussehen? "Mit diesem Tag wollen wir zeigen, dass es durchaus möglich ist, häufiger und häufig auf das Auto zu verzichten und wollen dazu neue Denkanstöße geben. Für eine alternative Mobilität und zu einer anderen Raumnutzung in der Stadt", sagt Leidnecker.
Dialog statt Konfrontation mit den Autofahrern
Es werden immer mehr Autos: Derzeit sind in Würzburg 62 719 Pkw zugelassen, insgesamt 82 461 Fahrzeuge. Mitte 2016 waren es 80 927 Fahrzeuge. Dabei bräuchte es weniger Autos, damit die Luft in der Stadt besser und der Lärm weniger. Davon, dass weniger Autos auch mehr Freiflächen und Plätze bedeuten und so die Lebensqualität in Würzburg steigen würde, ist Leidnecker überzeugt. Allein die hohe Feinstaubbelastung zwinge zum Umdenken.
Für dieses Ziel will man nicht auf Konfrontation mit den Autofahrern gehen, sondern setzt auf einen Dialog für eine gemeinsame Zukunftsgestaltung. "Wir wollen keine Verbote oder Schranken, sondern setzen darauf, dass die Autofahrer sich mit ihrer Mobilität kritisch auseinandersetzen und auch mal fragen, ob denn jede Fahrt wirklich nötig ist", betont Leidnecker.
Zahlreiche Unterstützer der Aktion
"Es geht darum, wie wir eine autofreiere Zukunft gemeinsam gestalten können. Feinstaubbelastung und Verkehrlärm betreffen doch jeden von uns", erklärt Chaminda Perera. Er hatte schon vor zwei Jahren die Idee zum "autofreien Tag". Als Mitgeschäftsführer eines Fahrradkurier-Unternehmens weiß er, dass sich allein mit dem Einsatz von Lastenrädern Lkw-Fahrten sparen lassen. Perera freut sich, dass er für seine Initiative nicht nur Mitstreiter zur Organisation des "autofreien Tages" gefunden hat, sondern auch zahlreiche Unterstützer der Veranstaltung.
Was unser Autor vom autofreien Tag hält, lesen Sie hier
Dazu zählen unter anderem der Verkehrsclub Deutschland (VCD), der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (adfc), die städtische Agenda 21, das am gleichen Wochenende stattfindende Umsonst & Draußen-Festival, die Würzburger Grünen sowie die Würzburger Versorgungs- und Verkehrsbetriebe (WVV). "Der autofreie Tag ist eine gute Werbung für den öffentlichen Personennahverkehr und ein guter Anlass, das Auto einmal stehen zu lassen", begründet WVV-Sprecher Jürgen Dornberger die Teilnahme am Aktionstag. Die WVV stellt dabei für eine Tombola eine übertragbare Monatskarte sowie mehrere Einzel- und Familientageskarten für den ÖPNV zur Verfügung.
Künftig jährlich einmal autofrei?
Was wird sonst noch geboten zwischen 13 und 18 Uhr am Oberen Mainkai? Verschiedene regionale Künstler wollen die Straße in eine Bühne verwandeln. So gibt's unter anderem Musik von den Schülern von WiMu, der solidarischen Musikschule des Theaters am Neunerplatz. Lastenräder stehen zum Probefahren bereit. Der adfc bietet den Pannenkurs „Flickwerkstatt“. An einer Ideenwand kann sich jeder Besucher einbringen. Für Kinder wird ein eigenes Programm angeboten.
Um 15 Uhr hält Ludwig Kuchinke einen Vortrag über Stadtentwicklung und autofreie Zukunft. Kuchinke ist Experte für Mobilität von "Green City München". Nach seinem Vortrag besteht Gelegenheit zur Diskussion. Leidnecker und Perera hoffen auf eine rege Beteiligung. Das gilt für das ganze "Straßenfest" am Mainkai, weshalb man den Aktionstag auch auf Samstagnachmittag gelegt hat. "Da sind viele Menschen in der Stadt", hofft Leidnecker auf zahlreiche Intertessierte.
Und Chaminda Perera glaubt, dass vom "autofreien Tag" auch eine Signalwirkung auf andere Städte ausgeht. Er möchte den Aktionstag künftig eigentlich jährlich veranstalten, doch der organisatorische Aufwand sei sehr hoch.
Die Stadt bittet derweil um Verständnis für die stundenweise Sperrung des Bereiches am Oberen Mainkai und rät zu einer großräumigen Umfahrung. Das "Wöhrl"-Parkhaus ist während dieser Zeit nur aus in Richtung Alte Mainbrücke zu erreichen.
Nicht nur an die fitten Menschen darf bei einem Umbau der Stadt verkehrstechnisch gedacht werden: vor allem die immer noch sträflich benachteiligten Menschen mit Handicap sind jetzt und wie zu befürchten auch lange noch die Ausgegrenzten. Was allein an lange versprochener, nie gehaltener Barrierefreiheit in Würzburg im Argen liegt, macht es bspw RollifahrerInnen fast unmöglich am sozialen Leben in der Stadt teilzuhaben.
Überall Absatzfallen, nur selten gut und brauchbar abgesenkte Bordsteine, Aufpflasterungen und absurde Rampen, die so steil sind, dass sie zu unüberwindlichen Hindernissen werden, Ampelschaltungen ohne dass Gehbehinderte nicht ihr Leben riskieren müssen, nur um Straßen zu queren. Ungeduldige aggressive Busfahrer, denen die Fahrpläne wichtiger sind, als die Zeit zu opfern die Behinderte, oder Kinderwagenführer eben brauchen.
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Eine lange Liste.