
Ein 56-jähriger Franzose muss sich jetzt vor dem Landgericht Würzburg für einen Bierschmuggel von Frankreich nach Franken verantworten. Er schwieg zunächst zur Anklage, hat vom Gericht eine Frist zum Überlegen bekommen. Der Prozess wurde nach kurzer Verhandlung auf den 25. November verlegt.
Der Bierschmuggel nur auf dem Papier soll laut Anklage dazu gedient haben, die wahren Abnehmer zu verschleiern und so 35 Millionen Euro an Steuern zu sparen. Das trickreiche Geschäft brachte bereits einen 42-jährigen Würzburger Strohmann hinter Gitter, der in Eisingen (Lkr. Würzburg) als offizieller Abnehmer ein Lager betrieb. Der jetzt angeklagte 56-Jährige gilt laut Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen als „wesentliches Bindeglied zu den unbekannten Hintermännern“.
Französisches Bier landete nur auf dem Papier in Franken
80 Millionen Liter Gerstensaft landeten nur auf dem Papier in den Lagerhallen des Würzburgers. Das waren binnen zwei Jahren über 3000 Lkw-Ladungen Bier aus Frankreich. Höchstens 20 Bierladungen wurden zur Tarnung angeliefert, sagten Zollfahnder in dem rechtskräftigen ersten Prozess.
Kern des Geschäfts: In Frankreich ist die Biersteuer 3,7 mal so hoch wie in Deutschland, in Großbritannien zehnmal so hoch. Deshalb wird das Bier nur laut gefälschter Frachtpapiere scheinbar nach Deutschland geliefert - und wandert in Wahrheit über den Kanal nach Großbritannien. Die Flaschen würden da meist zu handelsüblichen Preisen an Straßenkiosks vertrieben. "Damit machen die Täter noch ein zweites Mal einen satten Gewinn", erklärte ein Zollsprecher im Zeugenstand des ersten Prozesses gegen den Strohmann. Der hatte im September eine Haftstrafe von fünf Jahren bekommen.
Wochenlang observiert
Die Anklageschrift lässt den Schluss zu, dass der Zoll das Bierlager wochenlang observiert und die Telefone der Beteiligten abgehört hat. Denn detailliert wird aufgelistet, wann der Franzose nach Franken kam, um die Geschäfte zu koordinieren oder mit dem Strohmann und seiner Frau Finanzfragen am Telefon erörterte.
Er war am 12. März in Belgien verhaftet worden. Daneben durchsuchten Ermittler des Zolls zehn Privatwohnungen, Geschäftsräume, Lagerstätten und eine Steuerkanzlei. Sie stellten im Großraum Würzburg umfangreiches Beweismittel sicher. Dabei nahm der Zoll vor allem Geschäfte von April 2017 bis Dezember 2018 unter die Lupe.
Deutsche als Strohmänner
Die internationale Gruppierung, die nach Erkenntnissen des Zolls diese Geschäfte organisiert, sucht sich immer wieder in Deutschland Strohmänner, um mit diesem Trick Millionen zu scheffeln. Zwei Jahre vor dem Würzburger Fall war ein gleich großer Bierschmuggel in Hof aufgeflogen - vor allem deshalb, weil ein verärgerter Lkw-Fahrer frustriert beim deutschen Zoll plauderte.
Und kaum saßen der Eisinger Lagerist und der Franzose im März wegen des Würzburger Falls in Untersuchungshaft, stellten Zollfahnder im April in Thüringen und in mehreren ostwestfälischen Orten - darunter Paderborn, Herford und Bielefeld - umfangreiches Beweismaterial sicher. Gegen drei beschuldigte Deutsche seien Haftbefehle vollstreckt worden, hieß es dort.
Eine der ältesten Verbrauchssteuern
Die Biersteuer ist nach Angaben des Bundesfinanzministeriums eine der ältesten Verbrauchssteuern und wurde schon im Mittelalter erhoben. Sie spüle jährlich 700 Millionen Euro in den Staatssäckel. Die Biersteuer ist laut Ministerium die einzige Verbrauchsteuer, die vom Zoll als Bundesbehörde verwaltet wird, aber den Bundesländern zusteht. Auf einen Hektoliter Bier fallen laut Zoll 9,44 Euro Biersteuer an, also weniger als zehn Cent pro Liter.
Der Strohmann hatte im Prozess bestätigt, dass die Anklage zutreffe. Der Franzose, der in Würzburg vor Gericht steht, machte zunächst keine Angaben zu den Hintermännern. Deshalb wird sich der Prozess - auch mit dem verurteilten Strohmann als Zeugen - wohl über einige Wochen hinziehen. Der Prozess am Landgericht Würzburg beginnt am Dienstag um 9 Uhr.