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Ochsenfurt
Die Wiederentdeckung des Mains als Badeparadies
Viele Menschen verbringen am und im Main ihre Freizeit. Das birgt Gefahren, die nicht zu unterschätzen sind. Wo man ganz besonders aufpassen muss.
Die neue Mainlände in Eibelstadt - beliebt schon vor der Eröffnung Ende Juli.
Foto: Antje Roscoe | Die neue Mainlände in Eibelstadt - beliebt schon vor der Eröffnung Ende Juli.
Antje Roscoe
 |  aktualisiert: 14.02.2024 08:01 Uhr

Vier Wochen ist die Eibelstadter Mainlände noch Baustelle. Badegäste, Paddler und Bootsskipper stört das nicht. Auch der Goßmannsdorfer Zugang zum Main ist noch nicht eröffnet, wird aber bereits gerne genutzt. Das Baden im Main ist populär wie lange nicht - und bleibt gefährlich.

Jede noch so kleine Mainlände, jede Ahnung von Sandstrand zwischen Frickenhausen und Randersacker, die Gießwasser-Treppele der Schrebergärten in Kleinochsenfurt - überall steigen inzwischen Schwimmer zum Baden in den Main. Und obwohl die Freibäder wieder geöffnet haben, bleiben die Menschen jetzt zum Schwimmen am Main. Sonst seien die Randersackerer Jugendlichen ins Dallenbergbad gegangen, beobachtet Bürgermeister Michael Sedelmayer. Jetzt gehen sie wieder im Main baden.

Jeder beschwert sich über jeden

"Das Badebedürfnis und der Aufenthalt am Main hat sich vervielfacht", bestätigt René Schwalb, Sprecher der Wasserschutzpolizei Würzburg und beobachtet von "unwahrscheinlich viel Betrieb auf dem Wasser". Festmachen kann er das vor allem an der massiven Zunahme von Beschwerden. "Angler, Umweltschützer, Berufsschiffer, Sportbootfahrer, Badende – jeder beschwert sich über jeden. Die Leute merken, es wird eng". Von Beinahe-Unfällen abgesehen, habe man bislang Glück gehabt. Sorgen machen Schwalb allerdings auch "viele Leute, die wirklich nicht gut schwimmen können".

Das Maindreieck um Würzburg ist, was den "Nutzungsdruck" angeht, auch für das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Schweinfurt ein Brennpunkt. Sachbereichsleiter Johannes Lohnstein, zuständig für Sicherheit und Leichtigkeit des Binnenschiffsverkehrs auf der Bundeswasserstraße Main, macht zum einen den Trend zum "Baden im Main" aus sowie alle möglichen Wassersportgeräte. Dazu komme jetzt noch als Corona-Auswirkung "Urlaub in Deutschland".

"Eine gute Stelle zum Baden ist nur da, wo es Aufsicht gibt."
Bernhard Scheckenbach, Kreiswasserwacht Würzburg

Von den Beinahe-Unfällen in letzter Zeit "ist ein jeder zu viel, weil jedes Mal Leib und Leben in Gefahr sind", verdeutlicht er. Voll-Aufstopp-Manöver von Frachtschiffen seien sehr ernst zu nehmen und sollten gar nicht vorkommen. Lohnstein: "Die können nicht ausweichen".  Er verweist vor allem auf die "riesigen toten Winkel, die die Frachtschiffe haben sowie den unendlichen Bremsweg, vor allem zu Tal". Selbst bei den sicher erscheinenden Badebuchten sei der Sog, mit dem die Schiffe das Wasser raussaugen noch gefährlich. Kleinkinder können mitgezogen werden.

Badegäste an beiden Ufern des Mains in Winterhausen und Sommerhausen.
Foto: Antje Roscoe | Badegäste an beiden Ufern des Mains in Winterhausen und Sommerhausen.

Zumindest Warnschilder hält Bernhard Scheckenbach, Vorsitzender der Kreiswasserwacht Würzburg deshalb überall dort für nötig, wo die Mainländen geradezu zum Baden einladen. Doch die Kommunen hüten sich, offiziell von Badestellen zu sprechen. Bei Problemen und Schäden fürchten sie die Haftungsfrage. "Die Bezeichnung ‚Badebucht’ ist relativ", sagt deshalb Eibelstadts Bürgermeister Markus Schenk über die Mainlände. Gleichwohl soll die Bucht für mehr Sicherheit zur Fahrrinne mit einer Bojenkette abgetrennt werden. Ob es nötig ist, weitergehende Regeln aufzustellen, werde noch überlegt.

Mindestabstände zu technischen Anlagen einhalten

Tatsächlich ist das Baden im Main erlaubt, abgesehen von den Ausnahmen nach der Badeverordnung der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Süd, welche Mindestabstände vor allem zu technischen Anlagen und Gefahrenstellen definiert sowie die Maßgabe, dass die Berufsschifffahrt nicht behindert wird. In jedem Fall ist Baden immer auf eigene Gefahr und jeder ist für sich verantwortlich.

Für Sedelmayer ist der Randersackerer Badestrand folglich auch kein Strand, sondern die Fischerbucht, wo früher die Fähre angelandet ist. "Wir fördern das Baden nicht", lautet der offizielle Sprachgebrauch. Nicht einmal für den Sand sorge die Gemeinde, erklärt Sedelmayer. Das übernehmen Vereine.

Dass die Mainlände in Eibelstadt noch Baustelle und nicht freigegeben ist, stört nicht weiter. Die Leute nutzen jede Gelegenheit, sich im Wasser zu tummeln.
Foto: Antje Roscoe | Dass die Mainlände in Eibelstadt noch Baustelle und nicht freigegeben ist, stört nicht weiter. Die Leute nutzen jede Gelegenheit, sich im Wasser zu tummeln.

Für Scheckenbach stellt das eine gefährliche Ambivalenz dar: Die Gemeinden machen für die Gäste das Ufer schön und dann stellen sie sich der Verantwortung nicht. Denn, so Scheckenbach: "Eine gute Stelle zum Baden ist nur da, wo es Aufsicht gibt". Ein glücklicher Umstand sei, dass bislang die rund 1000 Flusskreuzfahrtschiffe, die jährlich auf dem Main entlangziehen, noch nicht unterwegs sind.

Die Wasserwacht empfiehlt das Schwimmbad

Von der Wasserwacht komme ganz klar die Empfehlung, in die Schwimmbäder zu gehen. Als Naturgewässer kommt im Landkreis Würzburg für ihn nur der Erlabrunner Badesee in Frage, wo zumindest an den Wochenenden und in den Ferien die Rettungsschwimmer der Wasserwacht für eine gewisse Sicherheit sorgen. Am Main entlang verteilen sich die Schnelleinsatzgruppen mit ihren Booten, teils auf Hängern, teils im Wasser. Stationiert sind sie für die Notfälle in Sulzfeld, Aub beziehungsweise im Seglerhafen in Ochsenfurt, Würzburg, Veitshöchheim und Thüngersheim.

Leider liefen der Wasserwacht die Leute nicht in gleichem Maße zu, wie die Badenden in den Main, so Scheckenbach, weshalb er keine Möglichkeit sieht, noch mehr Schutz zu bieten. Wer zum Baden in den Main geht, solle dies wenigstens mit der nötigen Vorsicht tun und niemals alleine unterwegs sein. Definitiv rät er vom Queren des Mains ab. "Man darf sich nicht überschätzen", warnt Scheckenbach. Und alle anderen Faktoren von der Strömung bis zu körperlichen Problemen wie Muskelkrämpfen vom kalten Wasser nicht unterschätzen.

Sommer am Main in Winterhausen.
Foto: Antje Roscoe | Sommer am Main in Winterhausen.
 
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Kommentare
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  • hasenotto
    Lesen bildet? Anscheinend nicht immer. Deutschland ist eines der freisten Länder der Welt. Hier kann im Prinzip sich jeder nach eigenem Gutdünken vergnügen. Man kann z.B. an sonnigen Tagen mit dem Motorrad übers Land fahren, obwohl man weiß, daß jährlich unzählige Biker auf der Straße ihr Leben lassen. Erst am vergangenen Sonntag (5.7.20) hat eine Boulevardzeitung berichtet, daß die diesjährige Badesaison gerade erst begonnen hat und schon häufen sich die Meldungen über tödliche Badeunfälle in Freigewässern. Ein elfjähriges Mädchen ertrank beim Baden im Adolfosee bei Heinsberg (NRW). Leider kein Einzelfall. Oft sind Kinder die Betroffenen, auch weil sich mancher Erwachsene zwar einen gesunden Menschenverstand zutraut, diesen aber nicht einsetzt. Ich weiß jedenfalls, daß es im Bereich der neuen Mainlände vor vielen Jahren schon 2 Unfälle mit tödlichem Ausgang gegeben hat. Damals waren keine Gefahrenschilder aufgestellt.
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  • rainer.mahler@web.de
    Muss man denn überall Gefahrenschilder aufstellen, wo es eine Gefahr gibt?
    Darf man nur in die Berge, wenn eine Bergwacht in der Nähe ist?
    Darf man nur ins Wasser, wenn die Wasserwacht in der Nähe ist?
    Ist man dann wirklich vor dem Ertrinken sicher?
    Kann man sich wirklich vor allen Gefahren schützen?
    Kann man den Menschen auch einen gesunden Menschenverstand zutrauen?
    Kann man es den Menschen verübeln, die Naturschönheiten und Erholungsmöglichkeiten vor der Haustüre zu nutzen?
    Wir Menschen können Gefahren auch selbst einschätzen.
    Dazu brauchen wir nicht unbedingt und überall einen Aufpasser.
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