
"Etwas Vergleichbares hat noch niemand von uns erlebt. Was dort vor sich geht, ist an Tragik und Dramatik nicht zu überbieten", sagt Sohrab Taheri, Pressesprecher des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK). 170 Ehrenamtliche verschiedener Hilfsorganisationen aus ganz Unterfranken sind seit über 72 Stunden bei der verheerenden Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Einsatz.
Am Dienstagvormittag sollen die Ehrenamtlichen aus Unterfranken von Einsatzkräften aus Oberfranken abgelöst werden. 72 Stunden später fahren dann die Mittelfranken, wenn zu diesem Zeitpunkt noch weitere Hilfe aus Bayern benötigt wird, erklärt der Sprecher des BRK in München. Die Einsatzkräfte aus Unterfranken seien aus geografischen Gründen zuerst an der Reihe gewesen, erklärt Taheri: weil Unterfranken am weitesten entfernt vom Hochwasser-Gebiet in Bayern sei und weil der Regierungsbezirk relativ nah am besonders von den Fluten betroffenen Landkreis Ahrweiler im Norden von Rheinland-Pfalz liege.

Die 170 Kameradinnen und Kameraden kommen aus Würzburg, Schweinfurt, Aschaffenburg und den Landkreisen Bad Kissingen, Haßberge, Kitzingen, Main-Spessart, Miltenberg und Rhön-Grabfeld. Es ist ein Hilfeleistungskontingent im Auftrag der Regierung von Unterfranken, nachdem das Innenministerium von Rheinland-Pfalz das bayerische Innenministerium um Hilfe gebeten hatte.
80 Prozent der Ehrenamtlichen aus Unterfranken sind vom Bayerischen Roten Kreuz, das auch den Einsatz in Ahrweiler koordiniert. Die restlichen Helferinnen und Helfer stammen vom Arbeiter-Samariter-Bund, dem Malteser Hilfsdienst und der Johanniter-Unfallhilfe.
Vielen Einsatzkräften fehlen die Worte
Taheri sagt: "Alles, was wir bisher in Bayern an Hochwasser erlebt haben, ist nicht vergleichbar." Die Lage in Ahrweiler sei dramatisch. "Wenn man von Bürgerinnen und Bürgern erzählt bekommt, dass sie gerade ihre halbe Familie verloren haben, dass ihr Haus weg ist und dass sie vor dem Nichts stehen - das lässt niemanden kalt, egal, wie einsatzerfahren er oder sie auch ist." Den Einsatzkräften falle es richtiggehend schwer, zu beschreiben, was dort passiert ist, so der BRK-Sprecher.

Das Kontingent aus Unterfranken bestehe aus Behandlungseinheiten mit Krankenwagen, aus Technikeinheiten mit Notstromaggregaten, aus Funkeinheiten, um die Kommunikation vor Ort sicher zu stellen sowie aus Verpflegungs- und Versorgungseinheiten, so Taheri. Im Moment sei man überwiegend damit beschäftigt, die Notfallseelsorger aus ganz Deutschland sowie die Bevölkerung in Ahrweiler mit warmem Essen zu versorgen. Außerdem seien die Einsatzkräfte mit Aufräumarbeiten betraut. Einige Helfer berichten, seit Tagen selbst kaum zum Essen gekommen zu sein.
Ehrenamtliche sollten selbst psychosoziale Hilfe in Anspruch nehmen
Wenn die 170 Ehrenamtlichen am Dienstag wieder zuhause ankommen, werden viele von ihnen aufgrund der dramatischen Erlebnisse vermutlich selbst psychosoziale Hilfe in Anspruch nehmen müssen, sagt Taheri. Dies sei wichtig, um das Erlebte zu verarbeiten. Denn die Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes würden normalerweise bei Verkehrsunfällen auf der Autobahn oder größeren Veranstaltungen eingesetzt. Dies sei nicht vergleichbar mit der Flutkatastrophe.