zurück
WÜRZBURG
Bus und Bahn: Studie sorgt für Kontroverse
Seit 125 Jahren auf den Schienen: Würzburgs Straßenbahn.
Foto: T. Müller | Seit 125 Jahren auf den Schienen: Würzburgs Straßenbahn.
Wolfgang Jung
Wolfgang Jung
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:16 Uhr

Im Februar veröffentlichte das Wochenblatt „Die Zeit“ eine Geschichte, die viele Würzburger nicht glauben können: Unter 55 ausgewählten deutschen Großstädten sei der Öffentliche Personennahverkehr in Würzburg der drittbeste.

Die Überraschung war groß, unter anderem weil die Zahl der Würzburger Bus- und Straßenbahn-Passagiere in den vergangenen 15 Jahren um 20 Prozent gesunken war, während sie bundesweit im gleichen Zeitraum um 30 Prozent gestiegen ist.

Die Würzburger Straßenbahn GmbH (WSB) mit ihrem Chef Thomas Schäfer und Stadtkämmerer Robert Scheller feierten die gute Nachricht in einer Pressekonferenz. Schäfer sagte, die WSB müsse sich häufig mit subjektiven Eindrücken wie „Zufriedenheit“ auseinandersetzen. Froh sei er nun, denn die Studie liefere objektiv vergleichbare Daten.

Verborgen blieb der Öffentlichkeit, dass in der Studie auch Unerfreuliches zum Würzburger ÖPNV stand.

Beratungsunternehmen ermittelte hohe Abfahrtsdichte

Die Studie, aus der die „Zeit“ zitierte, stammte vom Berliner Beratungsunternehmen Civity. Das hatte die Abfahrten aller Busse und Bahnen von allen Haltestellen zusammengezählt und die Summe durch die Zahl der Einwohner geteilt. Je mehr Abfahrten pro Tag, so der Gedanke, desto besser das Angebot. Das Ergebnis: Würzburg steht mit 35 Abfahrten pro 100 Einwohner an der Spitze, gemeinsam mit Dresden und Bonn.

Der Arbeitskreis Mobilität der Lokalen Agenda 21 und die Filiale Mainfranken-Rhön des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) bezweifeln den Wert der Studie. Die Zahl der Abfahrten sei kein entscheidendes Qualitätskriterium. Städte mit vielen und ineffektiven Buslinien kämen besser weg als jene mit mehr Schienenverkehr, obwohl die umweltfreundlichen Straßenbahnen, S- und U-Bahnen mit weniger Fahrten mehr Passagiere transportierten. Entscheidend sei, ob Bus- und Straba-Passagiere zufrieden sind. Das seien sie in Würzburg nicht.

Studenten in der Studie nicht berücksichtigt?

Der bundesweit renommierte Verkehrsplaner Thomas Naumann, Sprecher des Agenda 21-Arbeitskreises, kritisiert die Studie als „Schlamperei und Zahlenklauberei“. Würzburger Besonderheiten wie die große Zahl der Studierenden würden in der Civity-Studie nicht berücksichtigt. Wären sie eingerechnet, meint er, landete Würzburg im unteren Mittelfeld der Studie.

Für Zweifel am Civity-Datenmaterial sorgte die WSB selbst. Gefragt nach der Zahl der Haltestellen in Würzburg, gab sie 89 Straßenbahn- und rund 500 Bushaltestellen an. Civity ging von 310 Haltestellen aus.

Der Unterschied zwischen Haltestellen und Haltepunkten

Civity-Manager Stefan Weigele besteht auf die Richtigkeit der verwendeten Daten. Die Branche unterscheide zwischen Haltestellen und Haltepunkten. Haltestellen würden aus zwei Richtungen angefahren, Haltepunkte aus einer, wie beim Straba-Rundkurs durch Grombühl. Die WSB hat Haltepunkte als -stellen gezählt.

Würzburger Besonderheiten fallen Weigele zufolge nicht ins Gewicht, weil jede Stadt ihre Besonderheiten habe; sie glichen sich aus.

Die Civity-Studie ging tiefer, als „Zeit“ und WSB berichteten. Danach gefragt, teilte das Unternehmen weitere Ergebnisse mit. Demnach ist die Angebotsdichte in Würzburg – bezogen auf Zahl der Einwohner und Siedlungsdichte – überdurchschnittlich. Die Taktdichte allerdings sei unterdurchschnittlich. Würzburg gehört nach Civity-Erkenntnissen zu den Städten „mit dem höchsten Anteil von nicht vertakteten Verkehren“. Die Abfahrtszeiten seien nicht optimal aufeinander abgestimmt, „was Umsteigeverbindungen erschwert“. Zudem erschwerten viele Linien und wechselnde Linienführungen die Orientierung für den Fahrgast.

An diesem Donnerstag, 4.Mai, treffen sich Civity-Manager Stefan Weigele, Kritiker Thomas Naumann und weitere Experten beim „Stadtgespräch“ von Main-Post und Rudolf-Alexander-Schröder-Haus. Ab 20 Uhr heißt es dort: „Wie gut ist Würzburgs ÖPNV?“. Der Eintritt ist frei.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Wolfgang Jung
Beratungsunternehmen
Thomas Schäfer
Würzburger Straßenbahn
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top