Seit seiner Nominierung am 22. Juli habe er sich viel mit seinem möglichen Arbeitgeber, der Stadt Röttingen, befasst, berichtet Jürgen Boier. Der Uffenheimer ist der gemeinsame Bürgermeisterkandidat von Freien Wählern, Unabhängigen Bürgern und CSU. Bei der Wahl am 15. September wird er als einziger Bewerber um das Amt auf dem Stimmzettel stehen. Doch welche Pläne hat der 45-Jährige für Röttingen? Was treibt ihn an? Und fühlt er sich vorbereitet auf das Amt?
Erfahrungen als Verwaltungschef von Bad Windsheim gesammelt
Boier ist bislang Verwaltungschef der Kurstadt Bad Windsheim und kennt daher die Aufgaben, die in einem Rathaus klassischerweise anfallen. Dennoch: "Zwischen den Aufgaben eines Verwaltungsbeamten – auch in leitender Funktion – und den Aufgaben eines Bürgermeisters liegen sicherlich große Unterschiede", meint Boier, der für ein persönliches Gespräch nicht zur Verfügung stand, die Fragen der Redaktion aber schriftlich beantwortete. Ein Vergleich sei nur eingeschränkt möglich. Ein Bürgermeister sei in einem gewissen Umfang Teil der Verwaltung und verantwortlich dafür, diese zum Wohl der Menschen vor Ort zu führen.
An der Aufgabe des Rathauschefs reize ihn der Aspekt des Gestaltens – "gemeinsam mit den Menschen und für die Menschen". Dies gelinge in einer kleineren Stadt weitaus besser, weil man deutlich näher an den Menschen und ihren Bedürfnissen sei, hofft der Bürgermeisterkandidat.
Seit Jahren sei er der strikten Auffassung, dass Kommunalpolitik keine Parteipolitik sei und nie werden darf, betont Boier, der selbst CSU-Mitglied ist, darüber hinaus. "Dabei gilt es, sachorientiert die bestmögliche Lösung für die Menschen zu finden und gute, zielführende und zukunftsweisende Ideen zu verfolgen, egal von welcher Partei oder Gruppierung diese in ein kommunales Gremium wie einen Stadtrat eingebracht werden", so der 45-Jährige. Mit Ratschlägen von Vorgängern und deren nahestehenden Personen würde er nicht anders umgehen, als mit Ratschlägen jedes anderen Menschen, der an ihn herantritt.
Boier will Röttingen zukunftsfest machen
Doch welche Pläne hat der Uffenheimer für das beschauliche Röttingen? Viele Projekte und Verfahren der Stadt befänden sich bereits im Laufen und seien fortzuführen, so Boier. Zunächst gelte es, unter anderem sich hierüber einen Überblick zu verschaffen und in die Projekte einzuarbeiten sowie die Verwaltungsstrukturen und die Mitarbeitenden mit ihren Aufgaben kennenzulernen. Darüber hinaus erachte er es als wichtig, zeitnah den Kontakt mit den Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft sowie den Entscheidungsträgern in Behörden und Verbänden herzustellen.
Größten Handlungsbedarf sehe er darin, Weichen für die Zukunft zu stellen. Dazu gehöre es, Entwicklungsperspektiven gerade für junge Familien zu schaffen, indem eine bedarfsgerechte Ausweisung neuer Baugebiete zu "leistbaren Bedingungen" erfolgt und notwendige Investitionen in die Infrastruktur zu tätigen.
"Langfristig gilt es, die Stadt zukunftsfest für alle Generationen gleichermaßen aufzustellen, etwa durch die Sicherung der Vor-Ort-Versorgung und des ÖPNV sowie durch verschiedenen Betreuungsangeboten für ältere oder pflegebedürftige Menschen", erklärt Boier. Einen stabilen Mittelstand mit einer gesunden Mischung aus Gewerbe, Handel, Dienstleistung, Landwirtschaft, Weinbau und Tourismus hält er für das Fundament einer guten Stadtentwicklung und unerlässlich, um Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen.
"Willkommenskultur" für neue Betriebe gefordert
Auch das Thema Leerstände – einer Problematik, die viele Gemeinden beschäftigt – wolle er angehen, so der 45-Jährige. Hier gelte es zunächst, die Ursachen im Einzelnen zu ergründen und eventuelle Hindernisse zu beseitigen. Eine Kommune selbst könne allerdings nur in einem sehr begrenzten Umfang Leerstände beseitigen, denn dies würde einerseits schnell an die Grenzen der finanziellen Leistungsfähigkeit führen, andererseits setze ein solches Vorgehen konkrete Nutzungskonzepte voraus, so Boier. "Was eine Kommune immer tun kann, ist in die Vermittler- und Beraterrolle zu treten."
Sollte er Bürgermeister werden, sehe er es als ureigene Aufgabe an, direkter und unmittelbarer Ansprechpartner für alle Gewerbetreibenden zu sein – sowohl für die vorhandenen als auch für potenziell ansiedlungswillige. Für ansiedlungswillige Betriebe brauche es aus seiner Sicht neben ausreichender Gewerbeflächen auch eine "Willkommenskultur". Auch hier gelte es, durch niederschwellige bürokratische Prozesse "Wege zu ebnen und Verfahren vertrauensvoll und ergebnisorientiert zu begleiten".
In zahlreichen Branchen haben sich durch Digitalisierungsprozesse Standortfaktoren für eine Niederlassung gewandelt. Dies eröffne gerade für den ländlichen Raum Chancen, die es zu ergreifen gelte, indem man vor Ort passende Rahmenbedingungen schafft, erklärt Boier.
Röttingen soll lebenswert für alle Generationen sein
Als "Herzensangelegenheit" bezeichnet es Boier auch, den Menschen vor Ort seine Wertschätzung für das aus seiner Sicht großartige ehrenamtliche Engagement zum Ausdruck zu bringen.
Er wünsche sich für Röttingen in den nächsten zehn Jahren eine Entwicklung zu einer "soliden und zukunftssicher aufgestellten Stadt", in der der gesellschaftliche Zusammenhalt weiterhin gut funktioniert und die einerseits "anerkannter Erholungsort, Tourismus-, Wein- und Europastadt" aber auch eine lebens- und liebenswerte Heimat für alle Generationen ist.
p.p.: Das "l" hat mir das Programm untergejubelt, da musse se sich nicht beschweren.