Sechzig Prozent der in der Bundesrepublik an Demenz erkrankten Menschen leben einer deutschen Studie zufolge ohne eine gesicherte Diagnose. Entsprechend wichtig ist die Früherkennung. Nach den Erfahrungen des Neurologen, Professor Peter Kolominsky-Rabas, wird eine Demenz-Diagnose vielfach aber meist sehr spät und häufig erst bei fortgeschrittener Symptomatik gestellt. Dabei kann eine Erkrankung schon bei 30-Jährigen auftreten.
Beim bayernweit ersten Screening-Tag zur Demenz-Früherkennung in der Raiffeisen-Sporthalle in Thüngersheim bot sich Interessierten aller Generationen die kostenfreie Gelegenheit für einen aussagekräftigen "Mini-Mental-Status-Test" (MMST). Die Resonanz bei der Premiere des Screening-Tags war für den Thüngersheimer Bürgermeister Michael Röhm völlig überraschend. "Ich bin geplättet", wunderte sich Röhm über die ständig besetzten sieben Beratungs- und Testkabinen.
Zuvor hatte es Informationsveranstaltungen gegeben
In seiner Funktion als Sprecher der Kommunalen Allianz Main-Wein-Garten mit den Mitgliedsgemeinden Erlabrunn, Himmelstadt, Leinach, Margetshöchheim, Retzstadt, Thüngersheim, dem Markt Zell am Main sowie dem Markt Zellingen hatte Röhm die Veranstaltung mit Allianz-Managerin Anna Klüpfel in Kooperation mit dem Digitalen Demenzregister Bayern (digiDEM) der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg initiiert.
Vor dem Screening-Tag war in jeder der ILE-Mitgliedsgemeinden eine Informationsveranstaltung angeboten worden. "Je früher eine Demenz erkannt wird, desto früher lernen betroffene Menschen und deren Angehörige mit den Krankheitssymptomen umzugehen und können Behandlungs- und Unterstützungsmöglichkeiten in die Wege leiten", erklärte Neurologe und digiDEM-Projektleiter Professor Peter Kolominsky-Rabas.
Eine persönliche Hemmschwelle oder gar die Betrachtung der angebotenen Tests als Tabu-Thema war unter den zahlreichen Teilnehmenden nicht zu spüren. Sich "offensiv gegenüber Freunden, Nachbarn und Bekannten mit einer derartigen Erkrankung auseinanderzusetzen" ist auch die Empfehlung von Initiator Michael Röhm. "Man muss allerdings den Mut haben es auszuhalten", weiß Röhm aus eigener Erfahrung im familiären Umfeld.
Großes Interesse an Tests zur Demenz-Früherkennung
Für den 72-jährigen Richard Full aus Retzstadt war eine solche Erfahrung auch die Veranlassung, sich in der Raiffeisen-Sporthalle dem Einstiegstest zu unterziehen. "In meinem Bekanntenkreis gibt es eine Person mit einer schweren Demenz-Erkrankung", sagte er. Auch Gerd Hessenauer (74) aus Erlabrunn nahm das Angebot wahr. So wie viele weitere Menschen aus der Region. Vereinzelten Besucherinnen und Besuchern wurde bei Auffälligkeiten im Testergebnis durch die digiDEM-Wissenschaftler die Vorstellung in einer Gedächtnis-Ambulanz empfohlen.
Wie Professor Peter Kolominsky-Rabas erklärte, sei bei dem am Demenz-Screening-Tag durchgeführten Test der sogenannte Mini-Mental-Status-Test (MMST) zur Anwendung gekommen. Mit dem etwa zehn Minuten dauernden Test sei eine verlässliche Überprüfung der Gedächtnisleistung möglich. Er umfasst verschiedene Aufgaben, die beispielsweise die zeitliche und örtliche Orientierung, Merkfähigkeit sowie Rechenfähigkeit oder das Befolgen von Anweisungen umfassen.
Eine Test-Empfehlung sieht digiDEM-Projektleiter Professor Peter Kolominsky-Rabas generell gegeben, wenn Angehörigen oder den jeweiligen Personen selbst etwas auffällig erscheint. Auftretende Gedächtnisstörungen und Vergesslichkeit verliefen oft fließend. Beispiele für eine Demenz-Erkrankung seien Sprachstörungen, Orientierungsprobleme und Schwierigkeiten bei Verrichtung alltäglicher Aufgaben.