Den Tod der Hündin Sheila werden viele Hundeliebhaber nicht so schnell vergessen. Die 14-jährige Alexa (Name von der Redaktion geändert), ihre neunjährige Nichte und ihr sechsjähriger Neffe führten zusammen ihren kleinen Hund, einen Sheltie, Gassi. Am Rand eines Spielplatzes in Schwebheim rannten plötzlich drei russische Windhunde auf sie zu und griffen Sheila an. Der Besitzer hatte seine drei Hunde an der langen Leine. Zwei der Hündinnen konnte er zurückhalten, aber die Dritte hatte den Sheltie schon gefasst. Der Biss war tödlich.
Wie sollte man sich in einer solchen Situation verhalten? Gabriele Störmer ist Verhaltenstherapeutin für Hunde und leitet mit Karlheinz Czerr die mobile Hundeschule „Pfotenteam“ in Stadtprozelten (Lkr. Miltenberg) mit Zweigstellen in Würzburg und Tauberbischofsheim.
Frage: Wieso griffen die Windhunde plötzlich den Sheltie an?
GABRIELE STÖRMER: Wenn man es gesehen hätte, könnte man genauer sagen, was der Auslöser war. Viele verschiedene Faktoren können so ein Fehlverhalten auslösen. Deswegen sollte man seinen Hund so führen, dass man ihn jederzeit unter Kontrolle hat. Ich denke, dass der Sheltie „seine“ Kinder beschützen wollte. Kinder sind dem Hund untergeordnet. Oft fühlen sich Hunde mit Kindern an der Seite recht mächtig und wollen diese dann beschützen. Das zeigen sie beispielsweise durch Bellen oder einen steil aufgestellten Schwanz.
Spielt die Größe der Hunde eine Rolle?

STÖRMER: Das hat gar nichts mit der Größe zu tun. Die Hunde können nicht in den Spiegel schauen und wissen nicht wie groß sie sind. Wenn die Hunde in der Familie alles dürfen, keine Regeln und Grenzen haben, fühlen sie sich dem Menschen gleichgestellt. Dann legen sie sich durchaus auch mit größeren Hunden an.
Hätte man den Vorfall verhindern können?
STÖRMER: Man muss immer gewissenhaft mit seinem Hund umgehen, auch wenn man ihn an der Leine führt. Wenn man sieht, es kommt jemand entgegen, dann gebe ich ihm nicht die gesamte Leine oder Schleppleine zur Verfügung. In der Regel kennt man seine Hunde und weiß auch, wie diese reagieren.
Wie verhält man sich als Hundebesitzer grundsätzlich, wenn plötzlich ein Hund auf einen zu gerannt kommt?
STÖRMER: Man nimmt seinen Hund hinter sich, macht sich groß und selbstbewusst, zeigt keine Angst und geht ein bis zwei Schritte auf den heranrennenden Hund zu. Mit einer energischen Handbewegung in die andere Richtung versucht man ihn wegzuschicken. In der Regel funktioniert das. Wichtig ist dabei, keinen Blickkontakt herzustellen. Wenn man dem fremden Hund in die Augen sieht, besteht immer die Gefahr des Fixierens und das würde der fremde Hund sehr wahrscheinlich als Angriff deuten. Dann hat man keine Chance mehr.
Wie sollte man sich als Spaziergänger in der gleichen Situation verhalten?
STÖRMER: Hier sollte man den Hund gar nicht beachten. Wenn man Angst zeigt, greifen manche Hunde tatsächlich an. Andere wiederum springen einen dann von vorne an und wollen damit oftmals nur zeigen, dass die Angst unbegründet ist. Je nach Hund ist das unterschiedlich. Das kommt darauf an, welchen Charakter der Hund hat. Wenn man sie ignoriert, dann passiert in der Regel nichts.
Wie sollte man auf eine Beißerei zwischen Hunden reagieren?
STÖRMER: Da kann man wenig tun. In diesem Fall geht immer die Eigensicherung vor. Wenn man da eingreift, besteht immer die Gefahr, dass man selbst, sogar vom eigenen Hund, gebissen wird.
Hilft die Hundeschule, einen aggressiv auffälligen Hund in den Griff zu bekommen?
STÖRMER: Ja natürlich, das ist eine Erziehungssache. Wenn die Hunde aggressiv sind, muss zuerst herausgefunden werden, um welche Aggression es sich handelt. Wenn Hunde zum Beispiel zu dominant sind oder zu wenig Schlaf bekommen, können sie aufgrund des ständig erhöhten Erregungszustandes auffällig werden. Viele Hundebesitzer meinen oft, sie müssten ihre Hunde ständig auspowern oder beschäftigen, was aber nicht stimmt. Ein Hund braucht am Tag je nach Rasse im Durchschnitt 18 bis 20 Stunden Schlaf.
Suchen Hundebesitzer regelmäßig bei Ihnen Rat bezüglich dem aggressiven Verhalten ihres Hundes?

STÖRMER: Wenn wir geholt werden, gibt es immer irgendwo ein größeres Problem. Meistens ist es eine Artgenossen-Aggression. Die Hunde wollen ihre Halter vor fremden Hunden beschützen. Wenn man zu viele Fehler macht, kann sich das in einem negativen Verhalten widerspiegeln. Es sind meist Kleinigkeiten, die in der Erziehung falsch gemacht werden. Wenn Hunde zum Beispiel mit im Bett schlafen dürfen oder wenn sie vom Tisch gefüttert werden, fühlen sie sich oft dem Menschen gleichberechtigt. Die Hunde folgen dann nicht mehr. Das kann unter anderem ein aggressives Verhalten auslösen.
Bräuchten Hundebesitzer einen Hundeführerschein?
STÖRMER: Das wäre sinnvoll, weil man da das Grundwissen und die Hundekörpersprache lernt. Man lernt, den eigenen Hund besser zu verstehen. Daran mangelt es leider oft. Viele denken zum Beispiel, wenn der Schwanz wedelt, dann freut sich der Hund. Das ist aber falsch. Der Hund ist lediglich aufgeregt. Und eine positive Aufregung kann ganz schnell in eine negative Aufregung umschlagen.
In Niedersachsen und in Berlin besteht bereits die Pflicht, den Hundeführerschein zu absolvieren. Was halten Sie von einer Hundeführerschein-Pflicht?
STÖRMER: Eine Hundeführerschein-Pflicht würde sehr wahrscheinlich helfen, dass Hundebesitzer solche Situationen besser einschätzen können. Für Ersthundehalter sollte es auf jeden Fall Pflicht sein. Das würde ich unterstützen, weil da besonders die Erfahrung fehlt.
Folgen damals: Der Hundebesitzer hat sich bei meinem Vater bedankt und war froh, dass das Mädchen keine schlimme Verletzungen erlitten hat.
Folgen heute?
Die Grossen haben ihn angegriffen. Die Grossen waren nicht abrufbar. Das Herrchen der Grossen konnte seine Hunde nicht halten!
Schleppleinen sind Übungsleinen, keine Ausführleinen! Die Unsitte Flexi gehört genauso dazu.
Ein Hundeführerschein ist wichtig, da hat die Frau vom Pfotenteam recht. Viel wichtiger aber wäre konsequentes durchsetzen dass jemand seine Hunde körperlich halten kann. Und Leinenpflicht. Immer. Überall. Freilauf lediglich in eigens dafür ausgewiesenen, eingezäunten Hundezonen wo man selbst entscheidet ob man seinen Hund dem aussetzt was sich bereits auf dem Gelände befindet oder lieber nicht. Oder Freilauf im eigenen, ausbruchsicheren, Garten. Das würde so manches Leid diverser "der tut nix, oh nun hat er doch etwas getan" ersparen und viele Hundeleben retten!