In Wirtshäusern brodelt die Gerüchteküche mitunter mächtig; das ist nichts Neues. Die Gerüchte, die gegenwärtig über die traditionsreiche Fränkische Weinstube Ehrbar in Frickenhausen kursieren, übersteigen das gewohnte Maß allerdings bei weitem. Inhaber und Küchenchef Sebastian Stahl fürchtet deshalb inzwischen um seinen guten Ruf und damit um seinen wirtschaftlichen Erfolg.
"Seit drei, vier Wochen geht das Gerücht um, dass ich zum Jahresende zumache", erzählt der 38-Jährige. Gäste, Lieferanten und selbst Kollegen hätten schon bei ihm nachgefragt. Sogar zu Stammgästen aus Wiesbaden sei die Nachricht bereits vorgedrungen. "Jedes gute Restaurant hat eine kleine Fangemeinde, in der sich eine solche Nachricht schnell herumspricht", sagt Stahl. An manchen Tagen habe er deshalb schon Dutzende Anrufe und Whatsapp-Nachrichten bekommen, in denen er gefragt wurde, warum er denn schließen wolle. Seine Antwort ist immer die gleiche: "An diesem Gerücht ist nicht das kleinste Fitzelchen Wahrheit."
Die Weinstube Ehrbar knüpfte nach dem Verkauf an den früheren Erfolg an
Vor genau zehn Jahren – im April 2013 – hat Sebastian Stahl die Fränkische Weinstube übernommen. Bis dahin befand sich das Lokal im Besitz der Gründerfamilie Ehrbar, die dem Gasthaus in Jahrzehnten einen guten Ruf weit über die Region hinaus erarbeitet hat. Sebastian Stahl behielt nicht nur den Namen bei, sondern knüpfte auch an den früheren Erfolg des Restaurants an. In allen einschlägigen Restaurantführern wie dem Guide Michelin ist die Weinstube gelistet. Auf der Volkenborn-Rangliste, die aus Bewertungen dieser Restaurantführer eine Gesamtnote ermittelt, rangiert die Weinstube unter den 1400 besten Restaurants in Deutschland.
Sebastian Stahl stammt aus Würzburg. Nach seiner Kochlehre im Post-Hotel in Heidingsfeld ging er – wie für ambitionierte Jungköche üblich – auf Wanderschaft. In renommierten Häusern in Lech am Arlberg, St. Moritz und Frankfurt war er tätig, und hätte vielleicht sogar den Sprung über den Großen Teich nach New York gewagt, wenn sich nicht plötzlich in Frickenhausen die Chance zur Selbstständigkeit ergeben hätte.
Über Frankfurt und St. Moritz kam Sebastian Stahl nach Frickenhausen
Für Sebastian Stahl war das schmucke Fachwerkhaus, das damals zum Verkauf angeboten wurde und dessen Ursprünge bis ins Mittelalter zurückreichen, eine Liebe auf den ersten Blick. Einen hohen sechsstelligen Betrag habe er seitdem mit Unterstützung seiner Familie in das Anwesen investiert, nicht nur ins Restaurant und den Biergarten, sondern auch in sein eigenes Zuhause und zwei Ferienwohnungen. "Ich hab mich für Frickenhausen entschieden, für den Mittelpunkt der Welt", sagt Stahl voller Überzeugung.
Dass während der langen Sanierungsphasen manchmal das Gerücht aufgekommen sei, er müsse aufgeben, das kann Sebastian Stahl verstehen. Etwa als sich die Erneuerung der Toiletten als weitaus schwieriger erwies als angenommen und er das Lokal statt geplanter drei Wochen zwölf Wochen schließen musste. "Da hieß es auch, er hat sich übernommen und muss zumachen", erinnert er sich. Diesmal aber gebe es keinen äußeren Anlass, der solche Gerüchte nähren könnten.
Während der letzten Betriebsruhe im Februar hat er seine beiden Kühlhäuser erneuert, die zwar noch funktionsfähig waren, aber energetisch nicht mehr der Zeit entsprochen haben. Als letzter Schritt der Runderneuerung kommt die Küche an die Reihe. Das hatte er schon für 2020 geplant, musste die Maßnahme allerdings verschieben, weil die Corona-Pandemie seine Rücklagen aufgebraucht hat.
Das Gerücht schadet dem Ruf und erschwert die Personalsuche
"Es gibt also überhaupt kein Anzeichen dafür, dass ich zumachen sollte", wundert sich Stahl. Dabei trifft ihn das Gerücht in einer äußerst ungünstigen Phase. "Es ist die Zeit, in der zum Beispiel Firmen ihre Weihnachtsfeiern planen", sagt er. In der ruhigen Winterzeit sind solche Feiern ein wichtiges Standbein. "Einige haben schon angerufen und gefragt, ob sie ihre Veranstaltung im Dezember noch feiern können." Schlimmer noch seien diejenigen, die sich von vornherein für ein neues Lokal entscheiden. Hinzu komme die Verärgerung bei den Gästen. "Mich haben Leute angerufen, die einen Gutschein für ihre Eltern gekauft haben und wissen wollten, warum ich ihnen nicht gesagt habe, dass wir zumachen", erzählt er weiter.
"Unter dem Strich ist es geschäftsschädigend, gerade in der jetzigen Situation, wo in der Gastronomie ohnehin die Mitarbeiter fehlen", sagt Stahl. Wer wolle sich schon in einem Restaurant bewerben, von dem erzählt wird, dass es bald schließt. Zum Glück könne er mit seiner Servicekraft Vera Kleinschroth und seinem Koch Peter Freitag auf zwei Kräfte bauen, die der Weinstube seit 30 Jahren die Treue halten.
Ein Gedanke kommt Sebastian Stahl dann doch, wie das Gerücht in den Welt gekommen sein könnte. Vor wenigen Wochen, bei der Feier zum 10. Jubiläum, habe er mit Bekannten darüber geflachst, dass er ursprünglich mal nach New York gehen wollte. "Vielleicht hat das jemand falsch aufgeschnappt und weitererzählt", fragt er sich.
Inzwischen hat Sebastian Stahl alle Hände voll zu tun, das falsche Gerücht aus der Welt zu schaffen. In den sozialen Netzwerken und auf seiner Internetseite springt Lesern in großen Lettern das Dementi entgegen: "Nein, wir schließen unser Lokal nicht zum Jahresende", ist dort zu lesen, und: "Nein, unser Chef geht nicht nach New York." Vielleicht wird er die Botschaft auch noch auf Flyer drucken lassen. "Nicht umsonst habe ich mich für den Mittelpunkt der Welt entschieden", bekräftigt Sebastian Stahl.
Anton Sahlender, Leseranwalt
Dort lese ich aber "Sie suchen eine aktuelle Speise- & Getränkekarte? Forden Sie eine per Mail an."
Nein, so freigiebig bin ich mit meiner E-Mail Adresse nicht.
Mittwoch bis Sonntag ab 17:30 geöffnet und sonntags und an Feiertagen noch zusätzlich am Mittag ab 11:30.
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