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Würzburg
Der Amtstierarzt und die Hühner in der Badewanne
Er hat Grillhähnchen in einer Badewanne gesehen. Und dankbare Blicke von Tieren, die gerettet wurden. Jetzt geht Veterinärdirektor Winfried Ueckert in den Ruhestand.
Veterinärdirektor Winfried Ueckert: Was waren seine skurrilsten Fälle? Jetzt geht er in den Ruhestand. Foto: Dita Vollmond
| Veterinärdirektor Winfried Ueckert: Was waren seine skurrilsten Fälle? Jetzt geht er in den Ruhestand. Foto: Dita Vollmond
Gisela Schmidt
Gisela Schmidt
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:03 Uhr

Nein, er hat nicht Tiermedizin studiert, um Amtstierarzt zu werden. Nein, er hält das deutsche Tierschutzgesetz nicht für ausreichend. Nein, er findet es nicht befriedigend, immer nur Mindestanforderungen durchsetzen zu können. Und ja, Winfried Ueckert hat seinen Job geliebt.

Der "Fachbereich Verbraucherschutz, Veterinärwesen, Lebensmittelüberwachung" in der Veitshöchheimer Straße 1b kommt recht unscheinbar daher: Funktionale Einrichtung, alles pflegeleicht und zweckmäßig - und lange nicht so schick wie bei den Nachbarn vom "Fachbereich Baurecht/Bauaufsicht". Aber Winfried Ueckert ist "immer gerne" in sein Büro gekommen.

Büro wird ausgeräumt

Jetzt räumt er es aus. Findet Sachen, die er lange gesucht hat und solche, von denen er sich fragt, warum um Himmels Willen er sie aufgehoben hat. Es sammelt sich einiges an, wenn man zehn Jahren im selben Büro verbracht hat.

Ueckert geht in den Ruhestand. 1983 ist er, unter anderem nach Stationen als Großtierarzt im Weserbergland und im Schwarzwald, als Amtstierarzt zum Städtischen Veterinäramt Würzburg gekommen und nach dessen Auflösung ins Veterinäramt des Landratsamts gewechselt. 2008 kam er zurück zur Stadt, hat seinen Fachbereich aufgebaut und geführt.

"Erfüllende Aufgabe"

Hat er es je bereut, von der Praxis in eine Behörde gewechselt zu sein? "Nein", sagt der 64-Jährige, der versichert, dass er auch heute noch "eine Hündin kastrieren" könne. "Seit ich Amtstierarzt war, war ich das mit Leib und Seele". Verbraucher- und Tierschutz sicher zu stellen, sei "eine sinnvolle und erfüllende Aufgabe".

Aber keine leichte. Besonders wenn es um den Tierschutz geht. "Da sitzen wir immer zwischen Baum und Borke", sagt Ueckert. "Die Tierhalter, die wir kontrollieren, werfen uns vor, dass wir zu viel verlangen, die Tierschützer beklagen, dass wir zu wenig zu tun". Amtstierärzte können halt nur umsetzen, was das Gesetz vorgibt. Und das sind nun mal "Mindestanforderungen".

Mehr Konkretisierung nötig

Das Tierschutzgesetz habe "viele Optimierungsmöglichkeiten", sagt Ueckert. Im Sinne der Tiere müsse da "vieles punktuell verbessert" werden. "In der Heimtierhaltung zum Beispiel können wir nicht das verwirklichen, was wir uns wünschen." Der Begriff "artgerechte Ernährung und Unterbringung" sei arg dehnbar, hier sei "mehr Konkretisierung" erforderlich.

Der Amtstierarzt hat aber auch Wünsche an die "tierschutzengagierten Bürger", die dem Amt zwar Tierquälereien melden, sich dann aber in die Anonymität zurückziehen. "Damit wir etwas bewirken können, brauchen wir Beweise, also Zeugen, die zu ihren Aussagen stehen".

Einfluss von Lobbyisten

Was ihm auch ein Dorn im Auge ist: Der "immens große Einfluss der Lobbyisten". Beispiel Ferkelkastration. Nach langen Diskussionen soll es ab 2019 nicht mehr erlaubt sein, männliche Ferkel bis zu ihrem siebten Lebenstag bei vollem Bewusstsein zu kastrieren. Aber mit Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber und Umweltminister Marcel Huber, dessen Ministerium auch für den Tierschutz zuständig ist, wollte Bayern das Verbot, bislang erfolglos, um fünf weitere Jahre verschieben.Was Amtstierärzte wie Ueckert von dieser "Behandlung" von Tieren halten, darf in bei ihrer Arbeit allerdings keine Rolle spielen. "Wir sind an Recht und Gesetz gebunden", sagt der Veterinärdirektor, "aber wenn man nicht so effizient arbeiten kann, wie man möchte, kommt auch mal Frust auf".

50 000 Mäuse

Das gilt auch beim Thema Tierversuche. "Allein das ZEMM, das Zentrum für Experimentelle Molekulare Medizin der Universität, hat Kapazität für 50 000 Mäuse", sagt Ueckert. Da träfen dann "tierschutzrechtliche Erwägungen und wissenschaftliches Interesse aufeinander". Bei der Lebensmittelhygiene, also dort, wo es darum geht, "Menschen vor der Schädigung durch Lebensmittel zu schützen", seien es "Verbraucherschutz und wirtschaftliches Interesse".

Aber es gibt auch Fälle, die glasklar sind. Ueckert erinnert sich nur zu gut an eine Badewanne in einer Privatwohnung. Der Mieter hatte sie mit tiefgekühlten Hähnchen gefüllt. "Sie sollten dort auftauen um danach gebraten und verkauft zu werden." Den Amtstierarzt schaudert es noch heute, wenn er sich vorstellt, "wie der Mann vorher in dieser Wanne gebadet hat". Die Hähnchen landeten natürlich nicht auf dem Grill.

Überladener Schweinetransporter

Oder die Sache mit dem Schweinetransporter, den die Polizei nachts angehalten hatte. "Der war komplett mit Ferkeln überladen", erzählt Ueckert. "Die Tiere konnten sich nicht mal hinlegen." Als er und seine Mitarbeiter den Lkw akribisch vermessen und die Ferkel gezählt hatten, war der Weg frei für eine durchgreifende Maßnahme: Der Verantwortliche musste einen zweiten LKW schicken, die Schweine bekamen Futter und Wasser und sie wurden umgeladen. "Die Polizei hat sich damals sehr gefreut, dass wir so konsequent waren."

Sowas bleibt auch einem erfahrenen Amtstierarzt im Gedächtnis. Was er auch nicht vergisst: "Die Augen von Tieren, die man aus einer Umgebung holt, wo es ihnen nicht gut geht". In ihren Blicken sehe man "Dankbarkeit und Erleichterung".

Reise nach Neuseeland

So gern Winfried Ueckert Amtstierarzt war, so "gut die Arbeitsatmosphäre" in seinem Fachbereich und "so hoch motiviert" sein Team war - der 64-jährige Vater von zwei erwachsenen Töchtern freut sich auf den Ruhestand. Den neuen Lebensabschnitt werden er und seine Frau mit einer Reise in sein Lieblingsland Neuseeland beginnen. Und natürlich will der Hobbyfotograf "ganz viel fotografieren". Und "was am Haus machen". Und, und, und …

Was er nicht will, weiß Winfried Ueckert auch. "Ich werde ganz sicher kein 'Pappa ante portas' werden." Also kein Ruheständler wie Heinrich Lohse aus Loriots Komödie von 1991, der sich im Haushalt so nützlich macht, dass seine Familie an den Rand des Wahnsinns gerät.

 
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