"Unsere Warteliste geht gefühlt bis ins Unendliche", sagt Petra Holl von der Würzburger Bäder GmbH der WVV. Sie organisiert und plant die Schwimmkurse für Kinder und steht auch mal mit am Beckenrand. 16 Kurse à 12 Kinder gebe es momentan für die Schwimmanfänger, die das Schwimmabzeichen Seepferdchen machen wollen oder einen der Folgekurse belegen.
Die Kurse finden derzeit nicht im neu gebauten Nautiland statt, sondern alle im Sandermare im Würzburger Stadtteil Sanderau, das die ganze Zeit noch für den Publikumsverkehr geschlossen hatte. "So konnten wir das gesamte Bad für unsere Schwimmkurse nutzen, mussten uns nur mit Vereinen und dem Schulschwimmen abstimmen", erklärt Holl. Das Nautiland indes konnte so seine Pforten für weitere Schwimmangebote für Kinder, beispielsweise des Sportvereins DJK sowie für den normalen Publikumsverkehr öffnen.
Das könnte sich aber bald ändern, da das Sandermare am 18. Oktober wieder für alle öffnet. Noch sei nicht klar, "ob wir die hohe Anzahl an Kursen dann halten können", so Holl. Trotz einer Warteliste mit mehreren hundert Anmeldungen, könne es aber auch mal schnell gehen, macht sie Eltern Hoffnung, die auf der Suche nach einem Platz für ihren Sprössling sind. Denn die Stoßzeiten für den Schwimmuntericht seien am Nachmittag und Richtung Abend sowie am Wochenende.
Etwas weniger gefragt seien die Termine um 13, 14 Uhr herum, vermutlich, weil da viele Kinder noch in einer Betreuung seien. Insgesamt ist die Situation nicht befriedigend: "Wir kommen nicht hinterher, das ist ein bisschen wie beim Domino-Spiel."
Der sechsjährige Julius und sein Freund hatten Glück und haben bei einer Schwimmerin des SVO5 im Würzburger Wolfgang-Adami-Bad einmal in der Woche Unterricht. Schwimmbadbesuche haben sie lange Zeit vermisst, dafür können die Zwei jetzt endlich das Seepferdchen machen. Die Mutter des Sechsjährigen ist froh, einen der begehrten Plätze bekommen zu haben: "Es ist unglaublich wichtig, dass unsere Kinder das Schwimmen richtig lernen."
Aber: Das ist auch im Adami-Bad derzeit nicht für jeden möglich. "Seitdem wir nach dem Lockdown wieder geöffnet haben, ist der Ansturm riesig. Wir haben darauf reagiert, indem wir in den Sommerferien Seepferdchen-Grundkurse als Crashkurse angeboten haben", so Stephanie Sefrin von der Geschäftsstelle. Eine richtige Warteliste gebe es nicht, Eltern hätten die Möglichkeit, sich auf der Homepage des Bades zu registrieren. Dann würden sie über aktuelle Kurse informiert und könnten sich ab einem bestimmten Termin für diese anmelden. Allerdings ist Schnelligkeit gefragt: "Denn viele Kurse sind innerhalb von einer halben Stunde bereits wieder ausgebucht."
So ist laut Sefrin auch die Nachfrage nach Einzelstunden bei Übungsleitern und Übungsleiterinnen stark gestiegen. "Die Eltern haben verständlicherweise die Sorge, dass ihr Kind in keinen Kurs reinkommt und suchen Alternativen." Doch auch bei ihren Übungsleitern seien kaum mehr Kapazitäten frei, erklärt sie. Nicht zuletzt brauche man für die Lehrstunden dann auch den Platz im Wasser, und diesen gebe es leider nicht unbegrenzt. Schade findet Sefrin, dass die 50-Euro-Gutscheine der Staatsregierung für die Seepferdchenkurse erst ab September eingesetzt werden konnten, "bei uns haben viele in den Sommerferien ihr Abzeichen gemacht".
Schwierige Lage auch im Landkreis
Fast dramatisch erscheint die Lage auch im Landkreis Würzburg: Es werde bis zu drei Jahren dauern, bis wieder alles seinen normalen Gang nehmen kann, vermutet der Bademeister des Gerbrunner Hallenbades, Reiner Weißkopf. An die 300 Kinder stünden auf seiner Warteliste. Fast täglich erhalte er Anrufe von Eltern, die auf der Suche nach einem Schwimmkurs für ihre Kleinen sind. "Das ist verständlich, aber die Warteliste ist einfach zu lang."
Gerade vergangene Woche habe sich eine Familie gemeldet, die in Richtung Nürnberg wohnt, erzählt Weißkopf. "Eltern sind inzwischen bereit, bis zu 100 Kilometer zu fahren, um ihrem Kind einen Schwimmkurs zu ermöglichen. Das zeigt, wie drastisch die Situation ist." Man müsse damit rechnen, dass es etwa zwei Jahrgänge an Kindern geben werde, die erstmal nicht schwimmen können. Neben Weißkopfs Unterricht gibt es im Gerbrunner Bad auch Kurse der DLRG im Angebot. Aber: Auch hier ist der Ansturm riesig, heißt es von Seiten des Wasserrettungs-Vereins.
Gleiches ist aus dem Mainlandbad Höchberg zu hören. Anfragen kämen hier nicht nur aus Höchberg, sondern auch aus dem Einzugsbereich, beispielsweise aus Waldbüttelbrunn, Waldbrunn oder Eisingen, erzählt der Fachangestellte für Bäderbetriebe, Rolf Schilha. 16 Monate lang ohne Schwimmkurse - das könne nicht innerhalb eines halben Jahres wieder aufgeholt werden. Was die 50-Euro-Gutscheine betrifft, sei die Idee dahinter zwar gut, die Umsetzung aber bringe viel Bürokratie und Arbeit mit sich, so Schilha.
Ähnliche Lage in Sportvereinen
Beim TVO Ochsenfurt, der im Ochsenfurter Hallenbad Kurse anbietet, ist die Lage ähnlich prekär, wie Abteilungsleiterin Renate Schmalzl berichtet. Zwar hätten die Erstklässler alle Gutscheine bekommen, Plätze gäbe es aber derzeit kaum, um diese einzulösen. Besorgt ist man beim Kreisverband Würzburg des BRK, der unter anderem in Rottendorf und Veitshöchheim Schwimmkurse anbietet, "dass zu viele Kinder nicht schwimmen können", so Stefan Krüger von der Öffentlichkeitsarbeit. Da versuche man gegenzusteuern.
Und auf der Internetseite der Wasserwacht Veitshöchheim heißt es mit Information vom Juni dieses Jahres: "Neu-Anmeldungen sind vermutlich erst wieder für Schwimmkurse im Jahr 2023 möglich. Sobald wir diese Kurse verbindlich planen können, wird der Link zum Anmeldeformular wieder hier veröffentlicht."
Bei all der Verzweiflung hilft Eltern wohl nur eines: Ihre Kinder parallel auf verschiedene Bäderlisten und Vereinslisten zu setzen und mit ein bisschen Glück zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein.
Diesen Reflex hatte ich auch erst...
Doch dann wurde mir klar, dass viele Bäder, die es in unserer Region mal gab, nicht mehr existieren, weil der Unterhalt einfach zu teuer ist. Da gab es öffentliche Bäder, die geschlossen wurden, aber auch Vereinsbäder. Selbst Betriebe hatten Schwimmbäder für ihre Mitarbeiter, und deren Familie, auf ihrem Gelände, wie z.B. auch mal die Main-Post.
Da konnte man als Mitarbeiter auch mal in der Mittagspause eine Runde Schwimmen gehen...
Gleichzeitig wird es immer schwieriger, da schwimmen zu gehen wo wir es früher mal gelernt haben, nämlich in unseren Gewässern. Das ist heute größtenteils verboten, obwohl das Wasser heute, im Vergleich zu früher, sogar eine richtig hohe Qualität hat..
Also konzentrieren sich immer mehr Menschen auf immer weniger Bäder.
Oder können die Eltern etwa selbst nicht schwimmen?
Ach ja, und vielen Dank liebe Regierung für diesen Gutschein, wir haben es in den Sommerferien bei Frau Holl geschafft das Seepferdchen zu machen, der Gutschein kam leider ca. 6 Wochen zu spät.