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Würzburg
Dritte Impfung oder einfach Test? Wie viele Antikörper man gegen Corona braucht
Selbst mit einem Antikörpertest schauen, wie gut man noch gegen das Virus geschützt ist? Abgeordnete fordern bereits kostenlose Tests. Virologe Lars Dölken ist skeptisch.
Wie lange hält der Impfschutz gegen Corona und wer braucht eine dritte Impfung? Die Politik erhofft durch Antikörpertests mehr Klarheit - doch Experten bleiben skeptisch. 
Foto: Sebastian Gollnow, dpa | Wie lange hält der Impfschutz gegen Corona und wer braucht eine dritte Impfung? Die Politik erhofft durch Antikörpertests mehr Klarheit - doch Experten bleiben skeptisch. 
Henry Stern
 und  Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:55 Uhr

Sie sind wie eine winzige Verteidigungsarmee: Antikörper werden vom Immunsystem gebildet, um Viren wie Sars-CoV-2 zu bekämpfen. Aber wie viele davon braucht man, um vor einer Infektion geschützt zu sein? Und wann ist eine Auffrischungsimpfung nötig? Dazu gibt es bislang kaum wissenschaftliche Daten, sagt der Würzburger Virologe Prof. Lars Dölken. Viele Menschen aber wünschen sich einen Kontrollwert zur Überprüfung ihres Impfschutzes. Könnten massenhafte Antikörpertests dabei helfen?

Kostenlose Antikörpertests - was ist der Stand in Bayern? 

Im Landtag haben jetzt CSU, Freie Wähler, SPD und Grüne vom Bund kostenfreie Antikörpertests vor allem für Corona-Genesene eingefordert: Solche Tests könnten "dazu geeignet sein, den Zeitpunkt festzulegen, wann wieder eine Auffrischung notwendig wird, um individualisiert vor schweren Corona-Verläufen zu schützen", sagt etwa CSU-Landtagsabgeordneter Marcel Huber. Auch bessere wissenschaftliche Studien dazu seien nötig.

Aktuell muss sich ein Corona-Genesener sechs Monate nach dem positiven PCR-Test impfen oder regelmäßig testen lassen, um die 3G-Vorgaben zu erfüllen. Diese "schematische Regelung" werde der unterschiedlichen Immunantwort aber nicht gerecht, findet Huber. Alle Bürger sollten deshalb die Möglichkeit zu kostenfreien Antikörpertests haben: "Damit wollen wir verhindern, dass Personen mit geringem Antikörperwert zu spät geimpft werden."

Gibt es einen Antikörper-Grenzwert für sicheren Corona-Schutz?

Der Würzburger Professor Dölken bleibt skeptisch: Die Menge an gemessenen Antikörpern, der sogenannte Titer, schwanke bei Geimpften stark, sagt der Virologe. Einen exakten Grenzwert, ab wann kein Schutz gegen Corona mehr vorhanden ist, gebe es nicht: "Ein niedriger Titer bei einem 20-Jährigen heißt wahrscheinlich gar nichts, er wird nicht an Covid sterben", erklärt Dölken. "Bei Personen über 70 Jahren hingegen ist das Risiko viel höher, dass sie bei geringer Antikörper-Menge schwer erkranken."

Hinzu kommt: Die Verteidigungsarmee des Körpers besteht nicht nur aus Antikörpern, sondern auch aus virusspezifischen T-Zellen. "Es gibt Menschen, die auf die Impfung zwar nur niedrige Antikörper-Mengen, aber viele T-Zellen gegen Sars-CoV-2 gebildet haben", sagt Dölken. Deshalb könne man aus der Zahl der Antikörper allein keine direkte Schlussfolgerung über die Stärke des Covid-Schutzes ziehen. Jedoch gelte: Mehr Antikörper im Blut sind besser als wenige. Deshalb hält es der Virologe für "sinnvoll, bei Personen mit Antikörper-Mengen in den untersten fünf bis zehn Prozent über Auffrischimpfungen zu sprechen".

Haben Genesene mehr Antikörper als Geimpfte?

Bilden Genesene oder Geimpfte mehr Antikörper? Bei einer natürlichen Infektion werden Immunzellen dorthin geschickt, wo sich das Virus einnistet, sagt Dölken – bei Sars-CoV-2 also in den Nasen-, Rachen- und Lungenbereich. Deshalb hätten Genesene "wahrscheinlich weniger Immunantwort im gesamten Körper", so der Virologe. "Aber sie haben sie dort, wo sie gebraucht wird".

Ist skeptisch, was die Aussagekraft von Antikörpertests bezüglich des Schutzes vor einer Corona-Infektion betrifft: der Würzburger Virologe Prof. Lars Dölken.
Foto: Daniel Peter | Ist skeptisch, was die Aussagekraft von Antikörpertests bezüglich des Schutzes vor einer Corona-Infektion betrifft: der Würzburger Virologe Prof. Lars Dölken.

Doch gleich ob genesen oder geimpft: Generell würden die höchsten Antikörper-Werte nach etwa vier Wochen erreicht, sagt Dölken. Danach fallen sie langsam ab. Ab welchem Wert aber wird es kritisch? Wann ist eine "Booster-Impfung" nötig?

"Wir müssen hier aktuell keine Angst haben", beruhigt Dölken. Derzeit würden fast ausschließlich bei sehr alten Menschen trotz vollständiger Impfung schwere Infektionen auftreten. Bei ihnen habe der Impfschutz offensichtlich nachgelassen. Aus Sicht des Virologen werden deshalb vermutlich vor allem ältere Menschen ab 60 Jahren im diesem Winter noch eine Drittimpfung brauchen. Wichtig aber sei, sagt Dölken, mindestens sechs Monate Abstand zur zweiten Impfung einzuhalten.

Warum sollte eine dritte Impfung nicht zu früh erfolgen?

Bei allen Impfstoffen kommt es zuerst zu einer Grundimmunisierung, erklärt Dölken. Diese sei durch die ersten beiden Impfungen erreicht. "Mit der Zeit wird dann unser Immunsystem vergesslich. Wenn man es aber sechs bis zwölf Monate später mit einer Auffrischung noch mal erinnert, dann merkt es sich den Krankheitserreger für viele Jahre." 

Warum kann nicht jeder einfach einen Antikörpertest machen?

Kann nicht einfach jeder, der Sorge vor einem zu niedrigen Schutz hat, einen Antikörper-Test machen? Grundsätzlich ja, sagt Dölken. Der Test koste nur wenige Euro. Schwierig sei, was das Ergebnis wirklich aussagt und was daraus folgt:  "Wir wissen noch nicht, wie hoch das Risiko von Drittimpfungen ist und ob sie wirklich jetzt schon notwendig sind", sagt der Würzburger Lehrstuhlinhaber. Offen sei zudem, ob mRNA-Impfstoffe bei zu häufigem Impfen ihre Wirkung verlieren: "Sich ohne Notwendigkeit ein dritte, vierte oder fünfte Dosis spritzen zu lassen, lohnt sich also nicht."

 
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