zurück
Reichenberg
Der Erfolg des "tauschbar" in Reichenberg: "Eigentlich ist hier das ganze Dorf involviert"
Ein Team aus ehrenamtlich engagierten Menschen hat in Reichenberg ein beispielhaftes Nachhaltigkeitsprojekt auf die Beine gestellt. Was das Besondere daran ist.
Im 'tauschbar' in Reichenberg bei Würzburg kann man Dinge abgeben oder sich etwas mitnehmen. Alexandra Greser und Marion Koblenz (rechts) sind neben vielen anderen Helfern die Ansprechpartner.
Foto: Thomas Obermeier | Im "tauschbar" in Reichenberg bei Würzburg kann man Dinge abgeben oder sich etwas mitnehmen. Alexandra Greser und Marion Koblenz (rechts) sind neben vielen anderen Helfern die Ansprechpartner.
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 15.10.2024 02:41 Uhr

Wenn das "tauschbar" in Reichenberg bei Würzburg am Dienstag um 17 Uhr für zwei Stunden seine Türen öffnet, ist immer viel los im Laden in der Bahnhofstraße: "Eigentlich ist hier das ganze Dorf involviert", sagt Marion Koblenz. Die 50-Jährige koordiniert ein Team von gut fünfzehn Menschen, die sich seit zwei Jahren ehrenamtlich für ein beispielhaftes Nachhaltigkeitsprojekt im Landkreis Würzburg einsetzen.

Das Prinzip ist ebenso einfach wie erfolgreich: Reichenbergs Einwohner können gut erhaltene, gebrauchte Dinge im "tauschbar" abgeben oder sich ohne Einschränkung in den immer gut gefüllten Regalen bedienen. "Es muss nichts mitgebracht werden, man darf hier alles kostenlos mitnehmen", sagt Koblenz. Vor allem am Dienstag ist der Laden besonders gut besucht. Dann "werden immer sehr viele Dinge gebracht und auch viele wieder rausgetragen. Manchmal ist kaum ein Durchkommen. Die Kunden packen aber auch oft mit an", berichtet Alexandra Greser.

Ein beliebter Treffpunkt für viele in Reichenberg

Die 54-jährige Ärztin ist Teil des "tauschbar"-Teams, das in der Mehrzahl aus Frauen besteht. "Mir ist einfach der Nachhaltigkeitsgedanke sehr wichtig. Ich tue mir schwer damit, brauchbare Dinge wegzuwerfen und freue mich sehr, wenn sie einen neuen Besitzer finden", sagt sie. Der "tauschbar"-Laden hat außerdem am Donnerstag und jeden zweiten Samstag im Monat am Vormittag geöffnet. Die ehemalige Filiale der Sparkasse Mainfranken hat sich in kurzer Zeit zu einem beliebten Treffpunkt für viele Reichenbergerinnen und Reichenberger entwickelt.

In das 'tauschbar' bringen die Menschen in Reichenberg gut erhaltene Sachen oder nehmen Dinge mit, die sie brauchen können.
Foto: Thomas Obermeier | In das "tauschbar" bringen die Menschen in Reichenberg gut erhaltene Sachen oder nehmen Dinge mit, die sie brauchen können.

Entstanden ist das Nachhaltigkeitsprojekt aus einer Hilfsaktion der Ehrenamtlichen für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Die Menschen in Reichenberg spendeten in der ersten Jahreshälfte 2022 großzügig Lebensmittel, Bekleidung und Fahrräder, die Geflüchteten konnten sich in der Wolfskeelhalle kostenlos mit allem Nötigen versorgen. Ein halbes Jahr später wurde daraus dann das "tauschbar", im Sommer 2023 erfolgte der Umzug in den rund 70 Quadratmeter großen und mitten im Ort gelegenen Laden.

Der Standort in der Bahnhofstraße hatte zur Folge, dass nach der Sturzflut Anfang August in Reichenberg das Ladenlokal und der Keller unter Wasser standen. Die Bedeutung des Projekts für den ganzen Ort und die große Hilfsbereitschaft der Reichenberger zeigte sich gleich am nächsten Vormittag: "Da standen Leute mit ihren Autos vor dem 'tauschbar' und haben Säcke mit Klamotten zum Waschen mit nach Hause genommen. Es waren sogar Menschen dabei, die selbst vom Hochwasser betroffen waren. So etwas schweißt zusammen", erzählt Marion Koblenz. Der Laden war bald trockengelegt und die Regale wieder gut gefüllt.

Das Schaufenster dient auch als schwarzes Brett

Auf Instagram und Facebook zeigt das Team regelmäßig, was das "tauschbar" im Angebot hat: Bekleidung, Schulbedarf, Glas, Porzellan, Spielzeug, kleinere Elektrogeräte, Werkzeug, Bastelartikel und vieles mehr. "Die Leute bringen alles. Auch wir Helfer haben alle schon Sachen gefunden, die wir gebrauchen konnten", sagen Koblenz und Greser.

Das 'tauschbar' ist in Reichenberg ein beliebter Treffpunkt. 
Foto: Thomas Obermeier | Das "tauschbar" ist in Reichenberg ein beliebter Treffpunkt. 

Die Abteilung mit Elektrogeräten und Männerbekleidung wird von ihnen als "Männer-Bällebad" bezeichnet: "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass viele Männer erst einmal gerne für sich sind und nicht beobachtet werden wollen." Weil der Platz im Laden begrenzt ist, dient das Schaufenster innen und außen zusätzlich als schwarzes Brett für Angebote und Gesuche größerer Dinge wie Betten oder Gartengeräte.

"Man kann hier etwa für die Gemeinschaft tun"

Die ehrenamtliche Arbeit im "tauschbar"-Team "ist so toll, dass sie jeder gerne macht", sagt Marion Koblenz. Sie engagiert sich, "weil man hier etwas für die Gemeinschaft tun kann und sich nicht nutzlos fühlt". Das gilt auch für andere Ehrenamtliche, deren Engagement in vielen Fällen über die eigentlichen Öffnungszeiten hinaus geht. Gewerkelt und sortiert wird im "tauschbar" nämlich an fast jedem Tag: "Man sieht hier wirklich zu den unmöglichsten Zeiten Licht."

Ein Teil der Ehrenamtlichen im 'tauschbar' in Reichenberg. 
Foto: Thomas Obermeier | Ein Teil der Ehrenamtlichen im "tauschbar" in Reichenberg. 

Das Team aus Reichenberg hilft auch gerne, wenn an anderen Orten etwas gebraucht wird - zum Beispiel Kleidung für die Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft in Gerbrunn. "Dort wurden vor allem Bademäntel gebraucht, weil die Bewohner zum Duschen über den Hof gehen müssen", sagt Alexandra Greser.

Den Nachhaltigkeitsgedanken bekommen schon die Kinder aus der Kita und der Grundschule Reichenberg bei Besuchen im "tauschbar" beigebracht. Und sollten Menschen an anderen Orten Tipps und Ratschläge zur Einrichtung eines Nachhaltigkeitsladens brauchen: Das "tauschbar"-Team hilft gerne weiter. "Grundvoraussetzung ist eine Räumlichkeit und ein sozial motiviertes Team mit einem großen Herz", sagt Marion Koblenz.

Die Aktion "Zeichen setzen!"

Die Aktion "Zeichen setzen!" zeichnet seit über 20 Jahren beispielhafte ehrenamtliche soziale Initiativen aus. Im Spätherbst werden vier Preise, dotiert mit 500 bis 3000 Euro, verliehen.
Initiativen können sich selbst bewerben oder werden von Dritten vorgeschlagen. Eingereicht werden können Projekte und Initiativen aus Unterfranken und dem Main-Tauber-Kreis.
Bewerbungen sind für die nächste Runde 2025 möglich. Bitte schreiben Sie an: Main-Post, Aktion "Zeichen setzen!", Berner Straße 2, 97084 Würzburg, E-Mail: zeichensetzen@mainpost.de Oder: Lernwerk Volkersberg, Volkersberg 1, 97769 Bad Brückenau, E-Mail: zeichensetzen@volkersberg.de
Quelle: mp
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Reichenberg
Patrick Wötzel
Facebook
Grundschule Reichenberg
Kleidungsstücke
Lernwerk Volkersberg
Main-Post Würzburg
Sparkasse Mainfranken Würzburg
Zeichen setzen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top