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OCHSENFURT
Danone kündigt den Milchbauern
meg Milchprotest       -  Im Danone-Werk in Goßmannsdorf wurden bislang jährlich 18,5 Millionen Liter Milch der Milcherzeugergenossenschaft Ochsenfurt verarbeitet.
Foto: Gerhard Meißner | Im Danone-Werk in Goßmannsdorf wurden bislang jährlich 18,5 Millionen Liter Milch der Milcherzeugergenossenschaft Ochsenfurt verarbeitet.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:54 Uhr

Die 68 Milchbauern der Milcherzeugergenossenschaft (MEG) Ochsenfurt hat die Nachricht kalt erwischt. Am Dienstag teilte der Danone-Konzern dem Vorstand der Genossenschaft mit, dass er den Milchkaufvertrag mit der MEG fristgerecht zum 31. Januar 2019 kündigen wird.

Für die 18,5 Millionen Liter Milch, die die Milchbauern aus der Region Ochsenfurt zuletzt pro Jahr ins Danone-Werk nach Goßmannsdorf geliefert haben, muss die MEG nun einen neuen Abnehmer finden. Die Sorge ist groß, dass damit auch die Erlöse weiter sinken und die Zahl der Milchviehhalter zurückgeht.

Überkapazitäten abbauen

Gegenüber der Redaktion bestätigte die Deutschland-Zentrale des französischen Konzerns in Haar bei München die Vertragskündigung. „Die Entscheidung ist Danone nicht leicht gefallen“, beteuert eine Unternehmenssprecherin, sei aber nötig gewesen, um die seit Jahren bestehenden Überkapazitäten im Werk Ochsenfurt-Goßmannsdorf abzubauen und die Wirtschaftlichkeit des Standorts langfristig zu sichern.

Bislang wurde das Danone-Werk von der MEG Ochsenfurt und der Milchzentrale Nordbaden (MZN) beliefert. Mit einer Jahresmenge von 60 Millionen Litern ist die MZN der weitaus größere Partner und soll künftig der einzige Vertragslieferant für Danone in Goßmannsdorf sein.

62 Jahre Zusammenarbeit

Beim Vorsitzenden der Milcherzeugergenossenschaft, dem Fuchsstadter Landwirt Heinz Thorwarth, stößt die Konzernentscheidung auf Unverständnis. „Wir sind total überfahren worden“, sagt Thorwarth. Seit 62 Jahren sei die Milcherzeugergenossenschaft mit der Danone-Molkerei und ihren Vorgängern verbunden.

Besonders unverständlich sei, dass die nordbadischen Milchbauern weiterhin nach Ochsenfurt liefern können und sich die Erzeuger rund um den Werksstandort nun einen neuen Abnehmer suchen müssen. „Das hat nichts mit kurzen Lieferwegen und CO2-Einsparung zu tun“, so Thorwarth.

Versammlung der Mitglieder

Am Mittwochabend hat die Genossenschaft ihre Mitglieder zu einer Versammlung eingeladen, um sie offiziell von der Kündigung und ihren Konsequenzen zu unterrichten. „Mit Einschätzungen über die Zukunft möchten wir uns im Moment zurückhalten“, sagt Thorwarth.

Warum ausgerechnet der Vertrag mit der MEG Ochsenfurt gekündigt wurde, begründet Danone unter anderem damit, dass deren Liefermenge in etwa den Überkapazitäten im Goßmannsdorfer Werk entspreche. Außerdem sei der Vertrag früher kündbar gewesen.

Neues Bezahlmodell

Von Bedeutung könnte dabei auch das neue Bezahlmodell sein, das Danone 2016 mit der Milchzentrale Nordbaden ausgehandelt hat. Statt nach festgelegten Sätzen richten sich die Erlöse der Milchbauern dort nach verschiedenen Parametern wie der allgemeinen Milchpreisentwicklung und den Futtermittelkosten.

Bei der Suche nach einem neuen Abnehmer hat Danone der Ochsenfurter Milcherzeugergenossenschaft Unterstützung angeboten und sei nach den Worten ihrer Sprecherin auch bereit, verlängerte Übergangsfristen zu gewähren, falls die MEG bis Ende Januar 2019 keine neue Molkerei gefunden hat.

Kein auskömmlicher Milchpreis

Zuletzt hat Danone den Ochsenfurter Milchbauern 34 Cent pro Kilogramm bezahlt. Der Preis gilt branchenintern als relativ hoch, ist aber trotzdem weit von dem entfernt, was aus Sicht der Landwirte kostendeckend wäre. „40 Cent plus X“ nennt MEG-Vorsitzender Thorwarth als auskömmlichen Milchpreis.

Erschwert wird die Situation in diesem Jahr durch die Trockenheit und die dadurch verursachten Ernteausfälle. Weil Futter deshalb teuer zugekauft werden muss, hätten in ganz Deutschland bereits viele Milchviehhalter ihre Bestände verkleinert, sagt der Geschäftsführer der MEG Ochsenfurt, Werner Kilian.

Mengenentlastung am Milchmarkt

Für die MEG könnte gerade dies von Vorteil sein, weil dadurch über Monate hinweg auch eine Mengenentlastung des Milchmarktes zu erwarten ist. „Es klingt paradox, aber es ist vermutlich leichter, jetzt einen neuen Abnehmer zu finden, als zu Zeiten, in denen die Milch aus vollen Rohren fließt“, sagt Kilian.

Trotzdem geht Kilian davon aus, dass die momentane Situation den Rückgang der Milcherzeugung im Ochsenfurter Gau weiter beschleunigt. Gerade für Landwirte, deren Ställe in nächster Zeit modernisiert werden müssten, sei die Versuchung groß, ganz aus der Milchviehhaltung auszusteigen.

Auswirkungen des Strukturwandels

Wie stark der Strukturwandel in der Landwirtschaft die Milcherzeugung in der Region verändert hat, lässt sich in der Chronik der 1956 gegründeten Genossenschaft nachlesen. Damals verkauften 1648 Landwirte jeweils durchschnittlich 18 Liter am Tag an die Molkerei.

Heute zählt die MEG 68 Mitglieder. Sie kommen nicht mehr nur aus dem Ochsenfurter Gau, sondern auch aus Mittelfranken, Gerolzhofen und dem Raum Schweinfurt. Pro Hof liefern sie heute im Durchschnitt über 800 Liter Milch pro Tag.

Keine Auswirkungen auf den Werksstandort

Auf den Standort in Goßmannsdorf und die Mitarbeiter habe die Kündigung des Liefervertrags keine Auswirkungen, betont die Unternehmenssprecherin. „Das Ochsenfurter Danone-Werk ist weiterhin ein strategisch wichtiges, das unter anderem die bekannten Marken Activia und Dany produziert, Activia inzwischen sogar für den gesamten Raum Deutschland-Österreich-Schweiz.“

 
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    Völlig unverständlich ist, dass gerade den Bauern gekündigt wird, die in der näheren Umgebung sind. Was soll das? Wenn man schon reduzieren m u s s , warum dann nicht in Nordbaden einen Teil?
    Meine Reaktion steht fest: - Ich kaufe in Würzburg auch keine Danone Artikel mehr!
    Da sollten sich viellicht ein paar anschließen - soll man seine Aritkel doch auch in Nordbaden verkaufen!!!
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  • G. B.
    Die kaufen da ihre Milch ein, wo es günstiger ist.

    Das machen wir doch fast alle so!
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