
Am 26. September ist Bundestagswahl – doch eigentlich hat sie längst begonnen: In den meisten unterfränkischen Gemeinden läuft bereits die Briefwahl. In anderen aber wurden noch nicht einmal die Wahlbenachrichtigungen versandt. So hängt es vom Wohnort ab, wie lange Bürgerinnen und Bürger Zeit für die Briefwahl haben.
Rechtlich ist lediglich eine Mindestfrist vorgeschrieben: Spätestens drei Wochen vor dem Wahltag müssen die Wahlbenachrichtigungen verschickt sein – also am 5. September. Spätestens dann, so heißt es von der Regierung von Unterfranken, müssten auch die Stimmzettel für die Briefwahl vorliegen und bei Antrag ausgegeben werden. Wer also bis zum nächsten Montag noch keine Wahlnachricht von seiner Gemeinde bekommen hat, sollte nachfragen. In der kommenden Woche müssen überall in den Rathäusern die Wählerverzeichnisse zur Einsicht ausliegen.
Briefwahl theoretisch seit dem 16. August möglich
Sie mussten bis zum 15. August erstellt sein – also sechs Wochen vor der Wahl. Seit diesem Zeitpunkt können die Briefwahlunterlagen beantragt werden: mit dem Formular auf der Rückseite der Wahlbenachrichtigung, online oder persönlich im Rathaus. Die Kommunen sollen dort auch geschützte Ecken einrichten, so dass bei Abholung der Briefwahlunterlagen gleich vor Ort gewählt werden kann. So sieht es die Bundeswahlordnung vor.
Manche Gemeinden ermöglichen die Stimmabgabe bereits vor Versand der Wahlbenachrichtigung, es reicht der Personalausweis. Entscheidend ist, dass das Wählerverzeichnis steht und die Stimmzettel aus der Druckerei vorliegen.
Woher aber kommen die Unterschiede von Ort zu Ort? Warum ist in der einen Gemeinde die Briefwahl seit zwei Wochen möglich, in der anderen beginnt sie erst drei Wochen später? In der Landeswahlleitung verweist man auf die Arbeitsabläufe und die Personalkapazitäten vor Ort. Gerade kleinere Gemeinden könnten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht ausschließlich für die Wahl abstellen, die normalen Aufgaben laufen weiter.
Hinzu kämen Verzögerungen von außen – etwa ein Aufschub, weil erst noch der Beschwerdeausschuss tagen muss. Oder Engpässe in den Stimmzettel-Druckereien, die jeweils von den Kreiswahlleitern beauftragt werden. Generell aber, so ein Sprecher der Landeswahlleitung, sollten die Gemeinden die Wahlunterlagen so zeitig wie möglich den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stellen.
Im bayerischen Innenministerium hält man die Mindestfrist von drei Wochen für die Ausgabe der Briefwahlunterlagen für ausreichend. Jeder Wahlberechtigte habe damit genug Zeit für die Beantragung des Wahlscheins und die Stimmabgabe. Auch die Regierung von Unterfranken sieht kein Problem in den unterschiedlichen Zeitspannen. Der Gleichheitsgrundsatz der Wahl sei davon nicht berührt: "Eine früher abgegebene Stimme ist nicht mehr oder weniger wert als eine später abgegebene", sagt Sprecher Nicolas Rupp.
Würzburger Rechtsexperte: Gemeinden haben einen großen Spielraum
Was aber, wenn bei einer längeren Abwesenheit im Vorfeld der Wahl eine Bürgerin oder ein Bürger die Unterlagen nicht mehr rechtzeitig bekommt und deshalb nicht briefwählen kann – im Nachbarort wär's aber noch gegangen? Eine zulässige Ungleichbehandlung? Jurist Kyrill-Alexander Schwarz, Professor für Öffentliches Recht an der Uni Würzburg, hält die aktuelle Praxis für rechtens: "Die Gemeinden haben hier einen nicht unerheblichen Spielraum." De facto beträgt er drei Wochen zwischen dem frühestmöglichen und dem spätestmöglichen Bereitstellen der Briefwahlunterlagen.
Woher die große Diskrepanz bei der Handhabung durch die Gemeinden kommt, kann sich der Staatsrechtler nur schwer erklären: "Sachliche Gründe kann ich kaum erkennen." Möglicherweise sei der zeitliche Spielraum im Sinne gleicher Wahlbedingungen zu weit gefasst. "Das wäre zu prüfen", sagt Schwarz. Dann ginge es um die Rechtmäßigkeit der Wahlvorschriften.
