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Hubland
Die Geschichte Würzburgs durch die digitale Brille
In der Würzburger Unibibliothek geht es aktuell um eine geheime Mission rund um den Agenten Barlock. Zumindest in der virtuellen Realität. Und jeder kann Teil davon sein.
Die Universitätsbibliothek feiert 2019 ihren 400. Geburtstag. Programmierer der Uni Würzburg haben dafür ein Virtual-Reality-Spiel entwickelt, um sich digital durch das historische Würzburg zu bewegen.
Foto: Thomas Obermeier | Die Universitätsbibliothek feiert 2019 ihren 400. Geburtstag. Programmierer der Uni Würzburg haben dafür ein Virtual-Reality-Spiel entwickelt, um sich digital durch das historische Würzburg zu bewegen.
Lucas Kesselhut
Lucas Kesselhut
 |  aktualisiert: 15.07.2024 08:57 Uhr

Es ist das Jahr 1466. Leise knistert das Holz im Kamin einer Taverne. Die Dielen knarren unter den Füßen, Kerzen flackern in den mittelalterlichen Häusern der Stadt Würzburg und spiegeln sich im Main. Doch die Idylle trügt, denn es geht um eine geheime Mission. Was nach dem Beginn eines historischen Romans klingt, erleben Besucher der Universitätsbibliothek momentan im Hier und Jetzt.  Denn mithilfe eines Spiels haben Studenten, wissenschaftliche Mitarbeiter und Professoren das Mittelalter auf digitale Weise in die Universitätsbibliothek Würzburg geholt. Hintergrund ist der 400. Geburtstag.

In der virtuellen Welt will Markgraf Albrecht Achilles unbedingt das Fränkische Herzogsschwert besitzen. Als Johann III. stirbt, bietet sich die Gelegenheit dazu. Der von den Würzburgern gehasste Fritz Hase wechselt die Seiten, um sein Leben zu retten. Er stiehlt gegen Ansbacher Geld das Schwert und bringt es in ein Geheimversteck innerhalb der Stadtmauern. Wenige Tage später soll es von einem Mittelsmann nach Ansbach geschmuggelt werden.

Und hier kommt der Besucher der Ausstellung ins Spiel. Er übernimmt die Rolle von diesem Mittelsmann, der den Namen Barlock trägt – und ein Agent des Markgrafen ist. Von Hase kann er jedoch keine Information mehr bekommen, wo das Schwert versteckt ist. Denn dieser wird von einem wütenden Mob von der Alten Mainbrücke gestoßen. Wo also liegt das Objekt der Begierde? 

Ein wütender Mob tobt auf der Alten Mainbrücke. Der Spieler hat durch eine besondere technische Brille einen realistischen Blick aufs Geschehen.
Foto: Andreas Knote | Ein wütender Mob tobt auf der Alten Mainbrücke. Der Spieler hat durch eine besondere technische Brille einen realistischen Blick aufs Geschehen.

Für den Spieler gilt es, genau das herauszufinden. Das Besondere daran ist: Durch eine bestimmte Technik wird der Spieler hautnah ins Geschehen befördert. Er kann sich in der Welt umschauen, sich bewegen und beispielsweise Gegenstände greifen. Möglich macht das die sogenannte Virtuelle Realität, kurz VR. Nutzer ziehen eine spezielle Brille mit moderner Technik auf, das Display verschwindet und Zuschauer werden zu Augenzeugen einer digitalen Handlung, die sie in 360 Grad umgibt.

Das alles läuft trotz Computer-Grafik sehr realistisch ab. Bewegen Nutzer beispielsweise den Kopf, können sie sich wie in der echten Welt umschauen. Das nennt sich in Fachkreisen Immersion und beschreibt das "Eintauchen" in die virtuelle Welt. Bei gut gemachten VR-Projekten haben die Nutzer das Gefühl, wirklich an einem anderen Ort zu sein.

Besucher werden zum Agenten

So wie bei "Barlock". Denn in dem Spiel lässt sich das Mittelalter hautnah miterleben. Würzburg ist als detailreiche Kulisse realitätsnah am Computer nachmodelliert worden. Alte Häuser, die Alte Mainbrücke und die Festung sind für den Spieler gut erkennbar und werden Teil des Rätsels und der Mission, das Schwert zu finden. Auf den Spieler warten verschiedene Rätsel, die ihn nur nach erfolgreicher Lösung in der Handlung weiterbringen.

Das Spiel war Teamarbeit: Insgesamt waren 15 Personen an der Entwicklung beteiligt.
Foto: Thomas Obermeier | Das Spiel war Teamarbeit: Insgesamt waren 15 Personen an der Entwicklung beteiligt.

Ein Team aus etwa 15 Personen war an dem Projekt beteiligt. Andreas Knote hat die Entwicklung als technischer Leiter begleitet. "Die Unibibliothek ist 2017 auf uns zugekommen", sagt er. Die Idee sei gewesen, ein interaktives Spiel zum Geburtstag zu entwickeln. Die Informatikexperten haben sich dann sofort an die Arbeit gemacht.

Aus einem früheren Projekt gab es bereits ein digitales 3D-Modell des mittelalterlichen Würzburgs. Das habe Knote und seinem Team geholfen, da sie damit eine Grundlage hatten. "Dennoch ist es viel Arbeit gewesen", sagte er. Denn besonders die Modelle und Texturen haben Zeit gekostet. Denn es mache auch digital einen Unterschied, ob eine Oberfläche im Spiel beispielsweise aus Stein oder Metall ist, ob sie glänz oder matt erscheint. "Alles muss am Ende aus einem Guss sein", sagt Knote.

Bewegungsraum ist begrenzt

Dazu gehört natürlich auch – ähnlich wie bei einem Film – eine Art Drehbuch. "Dabei ist nicht immer alles eins zu eins umsetzbar", sagt er. Die Hauptschwierigkeit sei, dasSpiel technisch nicht zu aufwändig zu machen, damit der Rechner alles flüssig darstellen kann. Zudem sei der "echte" Bewegungsraum auf drei mal drei Meter begrenzt. Dafür müssen und sollen Spieler diesen auch nutzen, um sich durch die virtuelle Welt zu bewegen.

Handlungsort sind verschiedene Schauplätze im mittelalterlichen Würzburg. Auch das Neumünster hat im Spiel eine wichtige Rolle.
Foto: Andreas Knote | Handlungsort sind verschiedene Schauplätze im mittelalterlichen Würzburg. Auch das Neumünster hat im Spiel eine wichtige Rolle.

Doch es geht nicht nur darum, ein Spiel zu entwickeln, das den Entwicklern gefällt. "Manchmal steckt man so tief in der Entwicklung, dass man eine eigene Blindheit entwickelt", sagt Knote. Deswegen sei es wichtig gewesen, in der Testphase so viele Leute wie möglich spielen zu lassen, die mit der Entwicklung nichts zu tun hatten.

Besonders interessant war es für Knote zu beobachten, dass es vielen Leuten schwer fällt, Türen auch wirklich mit einer realen Bewegung zu öffnen und sie nicht nur zu berühren. Woran das liegt, könne er sich aber nicht wirklich erklären. Bisher sei das Feedback zum Spiel aber durchweg positiv gewesen. Der Akku der Geräte sei am Ende des Tages jedenfalls leer, schmunzelt Gaming-Experte Knote.

Die nächsten Termine: Am Samstag, 11. Mai und auch am Samstag, 25. Mai jeweils um 14.30 Uhr können Besucher der Unibibliotheks-Ausstellung in die Rolle des Agenten Balrock schlüpfen. Bei diesen zwei Terminen erläutern Professor von Mammen und sein Team den Entwicklungsprozess. Laut Uni Würzburg können Besucher aber auch vor und nach Führungen das mittelalterliche Würzburg an anderen Tagen erleben.

 
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