Nach dem Rücktritt der beiden Finanzvorstände hat die in Würzburg ansässige Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW) ihren ehrenamtlichen Vorstand wieder komplettiert. Der Richtungsstreit in der Führung des Hilfswerks gilt damit zunächst als geklärt. Bei einer Zukunftskonferenz im Frühjahr sollen strategische Fragen diskutiert werden.
Zurückgetretene Finanzvorstände wollten konsolidieren
Das in rund 20 Ländern tätige Gesundheitswerk mit gut 50 Mitarbeitern in Würzburg und einem Jahresetat von zuletzt 14 Millionen Euro zählt deutschlandweit zu den bekannten und renommierten Hilfsorganisationen. Wie berichtet, hatten sich zum Jahreswechsel überraschend die beiden Finanzverantwortlichen im fünfköpfigen Vorstand zurückgezogen. Während der Würzburger Bankexperte Stefan Mack erst seit Juni 2018 dabei war, verabschiedete sich mit Jochen Schroeren ein Altgedienter: Er ist ehrenamtlich seit 40 Jahren für die DAHW aktiv und war seit 2009 im Vorstand.
Beide hatten sich laut DAHW-Präsident Patrick Miesen für deutliche Sparmaßnahmen ausgesprochen - im Personalbereich, in der Verwaltung und der Öffentlichkeitsarbeit. Einer der Hauptstreitpunkte war offenbar die Höhe der Rücklagen, mit denen die Projektarbeit abgesichert wird: Wie weit darf man sie verbrauchen?
Generell wird der Wettbewerb auf dem Spendenmarkt härter. Auch die DAHW kann den Rückgang bei den Direktspenden nur durch Zuschüsse Dritter wie dem Entwicklungsministerium ausgleichen. Durchgesetzt hatte sich im Vorstand für den Jahresetat 2020 die Linie des Präsidenten und des hauptamtlichen Geschäftsführers Burkard Kömm: "kluge Investitionen" statt eines rigiden betriebswirtschaftlichen Sparkurses.
Alle Mitglieder mussten Verschwiegenheitserklärung unterschreiben
Bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung am Samstag habe man einen "regen Austausch über den Etat und die Zahlen geführt", berichtet Präsident Miesen auf Anfrage. Die beiden Ex-Finanzvorstände hätten allerdings die Gründe für ihren Rücktritt nicht näher erläutert, sagt DAHW-Sprecherin Jenifer Gabel. Für die Redaktion waren die beiden nicht mehr zu erreichen - was auch an einer Verschwiegenheitserklärung liegen dürfte, die alle Teilnehmer der Versammlung unterschreiben mussten. 83 Mitglieder hat der Verein aktuell, 42 nahmen am Samstag teil.
Ein Novum in der Geschichte der DAHW, nichts sollte nach draußen dringen. So auch nicht die Frage eines langjährigen Mitglieds nach einem möglichen Ausschluss der beiden Zurückgetretenen aus dem Hilfswerk. Für Präsident Miesen ist dies keine Option. Er wolle Gespräche führen und Brücken bauen, um eine solche Maßnahme zu verhindern. Die eingeforderte Verschwiegenheitserklärung rechtfertigte er mit der Sensibilität von personenbezogenen Daten und Vereinsinterna.
Für die beiden vakant gewordenen Vorstandsposten gab es zwei Bewerber, die auch gewählt wurden: Reinhardt Mayer, Psychologe und Pädagoge aus Balingen (Baden-Württemberg), sowie Wolfgang J. Schmitt, Betriebswirt und Unternehmensberater aus Zell am Main (Lkr. Würzburg). Er ist der Bruder der früheren langjährigen DAHW-Präsidentin Gudrun von Wiedersperg und übernimmt die Funktion als Finanzvorstand. Sein Stellvertreter wird Dietmar Klement, der dem Vorstand wie Präsident Patrick Miesen und "Vize" Maria Hammerschmidt seit Juni 2018 angehört. Der Richtungsstreit im Gremium gilt damit als entschieden, die beiden Neuen stünden hinter dem eingeschlagenen Kurs, sagt Sprecherin Gabel.
Der 64-jährige Mayer ist langjähriges Vereinsmitglied und hat vor über 20 Jahren mit seiner Frau in Balingen eine DAHW-Aktionsgruppe gegründet. Schmitt will laut DAHW seine "über 30-jährige Erfahrung als betriebswirtschaftlicher Berater für den Mittelstand" einbringen.
Anteil für Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit soll wieder sinken
Die DAHW müsse im Wettbewerb um die Spendergunst stärker in die Öffentlichkeitsarbeit investieren, heißt es in der offiziellen Mitteilung. "Gleichzeitig gilt es, das Verhältnis zwischen Werbe- und Verwaltungsausgaben zu den Gesamtausgaben und insbesondere den Investitionen in den Einsatzländern ausgewogen zu halten."
Wie berichtet, war der Anteil für die eigentliche Projektarbeit seit 2013 von knapp 82 Prozent stetig auf 75 Prozent in 2018 gesunken, dagegen der Aufwand für Verwaltung, Informations- und Öffentlichkeitsarbeit von 18 auf fast 25 Prozent gestiegen. Präsident Miesen will diese Ausgaben innerhalb der nächsten drei Jahre wieder "Richtung 20 Prozent" bringen.
"Zukunftskonferenz" im Frühjahr soll Strategie überprüfen
Der 42-jährige Religionslehrer aus Wiesbaden sieht durch die Mitgliederversammlung den „Zukunftskurs“ der Organisation bestätigt. Man wolle die zur Verfügung stehenden Mittel so effizient wie möglich zur Verbesserung der Lebenssituationen der Menschen in den Projekten einsetzen. Eine "Zukunftskonferenz" im Frühjahr soll mit allen Gremien der DAHW die seit 2015 bestehende Zehnjahresstrategie kritisch überprüfen und Wege finden, "um bei der Umsetzung an einem Strang zu ziehen".
Ich gehe davon aus, dass das DZI bei der zukünftigen Verleihung des "Spenden-Siegels" sehr genau hinschauen wird, ob dieses noch gerechtfertigt ist oder gar entzogen werden müsste.