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Erlangen/Würzburg
Corona: Woher kommen derzeit die Neuinfektionen in Unterfranken?
Familie, Supermarkt, Schule, Gottesdienst - wie und wo kommt es in der Region noch immer zu den vereinzelten Infektionen? Was die Ämter und Experten wissen und sagen können.
Tests auf das Coronavirus können jetzt ausgeweitet werden auf Personen ohne Krankheitsanzeichen. Das legt eine am Dienstag in Kraft getretene Verordnung des Bundesgesundheitsministers fest. 
Foto: Britta Pedersen, dpa | Tests auf das Coronavirus können jetzt ausgeweitet werden auf Personen ohne Krankheitsanzeichen. Das legt eine am Dienstag in Kraft getretene Verordnung des Bundesgesundheitsministers fest. 
Angelika Kleinhenz
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:01 Uhr

Es sind wenige, aber es gibt sie: Jede Woche werden in Unterfranken noch vereinzelt Menschen identifiziert, die sich neu mit dem Coronavirus infiziert haben. Wo aber haben sie sich  angesteckt? Waren Supermärkte, Schulen, Restaurants oder Gottesdienste die Infektionsquellen? Und wie wichtig und sinnvoll sind die Abstands- und Hygieneregeln jetzt noch?

Antworten geben die Gesundheitsämter, die Regierung von Unterfranken, das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) sowie Professor Oliver Kurzai, Leiter des Instituts für Hygiene und Mikrobiologie an der Universität Würzburg.

Wie viele Menschen sind in Unterfranken noch akut am Coronavirus erkrankt?

In ganz Unterfranken waren in dieser Woche noch nachweislich 85 Menschen akut durch das Coronavirus erkrankt (Stand: Mittwoch, 10. Juni). Die Abfrage der einzelnen Gesundheitsämter ergab 23 Erkrankte in Stadt und Landkreis Schweinfurt, 19 in Stadt und Landkreis Würzburg, 13 in Stadt und Landkreis Aschaffenburg sowie sieben Erkrankte im Landkreis Bad Kissingen, jeweils sechs in den Landkreisen Rhön-Grabfeld und Main-Spessart, fünf im Landkreis Haßberge, vier im Landkreis Miltenberg und zwei im Landkreis Kitzingen. Laut der Regierung von Unterfranken stehen derzeit noch mehr als 200 Menschen, die Kontakt zu einem Infizierten hatten, unter Quarantäne. 26 Erkrankte werden stationär behandelt, acht von ihnen liegen auf der Intensivstation. 

Wo haben sich die Neuinfizierten in Unterfranken angesteckt?

Dies herauszufinden, scheint in vielen Fällen unmöglich. "Innerhalb von Familien ist die Infektionskette häufig gut zu rekonstruieren. In Alten- oder Pflegeheimen wird es schon deutlich schwieriger. Nicht in jedem Fall ist der genaue Infektionsweg klar erkennbar", heißt es vom Schweinfurter Gesundheitsamt. Vier Betroffene aus dem Landkreis Main-Spessart hatten sich bei einer Familienfeier in einem anderen Bundesland angesteckt. Bei zwei weiteren Fällen ist der Ansteckungsort unbekannt.

Im Raum Aschaffenburg zeigten vier neu identifizierte Infizierte "keinerlei Symptome", teilt das Aschaffenburger Gesundheitsamt mit. Die vier seien zufällig getestet worden, etwa, weil sie eine berufliche Tätigkeit in der Pflege aufnehmen wollten. Wann oder wo sie sich infiziert hatten, habe sich nicht aufklären lassen.
Auch die Neuinfektionen im Raum Würzburg entdeckte man durch Zufall, weil Patienten vor einer anstehenden Operation getestet oder vor der Aufnahme in ein Krankenhaus untersucht worden waren. Das Würzburger Gesundheitsamt konnte keine Infektionsquelle ermitteln.

"Die Neuinfektionen können keinen Schwerpunkten (Schule, Supermarkt) zugeordnet werden", bestätigt das Gesundheitsamt Rhön-Grabfeld. Aufgrund der wenigen Fälle seien die Kontaktpersonen zwar schnell ermittelt, der Ursprung der Ansteckung bleibe aber unbekannt, heißt es aus dem Landratsamt Haßberge. Was man derzeit sagen könne: Das Virus zirkuliere noch überall im öffentlichen Raum, so das Gesundheitsamt Bad Kissingen. 

Warum ist es so schwierig, die Quelle der Infektionen zu finden?

Der Würzburger Mikrobiologe Oliver Kurzai sagt: "Das Grundproblem in der jetzigen Phase der Coronavirus-Pandemie ist, dass es eine Dunkelziffer von Menschen gibt, die infiziert sind, die aber nichts davon merken und wissen. Wie hoch diese Zahl ist, darüber können wir nur spekulieren. Wir wissen, dass diese Dunkelziffer abhängig vom Alter der Betroffenen unterschiedlich hoch ist. Kinder merken von der Infektion oft weniger als Erwachsene. Alle Menschen zu identifizieren, die das Virus in sich tragen, ist praktisch unmöglich."

Sind Abstands- und Hygieneregeln überhaupt noch sinnvoll?

Ja, sagt Oliver Kurzai: "Die Abstands- und Hygieneregeln tragen dazu bei, dass sich die Infektionen nicht in dramatischer Weise weiterverbreiten. Wichtige Fragen sind: Zu wie vielen Menschen hat ein Infizierter engen Kontakt? Wie viele Menschen steckt ein Infizierter an? Diese Zahlen sind durch die Maßnahmen erheblich gesunken. Die Kontaktbeschränkungen und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes machen Sinn. Denn: Wenn man selbst unerkannter Träger des Virus ist, wird dadurch die Wahrscheinlichkeit erheblich verringert, das Virus weiterzugeben." 

Ist eine zweite große Infektionswelle wahrscheinlich?

Oliver Kurzai sagt. "Es gibt Rechenmodelle, nach denen eine zweite Infektionswelle im Herbst zu erwarten ist, nach anderen erst im nächsten Jahr. Und es gibt Modelle, nach denen eine zweite Welle vielleicht gar nicht kommt. Darauf sollten wir uns aber nicht verlassen."

Warum wird nicht häufiger getestet, um die Dunkelziffer gering zu halten?

In Bayern sei von Beginn der Pandemie an" sehr konsequent getestet" worden, so das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Trotzdem gehe man davon aus, "dass Fälle mit asymptomatischen Verläufen nicht immer erfasst werden und auch weiter nicht in die Statistik eingehen". Die Abstands- und Hygieneregeln seien deshalb zur Senkung der Infektionszahlen weiter sinnvoll. Eine wichtige Rolle spiele die Vernunft der Menschen, so das LGL. Die Testungen sollen nun für besonders sensible Personengruppen und solche, die zur kritischen Infrastruktur gehören, verstärkt werden. Auch Menschen ohne Symptome sollen laut LGL bald die Möglichkeit haben, sich testen zu lassen: "Details dazu werden gerade erarbeitet."

 
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