Veitshöchheim war 2012 die erste und bisher einzige Gemeinde im Landkreis Würzburg, die freiwillig die doppelte Buchführung, auch Doppik genannt, einführte. Dieses System besteht aus drei Teilen: der Bilanz, die das Vermögen und den Ressourcenverbrauch zeigt, der Ergebnisrechnung, die den Gewinn oder Verlust darstellt, und der Finanzrechnung, die den Geldfluss (Cash Flow) aufzeigt. Auch nach zwölf Jahren stellt dieses System die Gemeindeverwaltung noch vor große Herausforderungen. Dies wurde besonders deutlich in einer Gemeinderatssitzung am Dienstag, 9. April 2024, in der alle 19 Punkte auf der Tagesordnung mit den Finanzen der Gemeinde zu tun hatten.
Die Gemeinderatsmitglieder taten sich schwer, die kurz vorher erhaltenen 892 Seiten an Unterlagen zu verstehen. Wegen Fehlern in der Vermögensbuchführung musste das Gremium die Entlastungsbeschlüsse von 2021 und 2022 für vorangegangene Jahresabschlüsse noch mal beschließen. Auch der Abschluss für das Jahr 2020 wurde erst jetzt, fast drei Jahre zu spät, genehmigt.
Die Versäumnisse festgestellt hatte der Bayerische Kommunale Prüfungsverband (BKPV) in München. Der BKPV fand Fehler in den Jahresabschlüssen von 2017 bis 2019. Davor hatte der BKPV die Gemeinde nur einmal für die Abschlüsse von 2012 bis 2016 überprüft, nachdem sie auf das Doppik-System umgestellt hatte.
Es fehlten noch Positionen in den Jahresabschlüssen für 2019 und 2020
Bei der zweiten Überprüfung gab es besonders Probleme mit der Fortschreibung der Vermögensbuchführung, weil es seit 2019 Personalprobleme in der Kämmerei gab. Diese Fortschreibungen fehlten nun in den Jahresabschlüssen für 2019 und 2020. Deshalb waren die vom örtlichen Rechnungsprüfungsausschuss empfohlenen und vom Gemeinderat beschlossenen Entlastungen der Verwaltung für diese Jahre rechtlich nicht rechtskonform.
In der Sitzung am letzten Dienstag wurden diese Versäumnisse nun nachgeholt beziehungsweise ausgebessert und die Beschlüsse erneut gefasst. Mit dreijähriger Verspätung konnte dem Gemeinderat auch erst jetzt der Jahresabschluss für 2020 vorgelegt werden. Dies begründete der Bürgermeister mit personellen Ausfällen in der Kämmerei in den letzten Jahren. Da niemand in der Kämmerei die schwierige Vermögensbuchführung zusätzlich übernehmen konnte, habe man mehrere Haushaltsjahre nicht abschließen können.
Erst am 1. Juli 2022 habe er dann ersatzweise eine neue Mitarbeiterin gewinnen können, die seitdem die Rückstände in der Vermögensbuchführung und weitere Rückstände dieser Stelle aufarbeitet. Der BKPV hatte weiter bemängelt, dass im Berichtszeitraum keine Inventur durchgeführt wurde und die Gemeinde bislang auch nicht ihrer Verpflichtung nachkam, ab dem Haushaltsjahr 2017 einen konsolidierten Jahresabschluss für alle Haushalte der Gemeinde in einer Bilanz aufzustellen.
Veitshöchheim kann sich über gute Bonität freuen
Der nun vom Gemeinderat festgestellte neunte doppische Jahresabschluss für das Haushaltsjahr 2020 schließt mit einem Jahresgewinn von 3,35 Mio. Euro ab, der der Ergebnisrücklage zugeführt wird. Bei einer Bilanzsumme von 96,8 Mio. Euro mit einem Eigenkapital von 73,3 Mio. Euro hat die Gemeinde aufgrund der hohen Eigenkapitalquote von 75,8 Prozent eine sehr gute Bonität. Bei ordentlichen Erträgen von 26,8 Mio. Euro ist die Gemeinde mit 13,14 Mio. Steuererträgen und einer Steuerquote von 49,05 Prozent relativ unabhängig von Erträgen aus staatlichen Zuwendungen.
Von den ordentlichen Aufwendungen von 23,4 Mio. Euro entfielen 5,09 Mio. Euro auf den Personalaufwand. Die Personalaufwandsquote von 21,76 Prozent oder 525 Euro pro Einwohner liegt im Durchschnitt der vergleichbaren Kommunen in Bayern.
Aufgrund der Prüfungserinnerungen des BKPV sollen die Benutzungsgebühren der Friedhöfe neukalkuliert und dabei ein angemessener Kostendeckungsgrad angestrebt werden, die Änderungssatzung soll im Herbst 2024 in Kraft treten. Nicht mehr so großzügig gehandhabt wird künftig der Verrechnung der Kosten bei Feuerwehreinsätzen.
Bezüglich der Kitas in der Gemeinde beschloss der Gemeinderat, wie vom BKPV empfohlen, mit allen BayKiBiG-Einrichtungen eine Defizitvereinbarung abzuschließen und sich darin umfangreiche Mitwirkungsrechte beim Betrieb vorzubehalten. Dazu soll mit allen Trägern und Kita-Leitungen im Mai 2024 ein runder Tisch stattfinden.
Die noch nicht behandelten Textziffern über Zulagen im Personalwesen und dem Kalkulationszeitraum bei der Wasserversorgung und der Entwässerungseinrichtung werden nach Vorliegen der Stellungnahmen der Verwaltung noch zu einem späteren Zeitpunkt behandelt.