Frisch gebadet ist Daphne eine überaus gepflegte Erscheinung mit ihrem flauschigen weißen Fell. Sobald sie aber im fränkischen Winterwetter ihren Arbeitsplatz betritt, erweist sich das helle Haarkleid als nicht allzu vorteilhaft, wenn Daphne begeistert schnüffelnd durch die zukünftige Trüffelplantage ihres Herrchens pflügt. Die junge Hundedame möchte ein Trüffelsuchhund werden. Derzeit ist sie Auszubildende im ersten Lehrjahr im landwirtschaftlichen Betrieb der Familie von Zobel in Darstadt. Sohn Moritz, der den Betrieb von seinem Vater übernehmen will, setzt dort auf Sonderkulturen. Eine davon: Trüffel.
"Ich habe ungefähr 1500 Bäume auf zwei Hektar gepflanzt", sagt Moritz von Zobel. Seit vier Jahren wachsen die noch recht kleinen Bäumchen auf einer Fläche nicht weit vom Anwesen entfernt. In ihrem Wurzelgeflecht sitzt aber schon die Grundlage für den erhofften zukünftigen Ertrag: die Sporen der Burgundertrüffel, die Moritz von Zobel hier in zwei bis drei Jahren aus der Erde holen möchte. Die Wirtsbäume kommen aus einer speziellen Trüffelbaumschule. Unter sterilen Bedingungen wird dort das Feinwurzelgeflecht der jungen Bäumchen mit den Pilzsporen geimpft.
Über Trüffel kann Moritz von Zobel, der in Göttingen Landwirtschaft studiert hat, stundenlange Vorträge halten. Auf die edle Spezialität kam er in einer schlaflosen Nacht, als er sich mit einem Pilz-Quiz die Zeit vertrieb. Fortan pflegte er seine neue Leidenschaft mit Nachdruck. Sogar seine Bachelor-Arbeit befasst sich damit. Der 29-Jährige kennt jede Skurrilität zum Thema: Geschichten von im Erdboden vergrabenen "Fußbodenheizungen" für das Wohlbefinden des kälteempfindlichen Speisepilzes, und von der überaus teuren elektronischen Trüffelnase, die dessen Geruchsbestandteile wahrnehmen kann und Trüffelsuchhunde eigentlich überflüssig macht.
Doch Daphne muss diese Konkurrenz nicht fürchten. Die knapp sechs Monate junge Hündin, die der Rasse Lagotto Romagnolo angehört, erweist sich nicht nur als ausgesprochen gelehrig in der Ausbildung, sondern bietet mit ihrem liebenswürdigen Wesen auch etwas fürs Gemüt. Später, wenn in der Nähe der jungen Bäume die Trüffel rund zehn Zentimeter unter der Erde gedeihen, wird ihre gute Nase gebraucht. Ihre Rasse ist prädestiniert für die Trüffelsuche. Zu dem hervorragenden Geruchssinn kommt bei dem italienischen Wasserhund ein nur schwach ausgeprägter Jagdtrieb.
Gerade lernt Daphne mit einer an einer Schnur befestigten Übungs-Trüffel, auf welchen Geruch es ankommt. Persönlich weitaus interessanter findet sie allerdings einen anderen Duft. Der entströmt einer kleinen Tube, die ihr Herrchen in der anderen Hand hält: Hundeleberwurst. An der Tube darf sie immer dann schlabbern, wenn sie der Aufforderung "Daphy, such den Trüffel!" auftragsgemäß nachgekommen ist.
Daphne würde übrigens, wenn sie außerhalb der Plantage in der Landschaft suchen würde, mit ziemlicher Sicherheit wilde Trüffel finden. Die Pilze seien in Deutschland recht verbreitet, das Graben nach einigen Arten wie der Burgundertrüffel allerdings verboten, verrät Moritz von Zobel. Er erklärt sich das Sammelverbot mit den Einwänden von Forstleuten, die sich über umgepflügte Waldstücke ärgerten, die nach den Ausgrabungen von Trüffel-Enthusiasten bisweilen an Tiefbauprojekte erinnerten.
Für die Burgundertrüffel hat sich von Zobel entschieden, weil diese Sorte mit den hiesigen klimatischen Bedingungen gut zurecht kommt. Für sehr gute Burgundertrüffel könne ein Kilopreis von 800 Euro erzielt werden, sagt der Landwirt. Sie seien aromatisch und schmackhaft, jedoch nicht so kälteempfindlich wie die noch deutlich teurere Alba-Trüffel oder die Perigord-Trüffel. Aber auch die Zucht der unprätentiösen Burgundertrüffel macht viel mehr Arbeit, als Moritz von Zobel zu Anfang gedacht hatte.
Zunächst hat er die Fläche ordentlich aufgelockert und jede Menge Kalk in den Boden eingebracht, weil die Trüffel tiefgründige Muschelkalkböden liebt. Seit die Bäumchen gepflanzt sind, muss er der Plantage noch mehr Aufmerksamkeit widmen. Im Winter wird der Boden mit Mulch abgedeckt, damit die Wurzeln nicht erfrieren, und im Sommer fährt der Landwirt mit dem Tankwagen durch die Plantage, damit im niederschlagsarmen Unterfranken die Baumhaseln, Rot- und Hainbuchen sowie Eichen nicht verdursten.
Die Trüffel selbst wecken leider auch Begehrlichkeiten bei Mäusen, gegen die Moritz von Zobel seine Pilze wappnen muss. Als bequeme Sitzplätze hat er auf der Plantage sogenannte Julen für die Mäusebussarde aufgestellt, die auf ehrenamtlicher Basis für ihn die Nager dezimieren. Und gegen die Wildschweine, die ebenfalls als große und vor allem rigoros vorgehende Liebhaber der Trüffel bekannt sind, hat er das Grundstück eingezäunt und die Zaunpfosten tief eingegraben.
"Rent a Trüffelhund"
Später einmal wird der Landwirt die Pilze nur finden können, wenn Daphne ihre Arbeit beherrscht und punktgenau anzeigt, wo unter der Erde eine Trüffel sitzt. Einfach auf gut Glück zu graben, bringt keinen Erfolg. Moritz von Zobel möchte seine Pilze vorwiegend an Gastronomen verkaufen. Er glaubt, dass gutes Essen im Trend liegt und daher auch Trüffel vermehrt Verwendung finden werden. Der Darstadter ist auch nicht der einzige, der sich an dieser Idee versucht. Er weiß von rund einer Handvoll Betrieben in der Region, die ebenfalls Trüffel anbauen. Moritz von Zobel betreibt die Plantage übrigens gemeinsam mit seinem Bruder Felix als GbR. Auch Vater Heiner unterstützt das Vorhaben.
An Ideen für die Vermarktung seiner Trüffel fehlt es dem 29-Jährigen nicht. Zum Beispiel kann er sich vorstellen, später mehrere Trüffelsuchhunde zu halten und sie etwa unter dem Motto "Rent a Trüffelhund" mit abenteuerlustigen Kunden in der Plantage auf Trüffelsuche zu schicken. Zunächst aber muss erst einmal Daphne ihre Ausbildung absolvieren. Und die gebürtige Unterpleichfelderin klemmt sich mit Hingabe dahinter - so lange Hundeleberwurst im Spiel ist.