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TAUBERRETTERSHEIM
Der umstrittene Einzug in die Öchsner-Villa
War der Pferdestall schon als solcher nutzbar, als die Tochter von Bürgermeister Öchsner in ihr Wohnhaus eingezogen ist? Darüber wird gerade vor Gericht gestritten.
Foto: Thomas Fritz | War der Pferdestall schon als solcher nutzbar, als die Tochter von Bürgermeister Öchsner in ihr Wohnhaus eingezogen ist? Darüber wird gerade vor Gericht gestritten.
Thomas Fritz
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:05 Uhr

Ist eine Halle mit Fenstern schon ein Pferdestall? Oder braucht es dazu mehr, wie beispielsweise Futtertröge, eine Bodenplatte und Boxen für die Tiere? Über solche Fragen streiten die beiden Bauherren der so genannten Öchsner-Villa gerade vor Gericht mit dem Landratsamt Würzburg. Jeder von ihnen soll ein Bußgeld in Höhe von 2500 Euro zahlen, weil sie ihr Wohnhaus zu einem Zeitpunkt bezogen haben sollen, als der Pferdestall noch gar nicht errichtet worden war. Letzteres war aber Bedingung für die Baugenehmigung.

Im ehemaligen Landschaftsschutzgebiet gebaut

Im Karlsbergweg in Tauberrettersheim besitzt Bürgermeister Hermann Öchsner (UWG) ein drei Hektar großes Grundstück. Auf einer Teilfläche davon hat seine Tochter ein Wohnhaus gebaut. Eigentlich nichts Ungewöhnliches. Doch der Bauplatz liegt im Außenbereich von Tauberrettersheim und gehörte bis Mai 2000 zum Landschaftsschutzgebiet „Täler der Tauber, Gollach, Steinach und umgebende Wälder“.

Eine Baugenehmigung erteilte das Landratsamt nur, weil die Bürgermeistertochter neben ihrer Villa auch ihrem Hobby nachgehen und Pferde halten wollte. Und Pferdehaltung sei nach Ansicht des damaligen Juristen im Landratsamt im Außenbereich von Tauberrettersheim wegen der Geruchsbelästigung besser aufgehoben. Auch dann, wenn die Pferdehaltung nicht landschaftlich privilegiert ist, sondern eher als Hobby ausgeübt wird.

In der Baugenehmigung wollte das Landratsamt auf Nummer sicher gehen und knüpfte den Einzug ins Haus an die Bedingung, dass vorher der mitbeantragte Pferdestall errichtet sein muss.

So hat im April 2014 ein Baurechtler den Fall gesehen

Als die Tochter des Tauberrettersheimer Bürgermeisters aber im September 2014 in ihre Villa zog, sei der Stall noch nicht fertig gewesen. Ein Baukontrolleur des Landratsamtes stellte dies fest. Unterstützt wurde seine Auffassung von der Amtstierärztin der Behörde, die sich damals auch die Gegebenheiten vor Ort ansah und den gebauten Schuppen für die Pferdehaltung als ungeeignet beurteilte.

Gegen die Baugenehmigung verstoßen

Das Landratsamt sah diesen Verstoß gegen die Baugenehmigung als Ordnungswidrigkeit an und ordneten gegen die Bauherren ein Bußgeld von jeweils 2500 Euro an. Gegen den Bescheid legten beide Widerspruch ein. Damit hatte sich am Montag das Amtsgericht Würzburg zu befassen.

Vor Gericht möchten die 32 Jahre alte Bürgermeistertochter und ihr 35 Jahre alter Mann klären lassen, was die „Errichtung“ eines Pferdestalles konkret bedeutet. Und worin liegt der Unterschied zu „fertiggestellt“? Beide räumen ein, dass sie mit dem Innenausbau des Stalls erst im März 2015, also ein halbes Jahr nach ihrem Einzug begonnen haben und zeigen dem Gericht Bilder vom heutigen Zustand.

„So hat das damals nicht ausgesehen“, sagt die Sachbearbeiterin des Landratsamtes, die zeitweise mit dem Fall vertraut war. Nach der Kontrolle durch Bauamt und Amtstierärztin stand für die Mitarbeiterin fest: „Das war eindeutig kein Pferdestall, aber das Wohnhaus war fertig und bezogen.“

Fenster reichten für Pferdestall nicht aus

War der Schuppen trotzdem geeignet, um darin Pferde zu halten? Ein Sachverständiger sollte das klären. Geladen hatte das Gericht Otto Erb, Leiter des Veterinäramtes für den Landkreis Würzburg. Er sei damals nicht selbst vor Ort gewesen, sondern seine Kollegin, erklärte er. Deshalb könne er nicht beurteilen, ob die Innenausstattung der Halle gereicht hätte, um dort Pferde unterzubringen. Eines sei aber sicher, die Fenster waren nicht geeignet, weil die Pferde ihren Kopf nicht durchstrecken konnten. „Die Tiere brauchen aber Tageslicht“, so Erb. Auch sei nicht klar gewesen, wie die Beweidung vonstatten gehen soll.

Daraufhin stellte auch der Vorsitzende Richter fest, dass der Schuppen zum Zeitpunkt des Einzugs nicht als Pferdestall genutzt werden konnte. „Wir können das Verfahren weiter in die Länge ziehen, oder die Höhe des Bußgeldes verringern“, bot er den beiden Bauherren an. Auch, weil das Landratsamt Würzburg kein öffentliches Interesse geltend gemacht hat. Beispielsweise in Form einer Nutzungsuntersagung.

Bauherren beharren auf ein Urteil

Doch die Kläger wiesen dieses Angebot ab. „Das hat uns viel Zeit und Energie gekostet. Wir wollen ein Urteil“, sagen sie. Auch der Hinweis des Richters, dass dies mit einem gewissen Risiko verbunden sei – die Höhe des Bußgeldes könnte auch noch oben gehen – brachte sie davon nicht ab. „Auch im Sinne der Gleichbehandlung. Denn im Ort gibt es einen ähnlichen Fall. Dort wurde nichts unternommen“, brachte die Tochter des Tauberrettersheimer Bürgermeisters vor.

Das Verfahren soll nun am 3. Februar fortgesetzt werden. Dazu wird auch der damalige Jurist des Landratsamtes geladen, der im August 2013 die Baugenehmigung erteilt hatte. Er soll dann auch die Frage klären, ob er sich genauso entschieden hätte, wenn die Bauherren dort Alpakas statt Pferde halten würden.

Alpakas statt Pferde im Stall

Denn tatsächlich hat bis heute kein einziges Pferd den fertigen Stall von innen gesehen. Dafür aber drei Alpakas. Dass das Landratsamt Würzburg dem nicht weiter nachgegangen ist, überrascht den Vorsitzenden Richter. Aber die Haltung von Tieren an sich war nicht Teil der Baugenehmigung. Sie war lediglich an die Errichtung eines Pferdestalls geknüpft.

Wäre von Anfang an bekannt gewesen, dass die Tochter des Bürgermeisters Alpakas den Vorzug geben wird, wäre der Fall wohl anders entschieden worden. „Eine Haltung von Alpakas im Innenbereich von Tauberrettersheim ist in einem Dorfgebiet durchaus denkbar“, beurteilt die heute zuständige Leiterin des Bauamtes im Landratsamt Würzburg den Fall.

 
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Kommentare
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  • stefan.behringer@web.de
    Das Landratsamt hat sich über den Tisch ziehen lassen. Wer weiß, ob da nicht sogar bewusst nicht so genau formuliert worden ist.

    Und überhaupt, warum muss ein Wohnhaus neben dem Pferdestall sein - der Stall hätte doch auch ohne Wohnhaus gebaut werden können. Das Anwesen ist ja gleich in der Nähe des Ortes.

    Irgendwie stinkt die Sache doch auch von Amtswegen zum Himmel...es ist zum Wiehern.
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  • jebusara@web.de
    Die Bewilligung ist da und nichts, aber auch gar nichts verstösst gegen die Auflagen!

    Da lediglich ein Pferdestall für die Baugenehmigung massgeblich war aber nicht festgehalten wurde wie dieser aussehen soll und schon gar nicht, dass dort auch Pferde gehalten werden würde ich als Beklagte auch auf Urteil beharren. Sie kann im Grunde nur gewinnen, schon ein Bussgeld wäre bei der im Artikel geschilderten Sachlage nicht angemessen!
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  • flyarcus@gmx.de
    wurde der Pferdestall nur vorgeschoben, damit man außerhalb bauen kann, blöd dabei, dass das zuständige Amt als Bedingung den Stall, aber nicht Tiere angegeben hat...somit haben die Bauherren recht. Pferdestall ist doch alles, was ein Dach hat...schaut euch mal um wie überall die Viecher gehalten werden!!!
    Tageslicht, dass ich nicht lache
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  • wroeder
    ob Sie das irgendwie tröstet, aber ich könnte Ihnen fast exakt den gleichen Fall schildern.
    Scheinbar funktioniert das mit den Pferden nicht nur bei uns. (LKR Bad Kissingen)
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