Als der heutige Verleger Peter Collier 1971 seinen Job als Geschäftsführer des bayerischen Einzelhandelsverbands antrat, bat ihn die IHK: "Machen Sie mal den Handelsfachwirt." Nicht dass der diplomierte Volkswirt eine weitere Prüfung ablegen sollte. Machen, d. h. mitentwickeln sollte er ein neues Berufsprofil für Meisterinnen und Meister im Handelswesen, Ausbildungswege, Prüfungsordnungen, alles, was dazugehört. Collier arbeitete mit bei der Erfindung dieser bayerischen Manager. 35 Jahre später wurde deren Ausbildung bundesweit vereinheitlicht.
Auf 924 Seiten passt der "Geprüfte/r Handelsfachwirt/in", das Buch im Zentrum des Verlagsprogramms. Da jeder angehende Handels-Meister theoretisch ohne Leistungsnachweise in die Prüfung marschieren kann, genügt dieser Wälzer an sich zur Vorbereitung. Um dieses Buch herum gruppieren sich Reihen mit komprimiertem Fachwissen und Prüfungstrainings für Branchenschwerpunkte wie Industrie, Marketing oder Gesundheits- und Sozialwesen. Als Verfasser geben die Buchumschläge meist die schöne Formulierung an: Peter Collier (Hrsg.) und Dozenten-Autorenteam. Mit Betonung auf Dozenten – denn die 23 Mit- und Zuarbeiter des weConsult-Verlags sind allesamt Frauen und Männer der Praxis, am bekanntesten hierzulande Volker Wedde, unterfränkischer Bezirksgeschäftsführer des Handelsverbands.
Die Verwurzelung in der Praxis ist dem Verleger wichtig
In der Praxis verwurzelt und immer auf dem Laufenden zu sein ist Peter Collier seit je wichtig. Vor der Pensionierung "bin ich von meinem Schreibtisch aufgestanden, ins Seminar gefahren und habe loserzählt". Nach wenigen Jährchen als Privatier merkte er, dass er sich auf das eigene Unterrichten vorbereiten muss. Da stellte er erst diese Tätigkeit ein, dann schraubte er auch sein Schreiben zurück: "Ich bin kein Fachmann für Einzeldisziplinen wie Logistik oder Rechnungswesen."
Fachmann ist der Mittsiebziger hingegen in Übergangsgestaltungen. Als er merkte, dass er sich dem Rentenalter näherte, fragte er sich zunehmend, was er dann treiben solle? Mehr Posaune-Üben? Weiter langstreckenlaufen? Gemeinsam mit einem Mediziner schrieb er stattdessen den Ratgeber "Hallo Ruhestand", von dem er beachtliche 10 000 Exemplare drucken lassen konnte. Heute vertreibt ihn der Herder-Verlag. Neben den weConsult-Büchern erscheinen als Edition Mios – Spitzname der Enkelin – noch ein paar weitere Titel über Herzensthemen.
Gesetzestexte sind für den Verlag Rendite-Bringer
2008, kurz vor der Colliers Pensionsgrenze, wurde weConsult gegründet. In den elf Jahren habe er dem Verlag "fast kein Geld" entnommen, in guten Jahren 100 000 Euro Umsatz geschafft. Gesetzestexte sind hier ein guter Rendite-Bringer, weil sich die Rechtslage jährlich ändert und Neuauflagen nötig macht. Prüfungsaufgaben werden auch ständig andere gestellt. Collier schätzt, dass er 30 Stunden wöchentlich diversen Verlegertätigkeiten nachgeht. Die kannte er teils schon von früher, als er die Schriften der Einzelhandelsverband-eigenen Beratungsgesellschaft betreute. Zu seiner Lieblingsbeschäftigung als Verleger wuchs zuletzt das Lektorieren heran. Er mag es, "jeden Satz sorgfältig in die Hand zu nehmen, allgemeinverständliche und optimale Formulierungen zu suchen". Gerade wenn viele Autoren an einem Buch schreiben, soll das auch stilistisch eine "einheitliche Erscheinung" bekommen.
Digitale Medien macht weConsult nicht. Und Collier versucht auch, den Vertrieb über das Internet selbst zu organisieren: "Ich hänge emotional immer noch am traditionellen Handel."
In einer Serie stellt die Redaktion Buchverlage in Würzburg und Umgebung vor.
