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Ochsenfurt
Die Zuckerrübenkampagne in Ochsenfurt geht zu Ende: Ein ertragreiches Jahr trotz neuer Herausforderungen
Die Ausbreitung von SBR und Stolbur bereitet den Zuckerrübenbauern weiterhin Kopfzerbrechen. Doch der Schaden ist geringer als ursprünglich befürchtet.
Voraussichtlich noch bis zum 23. Januar steht die Dampfsäule über der Ochsenfurter Zuckerfabrik.
Foto: Gerhard Meißner | Voraussichtlich noch bis zum 23. Januar steht die Dampfsäule über der Ochsenfurter Zuckerfabrik.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 17.01.2025 02:35 Uhr

Es war ein ertragreiches Zuckerrübenjahr. So viel lässt sich zwei Wochen vor dem geplanten Ende der Verarbeitung in der Ochsenfurter Zuckerfabrik bereits sagen. Dennoch will bei den rund 2700 fränkischen Zuckerrübenbauern keine rechte Freude aufkommen. Der Grund sind neue Rübenkrankheiten, die sich im vergangenen Jahr weiter ausgebreitet haben. Die Folge ist ein durchschnittlicher Zuckergehalt im fränkischen Anbaugebiet von 16,0 Prozent – 1,8 Punkte weniger als im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre.

Welche Krankheiten haben den Zuckerrüben zu schaffen gemacht?

SBR und Stolbur heißen die beiden Krankheiten, die den fränkischen Rübenbauern seit wenigen Jahren zu schaffen machen. Im vergangenen Jahr traten sie vornehmlich im südlichen Teil des Anbaugebiets auf. 2024 haben sie sich auch nördlich einer gedachten Linie entlang der Autobahn A 3 ausgebreitet, sagt Simon Vogel von der Rübenabteilung des Ochsenfurter Südzucker-Werks. Übertragen werden beide Erreger von der Schilf-Glasflügelzikade, einem wenige Millimeter großen Insekt, das im Frühsommer die Rüben ansticht und ihre Eier ablegt. Die bereits infizierten Larven überwintern im Boden. Aufgrund der feuchten Witterung konnte sich in diesem Jahr zusätzlich die Cercospora stark ausbreiten. In den bereits geschwächten Beständen hatte die Pilzerkrankung leichtes Spiel. 

Schon Anfang Oktober boten viele Zuckerrübenfelder, wie hier bei Röttingen, infolge des Cercospora-Befalls ein trostloses Bild. Die Rüben hatten zu dem Zeitpunkt aber bereits eine stattliche Größe erreicht.
Foto: Gerhard Meißner | Schon Anfang Oktober boten viele Zuckerrübenfelder, wie hier bei Röttingen, infolge des Cercospora-Befalls ein trostloses Bild. Die Rüben hatten zu dem Zeitpunkt aber bereits eine stattliche Größe erreicht.

Welche Folgen haben die Krankheiten für die Rüben?

Stolbur und SBR führen dazu, dass die Rüben weniger Zucker einlagern können. Sonnige Herbsttage können deshalb kaum nach dazu beitragen, den Zuckergehalt zu steigern. Durch den Cercospora-Pilz  verfärben sich die Blätter zunächst braun und sterben schließlich ab. Die Rübe wehrt sich dagegen, indem sie neue Blätter nachtreibt. Das jedoch entzieht ihr zusätzlich Energie in Form des bereits eingelagerten Zuckers.

Wie hoch ist der Hektarertrag?

"Vom Ertrag waren wir echt überrascht", sagt Christoph Ott, seit vergangenem Herbst Geschäftsführer des Anbauerverbands VFZ. Grund dafür ist der Vegetationsvorsprung vor Ausbreitung von Stolbur und SBR. Der durchschnittliche Hektarertrag von 83 Tonnen liegt rund zwölf Punkte über dem fünfjährigen Schnitt. Allerdings fallen die Erträge regional unterschiedlich aus. Als besonders ertragreich gelten der Ochsenfurter Gau und die Hochfläche nordöstlich von Würzburg. Berücksichtigt man den um gut zehn Prozent geringeren Zuckergehalt, ergibt sich beim Zuckerertrag je Hektar noch immer ein Plus von rund fünf Prozent zum Durchschnitt.

Was wird gegen die neuen Rübenkrankheiten unternommen?

Die Suche nach wirksamen Gegenmitteln ist in vollem Gange. In vier Modellregionen, eine davon in Gelchsheim, wurden verschiedene Anbau- und Pflanzenschutzvarianten erprobt. Als vielversprechend gilt der Verzicht auf die übliche Nachsaat von Winterweizen nach Zuckerrüben, sagt VFZ-Geschäftsführer Christoph Ott. Die Wurzeln des jungen Weizens dienen den Larven der Zikade im Winter als Nahrung. Durch eine Winterbrache wolle man versuchen, die Larven regelrecht auszuhungern. "Das kann aber nur ein Baustein von vielen sein", sagt Ott. So hätten beispielsweise Insektizide Wirkung gezeigt, die bislang nur zur Bekämpfung von Läusen zugelassen sind. Das bayerische Landwirtschaftsministerium hat das Forschungsprojekt im vergangenen Jahr mit insgesamt 1,9 Millionen Euro unterstützt. Bei einem Treffen im November sagte Ministerin Michaela Kaniber auch für das laufende Jahr Unterstützung zu. Langfristig hofft Ott auf die Züchtung resistenter Sorten, aber: "Züchtung ist ein langwieriger Prozess."

Werkleiter Matthias Schüttenhelm am Leitstand, von dem aus Alexander Arf sämtliche Anlagen von der Entladung bis zur Extraktion der Rüben im Blick hat. 
Foto: Gerhard Meißner | Werkleiter Matthias Schüttenhelm am Leitstand, von dem aus Alexander Arf sämtliche Anlagen von der Entladung bis zur Extraktion der Rüben im Blick hat. 

Wie verlief die Verarbeitung der Rüben in der Zuckerfabrik und wie lange dauert sie noch?

"Wir sind sehr zufrieden, es gab bis jetzt keine nennenswerten Störungen", sagt Matthias Schüttenhelm, seit März 2024 Werkleiter in Ochsenfurt und Nachfolger von Stefan Mondel, der nun technischer Direktor für alle deutschen Südzucker-Standorte ist. Die Verarbeitungsleistung von 15.000 Tonnen Rüben pro Tag habe seit Kampagnebeginn am 13. September beinahe durchgehend gehalten werden können. Voraussichtlich endet die Kampagne nach 131 Tagen am 23. Januar.

Was hat sich in der Zuckerfabrik verändert?

"Der Kohleausstieg ist vollzogen", sagt Werkleiter Schüttenhelm. Im Frühjahr war der letzte und größte Kohlekessel in der Energiezentrale des Werks auf Erdgas umgestellt worden. Allein dadurch setze die Fabrik pro Jahr 28.000 Tonnen weniger CO2 frei, so Schüttenhelm. In Zukunft können die Gasbrenner auch mit Biogas und anteilig mit Wasserstoff betrieben werden. Konzernweit denkt Südzucker darüber nach, einen Teil der Rübenschnitzel, die bei der Zuckerherstellung übrigbleiben, zu Biogas zu verarbeiten. In Ochsenfurt sei diese Variante aber wenig wahrscheinlich, weil das Werk auf die Herstellung von Futtermitteln aus den Rübenschnitzeln spezialisiert ist. Wie viel die Umstellung gekostet hat, dazu will sich Konzernsprecher Dominik Risser nicht äußern. Insgesamt plane Südzucker konzernweit Investitionen in Höhe von rund 600 Millionen Euro, um den Ausstoß von Treibhausgasen bis 203o im Vergleich zu 2018 zu halbieren.

 
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  • Johannes Metzger
    Noch mehr Insektizide auf den Acker. Für ein Produkt, dass in diesen Mengen niemand braucht, und das für viele Krankheiten zumindest mitverantwortlich ist. Auch weil viel Zucker in Lebensmittel versteckt wird und auf Anhieb für den Konsumenten gar nicht zu erkennen ist.
    Und wir wundern uns über ständig steigende Krankenkassenbeiträge?
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