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Würzburg
Corona: Kinderarzt sagt, wie sicher Kita und Schule jetzt sind
Wie schwer erkranken Kinder am Coronavirus? Wie sicher sind Kindergarten und Schule? Die Antworten eines Medizinprofessors der Uni-Kinderklinik in Würzburg überraschen.
Prof. Dr. med. Johannes G. Liese leitet den Bereich pädiatrische Infektiologie und Immunologie an der Kinderklinik der Uniklinik Würzburg.
Foto: Thomas Obermeier | Prof. Dr. med. Johannes G. Liese leitet den Bereich pädiatrische Infektiologie und Immunologie an der Kinderklinik der Uniklinik Würzburg.
Angelika Kleinhenz
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:01 Uhr

Zurück in die Kita heißt es spätestens ab 1. Juli wieder für alle Kinder in Bayern. Während viele Eltern aufatmen, lassen andere ihre Sprösslinge mit Unbehagen zurückkehren. Denn noch ist unklar: Sind Kinder genauso ansteckend wie Erwachsene? Wie schwer verläuft die Corona-Erkrankung bei kleinen Patienten?

Über die Antworten diskutieren und streiten Wissenschaftler weltweit. Eine Forschergruppe der Universitätskinderklinik in Würzburg um den Leiter der Infektiologie und Immunologie, Professor Johannes Liese, hat Daten von über 2500 erkrankten Kindern aus China und Deutschland ausgewertet: vom Säugling bis zum Siebenjährigen, die wegen einer Coronaerkrankung stationär in Kliniken  behandelt worden waren. Im Interview sagt Johannes Liese, was ihn dabei überrascht hat.

Frage:  Herr Liese, sind Kinder Virenschleudern, was das Coronavirus angeht?

Prof. Johannes Liese: Zu diesem Zeitpunkt wissen wir das nicht. Es gibt einfach noch zu wenig Studien, die Kinder mit einschließen oder die in Kitas und Schulen durchgeführt wurden.

Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité hält trotz seines Streits mit der Bild-Zeitung und anderen Virologen daran fest, dass Kinder ebenso infektiös seien wie Erwachsene. Hat er Unrecht?

Liese: Die Aussage von Christian Drosten muss man erklären. Er hat bei Kindern im Nasen- und Rachenraum - also dort, wo man das Virus durch einen Abstrich nachweisen kann - etwa die gleiche Virusmenge bei Kindern wie bei Erwachsenen gefunden. Er hat nicht gesagt, er sei sich sicher, dass Kinder damit automatisch genauso ansteckend sind.

Was spricht dagegen, dass sie genauso ansteckend sind wie Erwachsene?

Liese: Dagegen spricht, dass Kinder nicht so stark husten können wie Erwachsene und damit das Virus weniger stark im Raum verteilen können. Dafür spricht andererseits, dass Kinder kontaktfreudiger sind als Erwachsene und Abstandsregeln weniger einhalten. Wir brauchen also weitere Studien.

Ihr Forscherteam hat sich die Krankheitsverläufe von mehr als 2500 Kindern aus China und Deutschland näher angeschaut, die wegen einer Coronavirus-Infektion im Krankenhaus behandelt wurden. Was wissen Sie sicher und was hat Sie überrascht?

Liese: In den ersten Untersuchungen aus China und in den nun vorliegenden Untersuchungen aus Deutschland hat sich gezeigt, dass Kinder in der Regel nur eine sehr leichte Atemwegserkrankung nach Infektion mit dem neuen Coronavirus durchmachen. Am meisten überrascht hat mich, dass wir hier in Würzburg bis zum jetzigen Tag kein einziges Kind mit einer Coronavirus-Infektion in der Kinderklinik behandeln mussten. In einer Influenza-Saison werden jede Woche mindestens fünf Kinder ins Krankenhaus aufgenommen. In der RS-Virus-Saison, also von Januar bis April, können es auch bis zu zehn Kinder pro Woche sein. Wir waren bei Covid-19 darauf vorbereitet. Doch glücklicherweise ist es nicht so gekommen. (Anmerkung der Redaktion: RS-Viren können akute Atemwegserkrankungen verursachen und sind besonders gefährlich für Säuglinge und Kleinkinder.)

War das nur in Würzburg so?

Liese: Ärzte auf der ganzen Welt haben die Erfahrung gemacht: Die Krankheitsverläufe bei Kindern, die sich mit dem Coronavirus infizieren, verlaufen sehr viel leichter als bei Erwachsenen. Seit Beginn der Pandemie bis heute wurden insgesamt in Deutschland 162 Kinder wegen Covid-19 in Kliniken behandelt. Im Vergleich: Bei der Influenza und bei RS-Viren wären es weit über Tausend  in einem vergleichbaren  Zeitraum.

Und die 2500 Kinder, die wegen Covid-19 in chinesischen Kliniken ins Krankenhaus kamen?

Liese: 60 bis 70 Prozent waren jünger als fünf Jahre, 30 bis 40 Prozent waren Säuglinge. Die Mehrheit hatte Fieber und eine Infektion der oberen Atemwege, will heißen: Husten, Schnupfen, Halsschmerzen. Das größte Problem war oft, dass die Kinder nicht genug trinken, also die Gefahr besteht, dass sie dehydrieren und Kreislaufprobleme bekommen. Lungenentzündungen waren selten. Kinder mit Vorerkrankungen der Lunge, des Herzens oder neurologischen Erkrankungen mussten häufiger stationär behandelt werden als gesunde Kinder.

Wie schwer sind diese Kinder erkrankt?

Liese: Drei Viertel der jungen Patienten konnten nach vier Tagen völlig gesund aus der Klinik entlassen werden. Ein Viertel der Kinder hatte bei der Entlassung noch leichte Symptome. Bisher ist ein Kind in Deutschland an den Folgen einer Coronavirus-Infektion gestorben.

Sind trotz harmloser Verläufe Spätfolgen bei den Kindern zu erwarten?

Liese: Danach sieht es im Moment nicht aus. In Einzelfällen ist das aber immer möglich.

Wenn die Krankheit bei Kindern meist so milde verläuft, heißt das, dass viele Infektionen bei Kindern nicht entdeckt werden? 

Liese: Das ist möglich, wir wissen es aber noch nicht. Eltern bringen einen Achtjährigen, der einen Schnupfen hat, in der Regel nicht sofort zum Arzt. Viele Kinder mit einem leichten Infekt werden vermutlich nicht auf das Coronavirus getestet. Die Frage ist: Wie ansteckend sind diese wenig oder auch gar nicht erkrankten Kinder, wenn sie mit dem neuen Coronavirus infiziert sind?

Wenn Sie von anderen Viren ausgehen, die man bereits kennt, was würden Sie sagen?

Liese: Dann würde ich sagen: Ja, klar. Bei vielen Atemwegserkrankungen sind Kinder die Hauptverteiler der Viren. Bei der Influenza sind Kinder hochinfektiös. Sie machen die meisten Infektionen durch. Und sie verteilen diese Infektionen: im Kindergarten, in der Schule, in der Familie.

"Als Kinder- und Jugendarzt bin ich sehr froh, dass Schulen und Kindertageseinrichtungen wieder öffnen."
Professor Johannes G. Liese
Viele Eltern fragen sich jetzt: Ist der Kindergarten sicher? 

Liese: Als Kinder- und Jugendarzt bin ich sehr froh, dass Schulen und Kindertageseinrichtungen wieder öffnen, weil eine weitere Schließung andere gravierende Nachteile für die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern hat. Es gibt relativ wenig Covid-19-Neuinfektionen in Deutschland. Das Risiko für eine Familie, ihr Kind jetzt in den Kindergarten zu schicken und danach zu erkranken, ist sehr gering. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass es in einzelnen Einrichtungen lokal zu einem Ausbruch kommt. Daher müssen wir wachsam sein. Kinder mit Schnupfen, Husten, Halskratzen müssen unbedingt zu Hause bleiben und rechtzeitig untersucht werden.

Sollte man das Kind in den Kindergarten schicken, wenn das Kind oder ein Elternteil zur Risikogruppe gehören?

Liese: Der Risikofaktor - Herzerkrankung, Diabetes oder Immunsupression - muss individuell von einem Arzt beurteilt werden. Für jemand, der gut mit Medikamenten eingestellt und stabil ist, ist das Risiko vergleichbar mit dem gesunder Personen derselben Altersgruppe. In diesem Fall sind die Nachteile für das Kind, wenn es zuhause isoliert wird, größer. Ein Krebspatient dagegen, der eine Chemotherapie erhält, die sein Immunsystem stark herabsetzt, sollte weiter sein Kind zuhause lassen.

Können auch die Großeltern die Enkel betreuen, sobald die Kinder wieder in den Kindergarten oder in die Schule gehen?

Liese: Auch dies hängt von zusätzlichen Risikofaktoren und Grunderkrankungen ab. Für 50- bis 70-jährige Großeltern, die gesund und fit sind, sehe ich kein allzu großes Risiko. Sind sie älter, würde ich den Kontakt auf gemeinsames Spazierengehen und Aktivitäten im Freien begrenzen und den Großeltern das Tragen eines sichereren Mund-Nasen-Schutz, etwa einer FFP2-Maske, empfehlen.

Wissenschaftliche Begleitung: Corona-Tests in Würzburger Kitas

In Deutschland starten derzeit viele Projekte, die sich mit der Frage beschäftigen: Wie infektiös sind Kinder? Die Stadt Würzburg hat Experten von Universitätsklinik und Universität um Hilfe gebeten, um die Öffnung der Kindertagesstätten wissenschaftlich zu begleiten.
Das Ziel: Das Coronavirus soll sich nicht unbemerkt in einem Kindergarten ausbreiten und von dort in die Familien gelangen. Dafür sollen in ausgewählten Kindergärten alle Kinder, auch ohne Symptome, ein bis zwei Mal pro Woche getestet werden.
Beteiligt sind die Institute für Mikrobiologie, Virologie, Epidemiologie, Allgemeinmedizin, sowie die Universitäts-Kinderklinik und die Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Uniklinik. Die Tests starten voraussichtlich nach den Sommerferien - weil viele Mediziner ab dann eine zweite Infektionswelle befürchten.
Quelle: akl
 
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  • pbxydo@freenet.de
    Unsere Kidz sind zwar seit einigen Jahren schon aus der Schule aber mich würde interessieren wie es mittlerweile mit den Schulbussen funktioniert. Da gab es mal einen kurzen Bericht so nebenbei aus Schonungen, ......
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  • FischersFritz
    Warten wir doch mal die nächste Woche ab. Dann kommen ja nochmal einige Klassen dazu … bin ebenfalls gespannt, wie das ablaufen wird …
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  • pbxydo@freenet.de
    Das Interview hätte man nach Beantwortung der ersten Frage beenden können. Alles was danach kommt dient nur der Unterhaltung.
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  • o_heinrich@web.de
    Da stimme ich Ihnen voll und ganz zu: "Nix Genaues weiß man nicht!"
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  • oechler
    Wobei Kitas ab 1.7. wieder komplett für alle Kinder geöffnet sind und Schulen weiterhin auf "Sparflamme" fahren.
    In der kiga-gruppe mit 25 Kindern gibt es keine 1,5 m Abstand.
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  • IngridvW
    Vielen Dank für das ausgewogene Interview.
    Wir lernen: Es muss immer das für und wieder abgewogen werden.
    Und:
    Es muss immer die individuelle Gefährdung der ganzen Familie angeschaut werden.
    Für Kindergarten und Schule scheint mir wichtig zu sein:
    Es geht nicht nur darum, die Kinder und Jugendlichen zu schützen, sondern auch die Erzieher*innen und die Lehrer*innen.
    Hanjo von Wietersheim
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  • Ironic
    Zitat "
    "Am meisten überrascht hat mich, dass wir hier in Würzburg bis zum jetzigen Tag kein einziges Kind mit einer Coronavirus-Infektion in der Kinderklinik behandeln mussten. In einer Influenza-Saison werden jede Woche mindestens fünf Kinder ins Krankenhaus aufgenommen. "
    Das ist für mich ein Indiz, dass man mit den Schulschließungen deutlich übertriebenen hat.
    Zu Lasten von Kindern.
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  • SieberJoh
    Zum Zeitpunkt der Schulschließungen gab es noch zu viele unsichere Faktoren was Ansteckung und Infektionsübertragung bei Kindern und Jugendlichen betrifft. Es ist halt so wie bei allem im Leben, nachher ist man immer gescheiter als vorher. Oder können Sie mir die Lottozahlen der morgigen Samstagsziehung heute schon nennen. Die Fachleute und Politiker sind erst mal von der größtmöglichen Gefahr (inspiriert durch die Meldungen aus Italien, Spanien, …) ausgegangen.
    Vielleicht tragen die jetzigen Erkenntnisse zu beschleunigten Schulöffnungen bei.
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  • FischersFritz
    Das werden viele in diesem Leben auch nicht mehr verstehen – bei den Schulschließungen geht es nicht nur um den Schutz der Kinder, es geht auch um die Eindämmung der Übertragung.

    Es gibt zum aktuellen Zeitpunkt KEINEN(!) Hinweis darauf, dass Kinder weniger zur Verbreitung des Virus beitragen als Erwachsene.

    Im Gegenteil – die Streeck-Studie von Heinsberg hat als Ergebnis klipp und klar gezeigt, dass das Übertragungsrisiko mit einem infizierten Kind in der häuslichen Gemeinschaft am höchsten ist.
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  • o_heinrich@web.de
    Richtig! Erinnert sei an die aktuelle Studie von Dr. Drosten zu diesem Thema! Nur scheint das nicht mehr zu interessieren!
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  • tommy33
    Also mal ein Beispiel aus der Praxis: Bekannter von mir wurde auf Arbeit angesteckt. Er wiederum steckt seine Frau an. Nach 5 Wochen Quarantäne und mehreren Tests geheilt. Die beiden Kinder im Kindergarten und Grundschulalter wurden nicht angesteckt, obwohl alle 4 täglich 24 Stunden aufeinander hockten. So, was nun an die die so schlau daherreden? Weiterhin Hysterie verbreiten? Oder wie bei jeder früheren Virusinfektion mit der alten „Normalität“ weitermachen? Weiter Schulen etc. öffnen und schauen was passiert. Gibt genügend Beispiele wie es funktioniert. Siehe Holland etc....
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  • FischersFritz
    Hm … Ihnen ist aber schon klar, dass der von Ihnen geschilderte Fall genau andersherum gelagert ist?

    Das Übertragungsrisiko ist laut Heinsberg-Studie am höchsten, falls infizierte Kinder im Haushalt leben: (Zitat) „Waren die Infizierten Kinder, lag das Risiko sogar noch mal höher, 67 Prozent in einem Dreier- und 33 Prozent in einem Viererhaushalt."

    Anders herum ist das Infektionsrisiko ungleich geringer (Zitat: „[…] in einem Dreierhaushalt auf rund 36 Prozent und in einem Viererhaushalt auf rund 18 Prozent“) … aber das leuchtet auch ein, denn die Erwachsenen sind in der Regel besser in der Lage, die Hygieneregeln umzusetzen …

    Werter Tommy, diese Zahlen sind vielleicht nicht repräsentativ und sie sind vielleicht nicht 1:1 auf den Rest der Republik übertragbar. Aber trotzdem sind es empirische Daten (man könnte auch sagen, „Fakten“ 😉) und es wäre ziemlich dämlich, sie nur deshalb zu ignorieren, weil sie nicht zur eigenen Wunschvorstellung oder Weltanschauung passen …
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