Wieder möchte ich meinen kleinen Tagebuch-Bericht mit einem Blick auf die Zahlen beginnen. Am Mittwoch konnten wir einen Patienten entlassen. Am Donnerstag sind wir mit zehn Corona-Patienten, die in Quarantäne isoliert werden, in den Tag gegangen. Zwei Patienten werden intensivstätionär versorgt. Es muss jedoch niemand beatmet werden. Für heute wurden noch zwei Patienten als Neuzugänge angekündigt. Ein Patient ist bereits bestätigt positiv auf das Coronavirus getestet worden.
Gerade komme ich aus der Krisenstab-Sitzung. Wir haben unter anderem beschlossen, dass wir zugunsten der Patientenversorgung eine Umschichtung beim Pflegepersonal vornehmen, weil die Kolleginnen und Kollegen sehr gefordert sind. Diesen Eindruck hatte ich auch bei einem Rundgang am Mittwochabend, als ich um halb acht Uhr nochmal über die Station gegangen bin. Ich habe in sehr müde und erschöpfte Augen geschaut. Deshalb haben wir heute die Änderung der Personalzuordnung vorgenommen, um das Personal zu entlasten.
Das ist allerdings ohnehin Teil unseres bereits bestehenden Corona-Ablaufplans, den wir im Frühjahr erstellt haben. Er wird immer auf die aktuelle Situation angepasst. Momentan ist der Intensivbereich gut machbar. Deshalb haben wir den Fokus auf den nicht-intensivstationären Bereich gelegt. Dort haben wir viele Patienten, die zwar nicht mit dem Coronavirus infiziert, aber aufgrund ihrer Begleiterkrankungen sehr hilfsbedürftig und pflegeaufwändig sind. Mit einer Anpassung und Umschichtung versuchen wir, das Pflegepersonal, das nach wie vor höchst motiviert ist, nicht alleine zu lassen. Denn auch bei der Sieben-Uhr- Visite am Donnerstagmorgen habe ich bemerkt, dass das Personal wirklich sehr gefordert ist.
Mein Highlight des Tages: Ich habe mit der Mutter einer Trisomie-21-Patienten telefoniert, also einer Patientin mit Down Syndrom. Sie hat einen schweren angeborenen Herzfehler und dadurch als Folge eine schwere pulmonal arterielle Hypertonie. Das heißt, sie hat sowohl in der Vorhof-Scheidwand als auch in Kammer-Scheidewand des Herzens ein Loch. Sie ist also eine Hochrisiko-Patientin. Normalerweise wird sie bei uns in der Lungenhochdruck-Ambulanz behandelt- und war nun aufgrund einer Coronavirus-Infektion bei uns auch stationär. Das ist eine höchst gefährliche Situation. Wir konnten diese Patienten entlassen. Und beim Nachgespräch mit der Mutter habe ich gehört: Ihr geht es gut. Das freut mich wirklich sehr.
Dr. Matthias Held (50) ist Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Dort ist der Lungenspezialist auch für die Behandlung von Covid-19-Patienten zuständig. Per Tagebuch gibt er in den nächsten Wochen täglich Einblicke in den Klinikalltag unter: www.mainpost.de/corona-tagebuch