Wie in zahlreichen anderen deutschen Städten sind am Samstag auch in Würzburg mehrere Hundert Menschen unter dem Motto "Save Your Internet" auf die Straße gegangen, um gegen Teile der geplanten EU-Urheberrechtsreform zu protestieren.
Während die Veranstalter beim Demonstrationszug in der Spitze von bis zu Tausend Teilnehmern ausgingen, zählte die Polizei bei der Abschlusskundgebung am Unteren Markt gut 500 Demonstrantinnen und Demonstranten – die tatsächliche Zahl dürfte sich irgendwo dazwischen bewegen.
Die fast ausschließlich jungen Menschen versammelten sich am Kiliansbrunnen vor dem Hauptbahnhof und zogen von dort mit lautstarken Sprechchören wie "Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Freiheit klaut" durch die bei gut besuchte Innenstadt zum Marktplatz.
Hauptkritikpunkt: der umstrittene Artikel 13
Hauptkritikpunkt der Demonstration, zu der Jusos, Linke, die Grünen, SPD, FDP und sechs weitere Personen und Organisationen aufgerufen hatten, war wie andernorts in erster Linie der umstrittene Artikel 13 der EU-Urheberrechtsreform – nach aktuellem Stand der Gesetzesvorlage, über die das EU-Parlament am Dienstag abstimmen soll, inzwischen Artikel 17. Seine Regelung zum Schutz geistigen Eigentums im Internet lässt sich nach der Meinung von Experten nur durch den Einsatz sogenannter Uploadfilter umsetzen.
"Die Leute, die versuchen das durchzuboxen haben überhaupt keine Ahnung davon, was das Internet überhaupt ist. Das Thema hat die Sprengkraft, unsere Art zu kommunizieren komplett auf den Kopf zu stellen", betonte Christoph Stitz, Sprecher des Würzburger Bündnisses für ein freies Internet, bei der Abschlusskundgebung.
"Urheberrechtsreform ist längst überfällig"
Michael Reitmaier von den Jusos erinnerte daran, dass die Große Koalition in Berlin im Koalitionsvertrag den Einsatz von Uploadfiltern als "unverhältnismäßig" abgelehnt hat – auf europäischer Ebene wollen CDU und CSU die umstrittene Regelung zusammen mit anderen konservativen Parteien aber trotzdem durchsetzen. "Die Urheberrechtsreform ist längst überfällig, das Urheberrecht muss dringend auf den aktuellen Stand der digitalen Welt gebracht werden. Das darf aber nicht zu einer massiven Einschränkung des Internets führen", so Reimaier weiter.
Bisher – so mein Eindruck – war und ist das ein Kampf der Lobbyisten. Wenn man sich ansieht, was beispielsweise die GEMA zu Artikel 13 schreibt, dann hört sich das alles ganz wundervoll an. Bei genauerer Betrachtung stellt man aber schnell fest, dass einige der Aussagen mindestens als irreführend und unvollständig bewertet werden müssen – wenn nicht gar als falsch. Und die Handschrift von Institutionen wie der Gema oder der Verlage im Wortlaut der Richtlinie ist unverkennbar.
Dagegen wird die öffentliche Meinung stark von denjenigen beeinflusst, für die der Artikel 13 in seiner aktuellen Form ein großes und insbesondere teures Problem darstellt. Deren Zielsetzung können wir uns alle leichten Herzens anschließen – aber verständlicherweise nicht die Träger der Urheberrechte.
Hier einen vernünftigen Kompromiss zu finden ist extrem schwer – es sollte sich nicht einfach derjenige mit dem größten Einfluss auf den Gesetzgeber durchsetzen.
Schutz der Urheberrechte ist ein wichtiges Thema – und wir alle wissen, welchen Schaden das Internet bei den Trägern der Urheberrechte bereits verursacht hat.
Trotzdem ist es keine Option, gesetzliche Vorgaben einzuführen, die sich entweder überhaupt nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger realisieren lassen.
Ein ebenso brisantes und hoch komplexes Thema also. Es ist schwierig, einen vernünftigen Kompromiss zu finden, keine Frage!
Aber wie versuchen wir das Problem zu lösen? Mit zwei höchst unterschiedliche Gruppen – die Einen dafür, die Anderen dagegen. Unsere Medien berichten mit Begeisterung über die lauter werdenden Eskalationen.
Aber eine wirkliche substanzielle Auseinandersetzung mit dem Thema? Mit einer Betrachtung aus unterschiedlichen Perspektiven? Fehlanzeige!
Mir scheint, unsere Gesellschaft wird immer oberflächlicher …