Das neue Jahr hat gerade erst begonnen und schon gibt es die ersten Ärgernisse. Vor allem Gastronomen ärgern sich massiv. Grund ist die Einführung der Bonpflicht: Seit 1. Januar dieses Jahres müssen Einzelhändler und Gastronomen bei jedem Verkauf einen Kassenbon ausdrucken. Damit will die Bundesregierung Steuerbetrug durch manipulierte Ladenkassen eindämmen, denn laut Bundesrechnungshof werden geschätzt jedes Jahr zehn Milliarden Euro Steuergelder hinterzogen. Doch vor allem bei Gastronomen kommt die neue Regelung alles andere als positiv an - so auch in Würzburg.
Bei Gregor Henneberger, Geschäftsführer des Cafés Cosmo in der Peterstraße kommen nun hunderte Meter Papier täglich aus der Kasse des Cafés und das alles "für die Katz", so Henneberger, denn nur etwa einer von rund 300 Kunden möchte einen Beleg mitnehmen. "Das ist schade für die Umwelt und so sehen es auch unsere Kunden", sagt er mit dem Hinweis, dass das Café im Grunde viel Wert auf Umweltschutz und Recycling lege. Meist werden Belege auf umweltschädlichen Thermopapier gedruckt, welches nicht im Papiermüll entsorgt werden darf. Und auch die erheblichen Mehrkosten machen dem Betreiber zu schaffen. Fünf bis sechs Euro koste eine Rolle Thermopapier, "da kommt schon einiges zusammen".
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So sieht es auch Markus Zang vom Restaurant Sternbäck in der Innenstadt. "Im Grunde ist das großer Schwachsinn", ist seine Meinung zur neuen Regelung. Ihn stören vor allem die Mehrkosten und auch die vermehrte Arbeit, denn die Belege muss zum Großteil er entsorgen. "Unsere Gäste vor allem an der Theke nehmen die Belege nie mit."
Bäckerei setzt auf Ökobons
Bei Bäckereien wollen nur weniger als drei Prozent der Kunden einen Beleg, wie der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks schreibt. Wegen dieser Verschwendung und Belastung durch das Thermopapier hat eine Würzburger Bäckerei deshalb auf Ökobons, also Belege frei von chemischen Mitteln, umgestellt. Bereits seit 2018 setzt die Bäckerei Köhler auf die Ökobons, mittlerweile verwendet der Vollkornbäcker sie in allen vier Würzburger Filialen.
"Wir sind ein ökologisches Unternehmen und verkaufen rein ökologische Produkte, deshalb war es für uns klar, auch ökologische Bons einzuführen", sagt Barbara Sauer, Assistentin der Geschäftsführung. Ein Drittel Mehrkosten bedeute dies für das Unternehmen im Gegensatz zu herkömmlichen Thermobons. Die umweltfreundlichen Belege stoppen zwar nicht die durch die Bonpflicht ausgelöste Papierflut, allerdings "hoffen wir, dass wir so auch andere Unternehmen dazu bringen können, auf Ökobons umzusteigen. Der Umwelt zuliebe", so Sauer.
Und wie sieht es auf dem Markt aus? Jessica Tokarek ist die Betreiberin des Standes des Leinachtaler Obstbauers. "Meines Wissens und nach den Informationen meines Steuerberaters sind wir momentan noch ausgeschlossen von einer Bonpflicht", sagt sie. Grund sei hier, dass die Marktbetreiber noch ohne digitale Kasse arbeiten. "Da kommen auf uns hohe Kosten zu", so Tokarek. "Eine digitale Kasse würde uns drei- bis viertausend Euro kosten." Außerdem ist sie der Meinung, dass die Bonpflicht die Menschen nicht vor dem Betrug hindern würde. "Wenn jemand bescheißen will, dann bescheißt er."
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Mehr als zwei Millionen Kilometern zusätzlicher Länge an Kassenbons
Auch der Handelsverband Bayern spricht sich deutlich gegen die neue Regelung aus und geht davon aus, dass Zahl und Länge der auszugebenden Kassenzettel spürbar zunehmen werden: "Deutschlandweit rechnen wir mit mehr als zwei Millionen Kilometern zusätzlicher Länge an Kassenbons im Jahr", sagt Pressesprecher Bernd Ohlmann auf Anfrage dieser Redaktion. "Bayernweit liegen wir etwa bei knapp über 300 000 Kilometern." Die Bonpflicht bedeute deshalb "eine enorme Belastung für den Einzelhandel". Gerade für kleine Händler seien die erheblichen Mehrkosten für Papier, Druck und Entsorgung der liegengebliebenen Bons schwer zu tragen, so Ohlmann. "Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht", sagt er und spricht dabei den Willen an, gegen Betrug vorzugehen, kritisiert jedoch die Art und Weise der Umsetzung.
Während sie in der Gastronomie gar nicht gut ankommt, stellt die Bonpflicht bei großen Geschäften im Einzelhandel in vielen Fällen keinen großen Unterschied dar, müssen bei Technik oder Kleidungseinkäufen doch zum Umtausch ohnehin Belege ausgedruckt werden. "Wir waren sozusagen vorher auch schon bonpflichtig", erklärt Christian Eck, Geschäftsleiter des Modehauses Gebrüder Götz. "Für uns ändert sich daher nichts."
Nicht nur in der Gastronomie, auch in Blumengeschäften muss jetzt eine Quittung für den Rosenstrauß gedruckt werden. Karin Neyderek vom Blumenhaus Nagengast hat eine deutliche Meinung zur Bonpflicht: "Papierverschwendung. In der Regel wollen unsere Kunden keinen Beleg", weiß sie. Dass sie jetzt trotzdem bei jedem Kauf einen Beleg drucken muss, ärgert sie sehr. So wie viele andere Einzelhändler und Gastronomen.
Mach ich gerne. Ich denke das sollten möglichst viele machen, damit das Finanzamt auch richtig was zum prüfen hat. Zwinkersmiley
Daß ich nun in der Wirtschaft wieder einen Zettel bekomme (war früjher eigentlich Usus) erfreut mich sehr, denn da ist leider immer mal wieder ein kleiner Rechenfehler passiert, seltenst zugunsten des Gastes...
Wenn allerdings beim Bäcker oder am Markt die Bonpflicht für jeden Kleinkram verordnet wird, finde ich, daß sich das FiAmt vielleicht doch mal um die wirlich großen Steuersünder kümmern sollte.
Was die Politik leider auch nicht tut, denn innereuropäische Umsatz- und Steuerschiebereien sind bei amazon und Co leider gang und gäbe und kosten den Fiskus Milliarden - die der kleine Steuerdepp dann ausgleichen muß.
Das ist sachlich insofern falsch, als dass es zum Stand heute KEINE EINZIGE (!) "geeignete" Kasse gibt. Statt "nicht alle Unternehmer" muss es richtig heissen: "Kein einziger Unternehmer" hat sich eine geeignete Kasse zulegen können. Auch wenn er es noch so gerne tun würde. Es gibt sie schlicht nicht. Die TSEs (die für die Zulassung zertifiziert werden müssen) existieren noch nicht. Die Kassenhersteller können sie also nicht einbauen. Keiner kann das.
Aber ganz unabhängig vom Artikel:
Ob das noch bis Ende September klappt ? Selbst wenn die TSEs sagen wir mal in drei Monaten lieferbar wären, müssen sie noch getestet, angepasst und in die neuen Kassen integriert werden. Danach müssen die neuen Kassen erstmal produziert werden (wir reden hier von ca. 2,4 Millionen Kassen in Deutschland). Dann müssen die noch verkauft, ausgeliefert und bei den Händlern installiert werden (mit Schulung etc. etc. etc.). Wer soll das alles in dem sehr knappen Zeitrahmen machen können ?
Zwei Anmerkungen zum "eigentlich recherchierbaren" Hintergrund des Artikels hätte ich noch:
1.) Da wird kostenlos werbewirksam eine Öko-Bäckerei erwähnt, die sich als Vorbild sieht, andere Unternehmen dazu zu bringen, auf Ökobons umzusteigen. Sicher gut gemeint. Das Vorbild braucht es aber gar nicht. Denn ebenfalls ab 1.1.2020 ist die Verwendung von Bisphenol-A (das ist der kritische Bestandteil der Thermopapiere) bei der Herstellung nicht mehr zugelassen. Es gibt also sowieso nur noch "Ökobon-Bonrollen" zu kaufen (lediglich Restbestände dürfen aufgebraucht werden).
2.) Im Infokasten wird zum Thema technische Sicherheitseinrichtung (kurz TSE) geschrieben: "Die Verordnung ist zwar schon in Kraft, aber nicht alle Unternehmer konnten sich schon eine geeignete Kasse zulegen." Das ist sachlich insofern falsch, als dass es zum Stand heute KEINE EINZIGE (!) "geeignete" Kasse gibt.
Das würde meines Erachtens beim Rosenstrauß auch ausreichen, wenn die Verkäuferin eintippt und dann erst fragt, ob der Bon gedruckt wird oder nicht, erfasst wäre er dann so oder so.
Schließlich addieren die Kassen die Tagesabrechnung ja nach den gespeicherten Daten, und nicht nach den ausgedruckten Bons.
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Italien, Österreich, Frankreich, selbst Albanien und Rumänien haben in den letzten Jahren entsprechende Regelungen verabschiedet – und der jeweilige Staatshaushalt freute sich in den Jahren nach der Einführung über erkleckliche Mehreinnahmen. Es gibt aber auch digitale Alternativen zum Kassenzettel.
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Man hätte unsere "intelligenten Systeme" bemühen können, aber stattdessen hat man nichts gemacht. Und prinzipiell ist es ja nicht schlecht, was abgerechnet wurde. Wäre gut, wenn man das auch in der gesetzlichen Krankenversicherung einführen würde.
Zu der Argumentation bzgl. Umweltschutz/Verschwendung: Wie kleingeistig m. M. nach so viele der unsinnigen Argumentation folgen oder diese selbst initiieren ist wirklich unglaublich, während man sich den nächsten Coffe-to-go-Becher rein zieht oder beim Bäcker jedes Gebäckstück einzeln, mit Serviette ausgestattet verpackt, (täglich!) kauft. Gehen Sie mal in der Bäckerei Weber einkaufen: da wird nicht gefragt, ob es zusammen, sondern ob es einzeln verpackt werden soll und ungefragt bekommt jedes Gebäckstück seine eigene Serviette. Psychologisch wertvoll! Umweltschutz bäh!
3 Jahre Zeit gehabt und jetzt Jammern und noch den Umweltschutz als Grund vorschieben. Verband hätte sich ja was besseres überlegen können. Erbärmlich.
Was regen sich die Geschäftsleute auf. Wenn ich bei DM, tegut, Aldi & Co eine Kleinigkeit kaufe, bekomme ich schon immer unaufgefordert einen Bon.
Im Vergleich zu der Werbung, die Woche für Woche unaufgefordert in jeden Haushalt eingeworfen wird, sind die paar Zettelchen doch wohl eher kein Problem.
Wer aber unbedingt Papier sparen will, sollte sich überlegen, ob er alles ausdrucken muss und vielleicht mal mit einem Stoffbeutel zum Bäcker gehen, statt alles in Papiertüten packen zu lassen.
Zudem halten wir uns doch in diesem Land immer für besonders clever - und haben dann auf einmal Riesenprobleme damit, etwas zu bewerkstelligen, das in Italien seit Jahren gehandhabt wird.
Da erwarte ich dann von der Presse eine Recherche so im Herbst.
wenn irgendjemand mogeln will, dann schafft der das auch mit Bonpflicht.
Also mMn wieder ein Haufen Bürokratie mit eher gegen Null gehender Wirkung.
Können wir uns nicht mal über die wirklich brisanten Fragen unterhalten und Lösungen finden? Wie man zum Beispiel dafür sorgt, dass Leute erst gar nicht flüchten, sondern "daheim" eine Perspektive haben? Oder Elefanten im Porzellanladen davon abhält, ohne Not neue Konflikte zu provozieren? Oder unseren Kindern/ Enkeln eine lebenswerte Welt hinterlassen (die nicht auch noch mit weggeworfenen Bons zugemüllt ist)?
Fragen über Fragen...
Oder mal gegen die CumEx - Betrüger gerichtlich vorgehen und auf die Rückzahlung der ergaunerten Milliarden bestehen.
Man schießt hier mit Kanonen auf Spatzen während die fetten Enten weiter durch die fetten Weiden watscheln dürfen.