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Würzburg
Der gute Morgen: Wie die Wüstenzeit zur Quelle der Kraft wird
Die Corona-Krise als Herausforderung. In einer neuen Serie geben Menschen aus der Region positive Impulse für den Tag. Heute: Schwester Katharina Ganz vom Kloster Oberzell.
Schwester Katharina Ganz ist Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen.
Foto: Petra Winkelhardt | Schwester Katharina Ganz ist Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen.
Katharina Ganz
 |  aktualisiert: 27.04.2023 09:39 Uhr

Klöster sind vom Wortsinn her Orte, die von der Außenwelt mehr oder weniger abgeschlossen sind. Zu solchen Bereichen werden momentan auch viele Einrichtungen und Wohnungen durch verhängte Besuchs- oder Ausgehverbote. Wie Ordensleute sich täglich zum Gebet versammeln, verabreden sich nun Menschen zu einer bestimmten Uhrzeit, öffnen Fenster, entzünden Kerzen, singen, musizieren, beten oder spenden Applaus für Menschen, die für Andere da sind.

Wie im Kloster entstehen jetzt unabhängig von Blutsverwandtschaft neue Formen der Nachbarschaftshilfe. Was wir freiwillig leben: Konsumverzicht und nur ein gewisser Grad an körperlicher Nähe zu anderen Menschen, das wird nun – um der Gesundheit von Risikogruppen und des Gemeinwohls willen – zumindest eine zeitlang von nahezu allen Menschen verlangt.

Ausgehbeschränkung annehmen als "Kloster auf Zeit"

Auch wenn es manchen schwer fallen mag, so lade ich dazu ein, diese Maßnahmen als "Kloster auf Zeit" anzunehmen und zu gestalten. Dabei geht es darum, bewusst aus dem normalen Leben auszusteigen, sich für eine gewisse Zeit zurückzuziehen, soziale Kontakte zu reduzieren, um Raum zu haben für sich selbst und die persönliche Gottesbeziehung, eingefahrene Lebensmuster zu hinterfragen, sich dem zu stellen, was sich aus dem inneren Leben zeigen will, und sich neu auszurichten.

Manchmal melden sich dann unbewältigte Ereignisse der Vergangenheit genauso wie Konflikte der Gegenwart oder Existenz- und Zukunftsängste. Bei innerer Leere, Einsamkeit, Zweifeln, Trauer oder Gottverlassenheit können eine gleich bleibende Tagesstruktur, feste Rituale, Bewegung an der frischen Luft, Tagebuchschreiben, Gespräche mit vertrauten Menschen oder eine fachkundige Begleitung helfen. Dann kann so eine Wüstenzeit eine Quelle der Kraft, der geistig-seelischen Erneuerung und Kreativität werden, die zu größerer Freiheit, Offenheit, einem Blick auf Wesentliches und zu weltweiter Verbundenheit und Spiritualität führt. Wenn Sie mögen, schreiben Sie uns an anliegen@oberzell.de. Wir können nicht alle Mails beantworten, nehmen aber Ihre Anliegen, Sorgen und Nöte gerne mit ins Gebet!

Schwester Dr. Katharina Ganz (49) ist Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen. Dieser Beitrag gehört zur neuen Main-Post-Serie "Der gute Morgen", in der in Zeiten der Corona-Krise Menschen aus der Region ihre positiven Gedanken aufschreiben und mit unseren Leserinnen und Lesern teilen.

 
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