
Die Pizza-Leidenschaft von Christian Philipp aus Gerbrunn begann schon ganz früh: "Ich hab schon als Kind im Italien-Urlaub jeden Handgriff der Pizzabäcker ganz genau beobachtet. Das fasziniert mich schon immer", sagt der heute 53-Jährige. Er steht in seiner Küche in Gerbrunn. Vor sich hat er kleine Edelstahlbehälter mit verschiedenen Saucen, Gemüse und feinster Salami, hinter ihm steht ein kleinformatiger Profi-Gastro-Ofen mit Steinplatte, der knapp 500 Grad warm wird. Eine große Knetmaschine thront auf der Arbeitsplatte, daneben liegen Ofenschieber, Infrarot-Thermometer und eine Pizzaschere bereit.
Christian Philipp ist nicht einfach irgendein Hobby-Pizzabäcker - er ist in der deutschen Pizza-Nationalmannschaft. Im März belegte er bei der Deutschen Meisterschaft der Pizzabäcker in Hamburg den dritten Platz und anschließend den vierten beim europaweiten Wettbewerb. Seine Gewinner-Pizza bestand aus einem 62 Stunden lang geführter Teig mit einem Belag von weißer und schwarzer Trüffelsauce, Birnen in Prosciutto-Mantel und italienischem Taleggio-Käse.
Begonnen hat alles 2018. Da hat er ein Seminar bei Pizza-Koryphäe Umberto Napolitano besucht. Ein Jahr später gründete er Deutschlands größte Hobby-Pizza-Community auf Facebook und Napolitano bat ihn in die Nationalmannschaft. Seitdem ist der Maschinen- und Anlagenfahrer in seiner Freizeit Food-Blogger und Pizza-Influencer, gibt Anfängern online Tipps und backt sich bei Wettbewerben an die Spitze der europäischen Pizza-Gilde.
"Mindestens einmal die Woche gibt es bei uns Pizza", sagt Christian Philipp. "Das reicht auch", kontert seine Frau Julia lachend. Sie isst gerne Pizza - "aber es muss zwischenrein auch mal was anderes geben." Drei Pizzaöfen hat Christian Philipp: den Gastro-Ofen in der Küche, einen Gasofen auf dem Balkon und einen Holzbackofen im Garten. Dort kann er bis zu 20 Leute mit frischer, knuspriger Pizza versorgen. Den Freundeskreis des Ehepaar freuts: "Es sind eigentlich alle scharf auf gute Pizza. Wir haben ständig Freunde da zum Pizzaessen. Als während Corona alles dicht war, hab ich unseren Bekannten auch die Pizza nach Hause gebracht."
Immer wieder erreicht Christian Philipp auch über seine Social Media-Kanäle die Frage, wie man es ohne Profi-Ofen und speziellem Equipment schafft, zu Hause eine richtig gute Pizza zu machen. Dafür hat er einige Tipps:
1. Der Teig: Wenig Hefe und viel Geduld sind gefragt

Zu viel Hefe verdirbt Geschmack und Konsistenz. Christian Philipp setzt deshalb lieber auf eine lange Teigführung - dann braucht es kaum Triebmittel. "Mit der Zeit findet jeder seine perfekte Zusammensetzung. Anfängern rate ich, eine App zu nutzen, um genau auszurechnen, wie viel von welcher Zutat gebraucht wird und wie lange der Teig ruhen muss." Philipp empfiehlt die "PizzaApp+", die es für alle gängigen Smartphones kostenlos gibt.
Wenn der heimische Ofen nur die herkömmlichen 275 Grad heiß wird, hat Christian Philipp einen weiteren Tipp: "Durch eine hohe Hydration, also viel Wasser im Teig, bekommt man da ein besseres Ergebnis." Ein Beispiel: Auf ein Kilo Mehl kommen 800 Milliliter Wasser, ein halbes Gramm Hefe und 30 Gramm Salz. Dieser Teig muss dann geknetet werden und anschließend zugedeckt bei 22 Grad Raumtemperatur 24 Stunden ruhen.
2. Die Handhabung: Achtung! Bloß nicht ausrollen!

Bei einem Kilo Mehl bekommt man sieben Teiglinge à 270 Gramm. Und was passiert mit denen? "Den Teig bloß nicht ausrollen, das ist der größte Fehler", warnt Christian Philipp. Stattdessen benetzt er seine Arbeitsplatte mit Hartweizengries - "das gibt den besonderen Crunsh" und formt mit seinen Fingern behutsam eine Mulde in der Mitte des Teiglings, die er immer weiter ausweitet. Zuletzt wird die Pizza über der Hand sanft gezogen und in Form gebracht. Der leicht gewölbte Rand darf dabei nicht berührt werden, er verliert sonst seine Luftigkeit und geht im Ofen nicht mehr auf. Übrigens: "Man braucht keine Angst haben, dass der Teig zu mehlig wird, wenn man zu viel Hartweizengries oder Mehl beim Formen benutzt. Der Teig nimmt nur so viel auf, wie er braucht, man kann also ruhig etwas mehr nehmen."
3. Der Belag: Je besser die Zutaten, umso besser der Geschmack

Jedes Jahr fährt Christian Philipp mindestens einmal nach Italien. Auf der Rückfahrt ist im Auto kaum noch Platz für Frau Julia und Sohn Nevio: "Ich kaufe da ein wie verrückt", sagt Christian Philipp lachend. Feinste Salami, Schinken und der besonders cremige Büffelmozarella kommen dann beispielweise mit. Letzterer lässt sich sogar einfrieren. Für die Tomatensauce rät er zu San-Marzano-Tomaten, die Sauce soll schön einreduziert werden. Mittlerweile baut der Pizza-Profi die Tomatensorte in seinem eigenen Gewächshaus im Garten an und kocht seine Pizzasauce selbst ein. "Es gibt San-Marzano-Tomaten aber auch in gut sortierten Supermärkten in der Konserve, das reicht völlig", sagt er.
Einen Tipp für einen besonderen Blickfang auf der Pizza hat er noch: "Man kann auch mal probieren, eine Sauce aus gelben Tomaten zu kochen. Fürs Auge ist das eine schöne Abwechslung."
4. Der Ofen: Heiß, heißer, Pizzastahl!

Wenn es ans Backen geht, zählt nur eines: Heiß muss es sein, so heiß wie irgendwie möglich. Christian Philipps Profi-Ofen bringt es auf knapp 500 Grad, das ist mit einem Haushaltsgerät natürlich nicht zu erreichen. Aber: Auch dann gibt es Möglichkeiten, trotzdem eine ziemlich gute Pizza zu backen. "Man sollte den Ofen richtig lange aus der allerhöchsten Stufe vorheizen", rät der Profi. Dabei sollte das Blech auf der oberste Stufe im Ofen hängen. "Noch besser ist es, das Blech umzudrehen und so in die Aufhängung zu schieben, dass die Blechmulde, die eigentlich nach unten weist, nach oben Richtung Heizstäbe zeigt."
Auf das Blech kommt dann noch ein Pizzastein oder besser noch: ein sogenannter Pizzastahl. Die dünne Stahlplatte nimmt beim Vorheizen noch mal richtig viel Hitze auf und sorgt dafür, dass die Pizza richtig gut aufgeht. Dann wird die Pizza - am besten mit einem Schieber - in den Ofen befördert. Fünf bis sechs Minuten dürfte es ungefähr dauern, bis sie fertig ist. "Man sollte vor dem Ofen bleiben und genau beobachten, wann die Pizza fertig ist. Sie verbrennt sehr schnell", sagt Christian Philipp.
5. Das Aufschneiden: Jetzt nicht noch einen Fehler machen!

Was es jetzt noch zu beachten gibt? "Mit einem herkömmlichen Pizzaschneider drückt man den dann hoffentlich schön luftigen Rand schnell wieder platt", warnt Christian Philipp. Viel besser lässt sich eine Pizza mit der Schere zerteilen. Pizzascheren haben einen Knick, der das Schneiden auf dem Teller erleichtert. Eine Haushaltsschere tut es hier aber auch.