Der Bundesgerichtshof lässt das Landgericht Würzburg im Pannen-Prozess um den Verkauf einer Klinik in Bad Bocklet (Lkr. Bad Kissingen) nachsitzen: "Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurück verwiesen," bestätigte die Pressestelle in Karlsruhe auf Anfrage am Dienstag.
Schnelles Urteil gegen einen von vier Angeklagten
Offenbar sind die obersten Richter als Kontrollorgan nicht einverstanden mit einem Urteil, mit dem ihre Würzburger Kollegen in dem spektakulären Wirtschaftsverfahren rasch noch Weichen stellen wollten. Denn kurz darauf musste der Prozess nach einigen fragwürdigen Vorkommnissen im Dezember 2018 auf Eis gelegt werden: Der Fachwirt für Finanzberatung spielte in dem Verfahren zwar nur eine Nebenrolle. Aber er war kurz vor dem Abbruch der Verhandlung noch schnell verurteilt worden, zu 22 Monaten Haft mit Bewährung wegen Beihilfe zu banden- und gewerbsmäßigem Betrug.
Doch er akzeptierte das Urteil nicht, sondern wandte sich an den BGH. Der schickt den Fall nach intensiver Begutachtung zum Nachbessern zurück nach Würzburg, aber zu anderen Richtern. Die Gründe für die Entscheidung werden erst in einigen Wochen detailliert bekannt gegeben. "Erst dann lässt sich abschätzen, welche Auswirkungen die Entscheidung für den Prozess gegen die drei anderen Angeklagten hat," sagt ein mit dem Fall betrauter Jurist.
Betrug durch Unterlassen
Hubert-Ralph S. und seine Mitangeklagten stehen unter Verdacht, die vorherigen Anteilseigner einer Kurklinik in Bad Bocklet zwischen 2004 und 2013 über den Tisch gezogen und dafür Millionen kassiert zu haben. Der Bankier bestreitet das.
Der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Würzburg geht es um die grundsätzliche Frage, ob hier "Betrug durch Unterlassen" vorliegt, also um die Frage: Wie sorgfältig müssen Finanzexperten ihre vielleicht nicht mit allen Finessen vertrauten Vertragspartner über alle Aspekte eines Geschäfts aufklären?
Der Bankier beharrt darauf, den Vorbesitzern der Klinik hätten alle relevanten Informationen zur Verfügung gestanden. Sie seien schließlich keine investierenden Amateure, sondern selbst Unternehmer, denen zuzutrauen sei, dass sie sich vor einem Geschäft selbst kompetent informierten.
Sanierungsbedarf nicht berücksichtigt
Dreh- und Angelpunkt des Würzburger Verfahrens war zuletzt ein Gutachten zum Wert der Klinik. Das Gutachten ist wichtig zur Beurteilung darüber, ob den Verkäufern realistische Preise genannt wurden oder ob ihnen der Besitz madig geredet wurde, damit sie billig verkaufen. Die Verteidigung arbeitete mit hartnäckige Nachfragen heraus: Das Gutachten war Murks, denn der Gutachter hatte den Sanierungsbedarf der Klinik nicht berücksichtigt. Das drückt den Wert beträchtlich und nährt Zweifel an einem Betrug, wie er noch in der Anklageschrift steht.
Das verpfuschte Gutachten sorgte für erstaunte Gesichter beim 1. Senat des BGH. Längere Zeit diskutierte man in Karlsruhe auch über den unglücklichen Versuch des Würzburger Gerichts, diese Mängel bei der Präsentation des Gutachtens in der Verhandlung unter der Decke zu halten – mit Wissen der Staatsanwaltschaft. Das hatte in Würzburg für Zoff gesorgt, denn es nährte bei der Verteidigung den Verdacht der Befangenheit. Aber erfolglos versuchten die Anwälte der Angeklagten, den Vorsitzenden Reinhold Emmert aus dem Verfahren auszuschließen.
Weichenstellung für das gesamte Verfahren
Bankier Hubert-Ralph S. saß während der Ermittlung sogar fünf Monate in Untersuchungshaft. Das schwebende Verfahren soll den Wert seiner Hammelburger Bank beim Verkauf vor kurzem beträchtlich gedrückt haben. Niemand wagt derzeit die Prognose, wann er und die anderen Beschuldigten wieder auf der Anklagebank des Landgerichts Würzburg Platz nehmen.
Der zweite Versuch, in einem Strafprozess die Wahrheit über den fragwürdigen Verkauf der Kurklinik zu ergründen, verzögert sich Monat um Monat – ein neues Gutachten ist (entgegen ersten Prognosen) nicht einmal in Sichtweite, geschweige denn ein neuer Prozess, der die Auffassung des BGH berücksichtigen muss.